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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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nickte (wie der Constable an der Tür registrierte), ehe ihm die Bedeutung ihrer Frage klar wurde. Stille trat ein, angefüllt mit dem Ärger eines alten Narren und dem vorübergehenden Schamgefühl der jungen Heuchlerin. Die Stimmung schlug um. Sein Gesichtsausdruck wurde verschlossen. Nightingale stand auf.
    »Danke, dass Sie sich die Zeit für mich genommen haben, Major Maidment. Vielleicht ergeben sich noch neue Fragen, also bitte verlassen Sie Harlden nicht, ohne zuvor mit uns Rücksprache genommen zu haben. Und vielen Dank für den Tee. Wir finden allein raus.«
    Er sah ihr nach, und das schwarze Haar, der gerade Rücken und die langen Beine erinnerten ihn an eine junge Amerikanerin, mit der er mal eine Affäre gehabt hatte, als er in Washington stationiert war. Sie war fast genauso schön und ganz sicher genauso raffiniert gewesen. Hilary hatte nie den geringsten Verdacht geschöpft, aber wieso auch? Er hatte es immer geschickt verstanden, seine Unbesonnenheiten zu überspielen, die Folgen seiner Triebhaftigkeit als junger Mann. Bedrückt räumte er die Teetassen und das Gebäck weg, das unangetastet geblieben war. Es war dumm von ihm gewesen, diesen betörenden grünen Augen zu trauen, diesen Lippen, die aussahen, als wären sie zum Küssen bestimmt und nicht dazu, andere zu täuschen.
    Seine revidierte Aussage war belastend, aber er konnte sie nicht zurücknehmen, und am nächsten Tag würde er bestimmt eine vollständige Abschrift unterschreiben müssen. Er war nun mal ein Mann, der durch seine Erziehung und Umgebung darauf gepolt war, sich an seinen eigenen Moralkodex zu halten, deshalb würde er die Aussage nicht abstreiten können. Wenn er doch nur vorsichtiger gewesen wäre und den Mund gehalten hätte. Für ihn zählte Schweigen nicht als Lüge, schon gar nicht, wenn es um eine gute Sache ging. Er hätte nicht lügen können, um seine Haut zu retten, ebenso wie er nicht die Wahrheit sagen konnte, falls er damit ein Ehrenwort brach, das er einem Freund oder einem Angehörigen jener Elitetruppe gegeben hatte, in der er gedient hatte.
    Kein Zivilist konnte sich vorstellen, wie stark gemeinsame Erlebnisse zusammenschweißten: die quälend langen Nächte in Erwartung des Todes am Morgen, der Kampf Seite an Seite, das Begraben der Toten mit ungeweinten Tränen, die sich im Laufe der Jahre zum Schuldgefühl der Überlebenden verhärteten. Und dann waren da noch die ausgleichenden Phasen der Erholung, wenn das Gefühl, am Leben zu sein, die stärkste Droge von allen war, ein Aphrodisiakum, das Männer dazu trieb, ihre animalischsten Triebe auf eine Art und Weise zu befriedigen, wie sie es sich zu Hause nie getraut hätten.
    Es war zwar noch früh, aber er goss sich einen Whisky ein, den er genüsslich trank, während er sich die Kricketübertragung im Fernsehen ansah. Das Spiel dauerte lange, anschließend wurde ein Konzert übertragen, und im Laufe des Abends leerte sich die Flasche. Als er in den frühen Morgenstunden in seinem Sessel aufwachte, war er in sich zusammengesunken, und jeder Knochen tat ihm weh. Es war das erste Mal seit der Nacht nach Hilarys Beerdigung, dass er sich in seinem eigenen Haus betrunken hatte, und das Gefühl der Scham war fast ebenso schlimm wie die Erinnerung an die Falschheit der Polizistin. Mit einem Ächzen, das durch den leeren Raum klang, stand er auf und ging langsam ins Bett.

5
    »Ja, genau da, das tut gut.« Nightingale stöhnte, als seine Finger einen verspannten Muskel in ihrer Schulter fanden und sachte kneteten.
    »Schlechten Tag gehabt?«
    »Halb so wild. Eigentlich fast ein Spaziergang, aber ich hab einen üblen Nachgeschmack zurückbehalten.« Sie erzählte ihm von Superintendent Quinlans neu entdecktem Zutrauen in ihre Fähigkeiten und von dem Fall, den sie folglich zugeteilt bekommen hatte. Als sie ihr Gespräch mit dem Major schilderte, lachte er und küsste ihren Nacken.
    »Deshalb bist du ja so gut und hast eine großartige Karriere vor dir. Du kannst so gerissen sein.«
    »Danke!« Ihr Rücken versteifte sich, sie stand auf und stieg aus der Wanne.
    »Nun lauf nicht weg, bloß weil du weißt, dass es stimmt.«
    »Dass ich gut bin oder dass ich gerissen bin?« Sie sah ihn nicht an, während sie sich abtrocknete.
    »Beides, das gehört zusammen. Übrigens, hat Bob Cooper sich inzwischen mit deiner Beförderung abgefunden?« Der Mann lehnte sich in dem warmen Wasser zurück und streckte die Beine aus, bis seine Zehen gegen die Armatur stießen.
    »So halbwegs.

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