Sine Culpa
war, als die Vermisstenmeldung kam. Ich hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt. Wir hatten uns auf Bryans Wort verlassen, aber was, wenn er die Leiche einfach aus dem Wagen geworfen hatte und bei ihr irgendwas gefunden würde, was die Polizei auf meine Spur bringen würde? Und dann fielen mir wieder Pauls Sachen ein. Ich konnte den Sack nicht einfach in den Mülleimer schmeißen, und ich wollte ihn auch nicht über Nacht hierbehalten. Vielleicht waren Bryan und Paul ja doch gesehen worden, als sie von hier wegfuhren. Und es waren so viele Suchtrupps unterwegs, dass ich keine Fahrt mit dem Auto riskieren wollte.«
»Und da hast du mich angerufen und sämtliche Risiken mir überlassen.«
Edwards lachte. »Aber klar. Ich wusste, dass du dich verpflichtet fühlen würdest, mir aus der Patsche zu helfen, außerdem war das Risiko für dich wesentlich geringer, weil du ja nie in der Nähe des Jungen warst. Und ich bin davon ausgegangen, dass du ein Alibi hattest.«
»Hatte ich nicht, wie die Polizei hinlänglich bewiesen hat. Du hast mich da mit reingezogen und nichts getan, um mich wieder rauszuhauen.«
»Ich verstehe ja, dass du wütend bist, mein Alter, aber das ist doch Schnee von gestern. Du bist wieder auf freiem Fuß, und die haben keine echten Beweise gegen dich in der Hand. Dir kann nichts passieren.«
»Mein guter Ruf ist ruiniert, meine Freunde haben sich von mir abgewandt, man will mir nahelegen, aus dem Club auszutreten. Und da sagst du, mir kann nichts passieren? Das sehe ich anders, Sir, das sehe ich ganz anders.«
»Und? Was willst du jetzt machen?«, fragte Edwards seltsam unbekümmert.
Cooper hielt die Luft an, während er auf die Antwort des Majors wartete.
»Ich weiß es nicht.«
Um 19.16 Uhr erhielt Nightingale einen Anruf von der Einsatzleitung, dass eine Streife Coopers Wagen gefunden hatte. Er parkte in einem Dorf, keine zwei Minuten zu Fuß von Edwards’ Haus entfernt. Sie rief sofort Quinlan an. Der war schon auf dem Weg ins Präsidium und wies sie an, auf ihn zu warten. In der Zwischenzeit sollte sie nur der bewaffneten Einheit den mutmaßlichen Einsatzort durchgeben.
Knapp zehn Minuten später saßen sie in seinem Büro und telefonierten über Lautsprecher mit dem Leiter des Einsatzkommandos. Sie beschlossen, dass einer seiner Leute bei Edwards klingeln und so tun sollte, als habe er nur eine routinemäßige Anfrage, während ein Zweiter die Umgebung des Hauses erkundete. Sobald sie Bericht erstattet hätten, würde über das weitere Vorgehen entschieden werden, vor allem ob und, wenn ja, wie man in das Haus eindringen würde.
Sobald das Gespräch beendet war, stand Nightingale auf.
»Wohin wollen Sie?«
»Ich muss da hin. Ich verspreche, ich mache keine Dummheiten.«
Quinlan betrachtet sie unentschlossen.
»Sir, es geht hier um Bob Cooper.«
»Also gut.« Quinlan nickte. »Aber mit meinem Wagen sind wir schneller.«
Das Klingeln von Edwards’ Telefon zerriss die Stille. Er ging nicht ran. Er hatte bereits die Nachricht von William bekommen, dass er das »Päckchen« geliefert hatte und es auch wieder abholen würde, sobald er entsprechende Anweisungen erhielt. Cooper versuchte erneut, die Knie gegen das Sofa zu rammen, aber seine Beine waren gefühllos, und es gelang ihm nicht. Die Eiswürfel in Edwards’ Glas klimperten leise, dann war wieder Stille. Er hörte Maidment seufzen, dann ein Geräusch, als hätte Edwards sich erhoben.
»Wenn du meinen Rat willst, halt einfach weiter den Mund. Ich habe Paul Hill nicht ermordet. Genauer gesagt, er wurde überhaupt nicht ermordet, falls Taylor ihn in Notwehr getötet hat. Die ganze Aufregung hat sich bestimmt bald gelegt und alles läuft wieder in normalen Bahnen.«
»Nicht für mich.«
»Nein, das seh ich ein, aber es würde auch nichts nützen, wenn du mich für ein Verbrechen anschwärzt, das ich gar nicht begangen habe.«
Maidment begann, Edwards anzuflehen, er solle zur Polizei gehen und die Sache klarstellen. Cooper machte sich keine Hoffnung, dass alle Überredungskunst fruchten würde, doch der Major ließ nicht locker.
Während des hitzigen Wortgefechts der beiden versuchte Cooper blind, die PIN-Nummer in sein Handy einzutippen. Er war nicht mal sicher, ob er vielleicht immer nur ein und denselben Knopf drückte, weil seine Finger taub waren. Eines wusste er mit Bestimmtheit: Edwards würde ihn töten müssen, damit er ihn nicht an seiner Flucht außer Landes hindern konnte. Die Frage war nur, ob er auch den
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