Sine Culpa
Major ermorden würde. Aber danach sah es eigentlich nicht aus, warum hätte er sonst Zeit mit einer nutzlosen Debatte verlieren sollen?
Mittlerweile waren beide Männer laut geworden. Sie schrien sich regelrecht an, und wäre der Major körperlich fit gewesen, wären sie bestimmt handgreiflich geworden. Ihr Streit wurde durch ein lautes Klopfen an der Haustür unterbrochen.
»Wer zum Teufel kann das sein, um diese Uhrzeit?« Edwards sah Maidment an. »Ist dir jemand gefolgt?«
»Ganz sicher nicht, dafür hab ich gesorgt.«
Coopers letzte Hoffnung erstarb. Wieder klopfte es.
»Ich geh mal nachsehen, wer das ist. Du wartest hier.«
Edwards ging aus dem Arbeitszimmer und schloss die Tür hinter sich. Cooper hörte, wie Maidment aufstand und sie wieder öffnete. Draußen waren gedämpfte Stimmen zu vernehmen, doch er konnte nicht verstehen, was gesagt wurde. Die Haustür fiel laut ins Schloss, und Maidment kehrte zum Sofa zurück. Wieder scheiterte Cooper kläglich bei dem Versuch, die Knie gegen die Rückenlehne zu stoßen.
»Wer war das?«
»Ach, niemand.«
»Der sah aus wie ein Polizist, und ich glaube, er hat nach einem Sergeant gefragt, diesem Cooper.«
Der betreffende Sergeant wollte gegen den Knebel in seinem Mund anbrüllen und musste erneut würgen.
»Hast du etwa gelauscht, Major? Eine schmutzige Angewohnheit.«
»Nicht so dreckig wie manch andere.«
»Hör mal, ich hab’s langsam satt. Ich erkläre dir jetzt ein letztes Mal den Sachverhalt. Erstens, Paul Hill war ein Stricher. Zweitens, ja, er war ein wenig zu jung, aber nicht viel. Drittens, ich habe ihn nicht getötet. Das war Taylor, und Taylor ist tot. Viertens, ich habe Taylors Leiche verschwinden lassen, aber auch ihn habe ich nicht getötet. Ich gebe zu, dass das rein theoretisch ein Verbrechen ist, aber kein schweres. Es ist an der Zeit, Paul Hill und Bryan Taylor zu vergessen und sie in der Vergangenheit zu begraben, wo sie hingehören.«
»Was ist mit Malcolm Eagleton?«
Cooper hörte, dass Edwards sich an seinem Whisky verschluckte.
»Das hab ich dir doch gesagt, Jeremy: Wieso um alles in der Welt sollte ich den gekannt haben?« Wieder ein Klimpern, als die Eiswürfel auf seine Lippen zuglitten und wieder zurück.
»Ich hab 1981 nur einen Ersatzparkausweis ausgestellt, und zwar für dich. Ich hab eins und eins zusammengezählt.«
»Ich sehe da wirklich keinen Zusammenhang, mein Alter.« Edwards’ Stimme war gedämpft, als hätte er sich dem Kamin zugewandt.
»Dann bestreitest du also, ihn gekannt zu haben.«
»Absolut.«
Für Cooper, den routinierten, erfahrenen und im Augenblick auf sein Gehör angewiesenen Polizisten, war die Veränderung in Edwards’ Tonfall, als er Maidments Fragen beantwortete, unverkennbar. Bei Paul Hill hatte Edwards die Wahrheit gesagt, aber bei Malcolm Eagleton log er. Er fragte sich, ob auch Maidment den Unterschied bemerkte.
»Wenn ich zur Polizei gehen würde …«
»Würde ich immer noch alles abstreiten. Ich würde sagen, dass ich nichts von Hill oder Eagleton weiß und dass du versuchst, mich reinzulegen, um von deiner eigenen Schuld abzulenken. Sie haben dein Blut und deine Fingerabdrücke, nicht meine, vergiss das nicht.«
»Das würdest du tun?« Maidment war entsetzt.
»Selbstverständlich, wenn ich muss. Nun guck nicht so schockiert, die meisten Menschen würden dasselbe tun.«
»Warum soll ich eigentlich für ein Stück Dreck wie dich weiterhin schweigen und meinen guten Namen aufs Spiel setzen?« Maidment stand auf und machte einen Schritt auf Edwards zu.
»Ich hatte so gehofft, dass du das nicht tun würdest, Jeremy.«
Cooper hörte Maidment aufkeuchen. Dann ließ der Major sich so schwer zurück auf das Sofa fallen, dass es ein Stück zur Seite geschoben wurde. Cooper reckte den Hals und konnte zum ersten Mal ins Zimmer blicken. Er sah ein Stück vom Boden, Maidments Füße in robusten Straßenschuhen und Edwards Beine bis zum Knie. Ohne auf die Hammerschläge in seinem Schädel und die stechenden Schmerzen zu achten, die ihm von den Schultern bis in die Arme schossen, robbte Cooper sich ein paar Zentimeter nach vorn und konnte jetzt mit dem Kopf ganz sacht den Fenstervorhang beiseite schieben, der ihm die Sicht versperrte. Aus dieser Position konnte er Edwards fast vollständig sehen. Er stand mit dem Rücken zum Kamin, in einer Hand ein Whiskyglas, in der anderen einen Revolver. Zu spät merkte Cooper, dass ihm sein Handy aus den Fingern geglitten war und dass er jetzt
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