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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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die haben das Auto beobachtet.«
    »Männer? Was für Männer?«
    »Die Gesichter hab ich nich gesehen. Die standen mit dem Rücken zu mir.«
    »Wie viele Männer waren da, und wie haben sie ausgesehen?«
    »Da waren drei. Einer war klein; einer sah aus wie ein Ringer; den anderen hab ich nich richtig gesehen.«
    »Warum haben sie das Auto beobachtet?«
    Oliver beugte sich vor und vergrub das Gesicht in den Händen. Nightingale sah Tränen zwischen seinen Fingern hervorquellen.
    »Bitte, Oliver, du musst es mir sagen, Paul zuliebe.«
    »Ich … Moment.«
    Sie wartete ungeduldig ab, bis Oliver sich mit der Hand über das Gesicht wischte und sie anblickte. Die pure Qual, die sie darin entdeckte, ließ sie zusammenfahren.
    »Okay«, sagte er zu sich selbst und hob den Kopf. Plötzlich blickte er ganz konzentriert. »Das Auto war furchtbar heiß. Ich hab die Hitze bis zu mir gespürt, und die Bäume wurden angekokelt.«
    Es klang wie eine Entschuldigung, und auf einmal wusste Nightingale, was kam.
    »Erzähl weiter, ich bin sicher, du hättest nichts machen können.«
    »Ehrlich nich! Wenn’s nur die Männer gewesen wären, hätte ich versucht, ihn rauszuholen, aber es war zu heiß.« Er achtete nicht mehr auf die Tränen, die ihm übers Gesicht strömten. »Da war wer auf dem Vordersitz, das muss Paul gewesen sein. Es war alles verbrannt, wie schwarz angestrichen.« Eine quälende Pause entstand, dann flüsterte er den letzten Teil seines Geständnisses. »Ich bin weggelaufen … ich hatte solche Angst.«
    »Bist du später noch mal hin?«
    »Viel später. Als ich nach Hause gekommen bin … Ich weiß nich, was da passiert ist, aber ich bin in so ein besonderes Krankenhaus gekommen. Und als ich wieder zurückkam, war das Auto weg. Da waren nur noch angebrannte Bäume.«
    Oliver wischte sich wieder mit dem Ärmel übers Gesicht und trank den letzten Schluck Kaffee.
    »War Bryan bei den Männern, die das brennende Auto beobachtet haben?«
    »Ich glaub nich.«
    »Bist du sicher?«
    Oliver nickte kurz. »Ich glaube, den hätte ich auch von hinten erkannt. Ich glaub, er war nich dabei, aber ich kann’s nich schwören.«
    »Was zum Teufel geht hier vor?«
    Nightingale und Oliver waren so in ihr Gespräch vertieft gewesen, dass sie Mrs. Anchors Heimkehr nicht mitbekommen hatten.
    »Wir führen hier ein Gespräch, das Sie vor fünfundzwanzig Jahren mit der Polizei hätten führen sollen, Mrs. Anchor. Warum sind Sie nicht zu uns gekommen, als der Arzt Ihnen gesagt hat, was Ihrem Sohn vermutlich zugestoßen war? Zumindest hätten Sie das brennende Auto melden müssen!« Nightingale versuchte gar nicht erst, ihren Ekel zu verbergen. »All die Jahre haben Sie nicht nur die Hills leiden lassen, sondern auch wer weiß wie viele Jungen, die von Taylor und seinen Freunden missbraucht wurden.«
    Mrs. Taylor biss sich auf die Lippen, konterte aber empört.
    »Oliver konnte sich gar nicht äußern, er war in einem furchtbaren Zustand, als er nach Hause kam. Ich hab mich nur um meinen Jungen gesorgt. Und das, was er damals gesagt hat, hat keinen richtigen Sinn ergeben. Tut mir leid, Schätzchen«, sagte sie mit einem raschen Blick zu Oliver. »Er war hysterisch, schrie, wir wurden kaum seiner Herr. Als der Arzt kam, hat er ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, und am nächsten Tag haben wir seiner Einlieferung in eine Klinik zugestimmt.«
    »Aber später, als Sie das von Paul erfuhren, da muss Ihnen doch klar geworden sein, dass Oliver irgendwas gesehen hatte. Herrje, Ihr Mann hat ausgesagt, Taylors Auto gesehen zu haben!«
    Mrs. Anchor ließ sich schwer auf einen Stuhl am Kopfende des Tisches sinken. Ihre Zornesröte war verschwunden, und sie sah erschöpft aus.
    »Oliver, geh deinen Vater holen. Er muss heute früher nach Hause kommen, sag ihm das.«
    Nightingale blickte Oliver nach, der gehorsam aus der Küche trottete. Zu ihrer Verblüffung zog die Farmersfrau ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und zündete sich eine an.
    »Ich hab zuerst wirklich nicht richtig begriffen, was Oliver gesehen hatte, erst einige Tage später.« Sie fing an, die Kekskrümel vom Tisch zu fegen.
    »Unsinn. Ich glaub Ihnen kein Wort.«
    Sie nahm einen tiefen Zug und hielt den Rauch einen Moment in der Lunge, ehe sie ausatmete.
    »Es stimmt aber. Als Oliver in die Klinik kam, waren wir mit unserer Weisheit am Ende. Ich wusste, dass mit dem Jungen irgendwas nicht stimmte, aber ich hab das auf seine früheren … Probleme geschoben, und auf die Tatsache,

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