Sine Culpa
das unwahrscheinlich, doch er suhlte sich unbeeindruckt in seinem Ruhm. Als er die Geschichte zum fünften oder sechsten Mal erzählte, war das Messer schon gut zwanzig Zentimeter lang und Sarah Hill zu einer Riesin im Amphetaminrausch mutiert.
Cooper fuhr zum Krankenhaus, um Maidments Aussage aufzunehmen. Dieser wollte die Sache auf sich beruhen lassen, doch diesmal lag die Entscheidung vielleicht nicht bei ihm, und das sagte Cooper ihm auch. Sarah Hill würde psychiatrisch untersucht werden, und Cooper ging davon aus, dass sie anschließend eingewiesen würde. Maidment nahm diese Neuigkeit bekümmert auf und bat darum, ihn auf dem Laufenden zu halten.
»Ich möchte nicht, dass sie in eine von diesen furchtbaren staatlichen Einrichtungen kommt. Wenn sie kein Geld für eine private Behandlung hat, übernehme ich das.« Er ließ sich nicht davon abbringen, obwohl Cooper aufgrund seiner Bankauszüge wusste, dass der Mann nicht mehr über ein so großes Einkommen verfügte. Anscheinend waren ihm seine Bedenken anzusehen, denn Maidment fügte hinzu: »Ich kann immer noch ein Gemälde verkaufen.«
Cooper wusste, dass ihm das schwerfallen würde, aber er ergriff die Gelegenheit beim Schopfe.
»Das hört sich aber nach einem mächtig schlechten Gewissen an, Major Maidment. Tun Sie doch lieber etwas Sinnvolles und sagen Sie uns, was Sie wissen. Sie sind es Mrs. Hill schuldig, uns zu helfen.«
Aber Maidment weigerte sich erneut, und als Cooper wieder ging, war seine Verärgerung über das halsstarrige Schweigen des Majors grenzenlos. Fenwick hatte die Genehmigung bekommen, Maidments Telefon abhören zu lassen, und Cooper machte sich daran, die weitere Überwachung zu organisieren. So oder so würde der Major ihnen Pauls Mörder liefern.
Kaum war Cooper fort, beschloss Maidment, das Krankenhaus zu verlassen, während die Polizei sich noch auf Sarah Hill konzentrierte. Die Oberschwester erklärte ihm eindringlich, dass er seine Genesung, wenn nicht gar sein Leben gefährde, aber er hörte weder auf sie noch auf den Arzt, der hinzugeholt wurde. Seine Hände zitterten, als er die Entlassungspapiere unterschrieb, aber er ging dennoch.
Auf Anweisung von Bob Cooper folgte D. C. Wadley ihm in sicherer Entfernung, als er schwer auf seinen Stock gestützt zum Taxistand vor dem Krankenhaus humpelte. Wadleys Auto stand auf einem Ärzteparkplatz neben dem Eingang, und er saß schon am Steuer, ehe der Major die Tür des Taxis geschlossen hatte. Als Wadley die Kupplung kommen ließ, hustete er aufgeregt. Er war erst kurz zuvor von den uniformierten Einheiten zur Kripo versetzt worden, und er hatte das Gefühl, jetzt, da Cooper sich auf ihn verließ, eine kolossale Verantwortung zu tragen. Falls Nightingale Recht hatte, so sagte Wadley sich immer wieder, hätten sie Pauls Mörder in wenigen Stunden in Gewahrsam, und zwar durch seine Festnahme.
Das Farmhaus der Anchors war verlassen, als Nightingale ankam. Sie schaute sich auf dem Hof und in den Nebengebäuden um, immer im sicheren Abstand von den geifernden Hunden im Zwinger. Es gab nichts Besonderes zu sehen, nur getrockneten Schlamm, alte Traktorenteile und unordentliche Werkbänke. Oliver war nicht hier, obwohl er es versprochen hatte, und ihre Zuversicht sank. Wahrscheinlich vertat sie hier nur ihre Zeit, aber da sie ihn unbedingt vernehmen wollte, entschied sie sich, trotzdem noch ein Weilchen zu warten.
Die Sonne auf ihrem Gesicht tat gut und erinnerte sie daran, dass sie noch immer keinen Urlaub genommen hatte. Eine von den verwilderten Katzen auf der Farm hatte Junge. Drei getigerte Fellknäuel mit blauen Augen spielten im offenen Tor einer Scheune mit einem Stück Schnur. Sie sah die Mutter halb versteckt hinter einem umgekippten Blecheimer. Die Katze starrte sie unverwandt an, kam dann zu dem Schluss, dass sie keine Gefahr darstellte, und fing an, sich gründlich das Hinterbein sauberzulecken.
»Was machst du hier?« Olivers Stimme riss sie aus ihren Träumereien.
»Ich warte auf dich. Wo ist deine Mum?«
»Auf dem Bauernmarkt. Wir haben da einen Stand für Sachen.« Er klang abschätzig. »Albernes Zeug, aber die Leute kaufen’s.«
»Wo können wir uns in Ruhe unterhalten?«
Olivers Gesicht war dunkelrot angelaufen. Aus Angst, er würde seinen ganzen Mut zusammennehmen, um ihr zu sagen, dass er es sich anders überlegt habe und nicht mehr mit ihr reden wolle, sprach sie rasch weiter.
»Ich hab Kaffeedurst. Möchtest du hier einen trinken oder sollen wir in
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