Sine Culpa
immerhin mal mein Fall, und ich habe das berechtigte Interesse, Paul Hills Mörder ins Gefängnis zu bringen.«
»Danke. Und Nightingale?«
»Die rufe ich jetzt an und sage ihr, dass ich unterwegs ins Präsidium bin. Konzentrieren Sie sich einfach darauf, in London ein richtig gutes Ergebnis zu erzielen.«
Der Lärm zweier streitender Männer weckte Cooper aus der Bewusstlosigkeit. Der Schmerz in seinem Schädel war unerträglich. Jede Bewegung war eine Qual; seine Schultern, die Arme und Beine protestierten gegen die Fesseln, er erstickte fast an dem Knebel. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er sterben. Er hatte Angst.
»… Zum Donnerwetter, ich will keinen Whisky. Ich will die Wahrheit wissen.«
»Ach Jeremy, Jeremy, was bist du nur für ein Narr. Die Wahrheit! Als wäre die Wahrheit etwas Absolutes, das ich aus der Vergangenheit holen und dir als Tatsache präsentieren kann. Mach dich nicht lächerlich.«
»So lass ich mich nicht abspeisen, Edwards. Ich frage dich noch mal, hast du Paul Hill getötet oder nicht?«
»Nein, verdammt noch mal, das habe ich nicht.«
Cooper registrierte schockiert, wie wahr sich Edwards’ Worte anhörten. Er schloss die Augen zum Schutz gegen das grelle Lampenlicht und versuchte, sich zu konzentrieren.
»Wenn du es nicht warst, wer dann? Ich verlange eine Antwort.«
»Meine Güte, nun setz dich doch, Jeremy.«
Cooper spürte, wie jemand auf dem Sofa Platz nahm, hinter dem er lag. Er wurde ein kleines Stückchen gegen die Wand gedrückt, und er versuchte, die Knie auf die andere Seite zu bringen, um sie gegen die Rückenlehne zu stoßen. Es war unmöglich, und von der Anstrengung wurde ihm schlecht, aber er spürte, dass ihm etwas aus der Tasche rutschte und hinter ihm auf den Boden glitt. Es war sein Handy. Wenn er sich ein wenig reckte, kam er so gerade mit den Fingerspitzen daran, aber nicht genug, um einen der Knöpfe zu drücken. Während Edwards und Maidment weiter stritten, versuchte er mühsam, das glatte Metallding zu fassen zu kriegen, bis er endlich den Daumen um die hintere Ecke schieben und es näher zu sich ziehen konnte. Seine Finger waren praktisch taub, aber er ballte mehrmals die Hände zu Fäusten, um die Blutzirkulation in Gang zu bringen. Dabei war er froh, dass ihn der Knebel daran hinderte, vor Schmerz aufzuschreien. Endlich hielt er das Telefon in Händen und fummelte mit hilflosen Fingern daran herum, um das verdammte Ding einzuschalten.
»Du willst wissen, was an dem Tag passiert ist, als Paul Hill verschwand?«
»Ja sicher.«
»Und wenn ich es dir erzähle, was fängst du dann mit deinem Wissen an?«
»Kommt ganz darauf an, was du sagst.«
»Aber du kannst nicht zur Polizei gehen. Du hast mir dein Wort gegeben.«
»Auf Grundlage dessen, was du mir erzählt hast. Wenn das ein Haufen Lügen war, dann habe ich alles Recht der Welt, mein Schweigen zu brechen.«
»Es war kein Haufen Lügen. Ich denke, du wirst feststellen, dass du dich auch weiterhin an dein Wort halten musst. Und falls nicht, was meinst du, wem die Polizei wohl glauben wird, bei deiner Vergangenheit?«
Kurze Stille trat ein, und Cooper stellte sich vor, wie Edwards einen Schluck trank, während Maidment darüber nachdachte, was er tun sollte. Er hatte sich wohl mit einem Nicken einverstanden erklärt, denn als Edwards erneut sprach, klang er sehr zufrieden.
»Sehr gut. Was am 7. September 1982 passiert ist? Ja, Paul Hill war an dem Tag hier im Haus. Bryan Taylor brachte ihn in seinem Auto mit. Diese Treffen fanden regelmäßig statt. Herrgott nun schau nicht so, Jeremy, der Junge war ein verdorbenes Früchten, ein geldgeiler Stricher.«
»Das ist widerlich.«
»Das findest du vielleicht, aber nicht jeder ist da deiner Ansicht. Homosexualität ist kein Verbrechen, und ich kann dir versichern, dass er nichts dagegen hatte, wahrhaftig nicht.«
»Er war ein Kind, Percy, ein Junge von gerade mal vierzehn Jahren. Ich hab sein Foto gesehen, er sieht aus wie höchstens zwölf.«
»Das Aussehen kann täuschen, und bei ihm war genau das der Fall. Und überhaupt, ich tu nichts, was die alten Griechen nicht auch getan haben. Bei deiner klassischen Bildung solltest du das wissen.«
»Für Missbrauch von Kindern gibt es keine Entschuldigung, Edwards, nicht die geringste.«
In Maidments Stimme lag all der Zorn, der auch in Cooper tobte, aber dieser Zorn machte ihn blind für die Gefahr, in der er sich befand. Falls Edwards bereit war, einen Polizisten zu töten, und da hatte
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