Sine Culpa
anscheinend in einer ähnlichen Stimmung war wie er, dass Cooper beim Röntgen sei und es noch Stunden dauern würde, bis eine sichere Diagnose über seinen Zustand vorliege. Und selbst dann, so teilte sie ihm mit einiger Häme mit, würden sie ihm ohnehin nichts sagen, weil er kein Angehöriger sei. Er legte auf, fluchte ausgesprochen einfallsreich und rief bei Cooper zu Hause an. Natürlich erreichte er dort niemanden. Doris und ihr Sohn waren bestimmt längst im Krankenhaus. Er sprach eine Nachricht auf Band, wünschte Bob alles Gute und bat, sie sollten ihn auf dem Handy anrufen, sobald sie etwas Neues wüssten.
Dann rief er noch einmal im Krankenhaus an, weil ihm eingefallen war, dass er sich nicht nach Maidment erkundigt hatte. Diesmal landete er bei einer Schwester, die um einiges hilfsbereiter war, als er seinen Rang nannte. Es sah nicht gut aus. Maidment war mit einem perforierten Lungenflügel eingeliefert worden, eine Revolverkugel hatte ihm ein Ohr halb abgerissen, und weitere innere Verletzungen waren ebenfalls nicht auszuschließen. Er war jetzt im OP, und sein Zustand galt als ernst. Nach dem Gespräch wunderte Fenwick sich über seine eigenen Gefühle. Genau wie Cooper mochte er Maidment irgendwie. Sein Mut stand außer Zweifel. Aber er hatte über fünfundzwanzig Jahre lang einen Kinderschänder und Mörder gedeckt und Pauls Familie im Ungewissen gelassen, was die Mutter schließlich in den Wahnsinn getrieben hatte. Maidment mochte ja ein Held sein, aber einer mit einer erheblichen Charakterschwäche.
Er musste noch einen Anruf erledigen, und da er diese Nummer auswendig kannte, ging er flott weiter, während er wählte. Quinlan war in seinem Büro und bestens aufgelegt. Richards Edwards, der von seinen Freunden gern Percy genannt wurde, weil er fast so gut pfeifen konnte wie Percy Edwards, der bekannte Tierstimmenimitator (obwohl keiner von den jüngeren Polizisten je von dem Mann gehört hatte), war wegen versuchten Mordes an Maidment und Cooper verhaftet worden, und Nightingale arbeitete derzeit daran, der Staatsanwaltschaft Material für die anderen Anklagepunkte zu liefern.
»Danke, dass Sie ihr Rückendeckung gegeben haben. Ich bin sicher, das war wichtig für sie.«
»Ich hab kaum was getan. Als ich das bewaffnete Einsatzkommando angerufen hab, erfuhr ich, dass Sie das schon erledigt hatten, und nachdem Coopers Auto entdeckt worden war, lief alles wie am Schnürchen.«
»Ich bin wirklich froh darüber. Aber ich möchte jetzt keinen Fehler machen. Nightingale wird sich natürlich auf die Morde konzentrieren. Könnten Sie darauf achten, dass sie Kontakt zu Clive und Alison hält, damit auch der Bereich Chorknabe abgedeckt ist?« Fenwick merkte gar nicht, dass er seinem früheren Vorgesetzten praktisch Anweisungen erteilte, und verstand daher auch nicht, warum dieser lachend antwortete.
»Klar, mach ich. Wissen Sie was? Ich würde mich nicht wundern, wenn Edwards uns einen Handel vorschlägt, sobald er sieht, was wir gegen ihn in der Hand haben. Ein gnädiges Urteil im Austausch für seine volle Kooperation.«
»Für versuchten Mord, Kinderprostitution und Pädophilie vielleicht, aber wir haben ihn noch nicht wegen Mordes dran, und genau das will ich. Wir sind es Paul, Malcolm und deren Familien schuldig, dass er die höchstmögliche Strafe erhält.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, aber für die anderen Anklagepunkte haben wir sehr viel mehr in der Hand. Es könnte nach wie vor schwierig werden, ihm die Morde an Paul und Malcolm nachzuweisen, deshalb wäre eine Absprache keine ganz so abstoßende Lösung, wie man zunächst meinen könnte – vor allem, wenn er uns die Namen seiner Komplizen und Kunden nennt. Ich rechne damit, dass die Staatsanwaltschaft es in Erwägung zieht, es sei denn, Sie finden den Verfasser der Briefe und bringen ihn mit, als Hauptzeugen der Anklage.«
»Ich tue mein Bestes, aber ich glaube, der Mann ist Priester.«
»Verdammt.«
»Genau; trotzdem, ich werd’s versuchen.«
»Das müssen Sie auch«, sagte Quinlan in einem Tonfall, der ihr früheres Gespräch anklingen ließ, in dem er Fenwicks »Spritztour nach London« kritisiert hatte. »Übrigens, ich hab den A.C.C. noch nicht verständigt – dachte, das möchten Sie lieber selbst tun.«
»Nein, das überlasse ich Nightingale. Den Löwenanteil der Lorbeeren hat sie schließlich verdient.«
»Wenn Sie darauf bestehen, aber er wird bestimmt mit Ihnen sprechen wollen. Ich muss Ihnen ja wohl nicht sagen, dass
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