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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Chris behandelt hätte, wenn sein Sohn in Schmollstimmung war.
    »Mir knurrt ganz schön der Magen«, sagte er und nahm eine Keksdose von der Theke. Reg beobachtete ihn, hin und her gerissen zwischen rebellischem Schweigen und Hunger. Der Hunger gewann.
    »Hier.« Fenwick gab ihm die Dose und nahm sie rasch wieder an sich, nachdem fünf Kekse innerhalb von dreißig Sekunden verputzt waren.
    »Du bist also Arsenal-Fan, was?«, fragte er und zeigte auf Regs verdrecktes Fußballshirt, das ihm zwei Nummern zu groß war. Er sah alte Blutergüsse auf den nackten Kinderarmen und musste sich beherrschen, nicht die Hand auszustrecken, um ihn zu trösten.
    »Ja.«
    »Was meinst du, wer ist der beste Arsenal-Spieler aller Zeiten?« Das genügte, um die Aufmerksamkeit des Jungen zu gewinnen, vor allem, da die Keksdose wieder vor ihm auftauchte.
    »Thierry Henri, ganz klar. Der ist super.«
    »Hast du ihn schon mal live spielen sehen?«
    »Nee, bloß im Fernsehen.«
    »Ich aber, als sie Ende der letzten Saison Manchester United geschlagen haben. War toll.«
    Regs Augen strahlten neugierig.
    »In echt?«
    »Oh ja. Erinnerst du dich an die zweite Halbzeit?«
    »Logo.«
    »Und weißt du auch schon, was Abseits ist?«
    »Ich kuck Fußball, seit ich fünf war«, sagte Reg stolz und drückte die Brust raus. »Das ist kinderleicht.«
    Als Father Peter kam, waren die verbliebenen Kekse in Stücke gebrochen und auf den Resopaltischen angeordnet worden. Henri war eine Hälfte von einem Geleekeks. Fenwick und Reg sprangen beide auf, als die Tür aufging, und der Priester musste laut lachen.
    »Ihr seht beide aus wie das schlechte Gewissen in Person! Los Reg, nimm den Rest mit und teil ihn mit deinem Freund. Andrew und ich müssen uns unterhalten.«
    »Bis bald, Reg«, rief Fenwick. »Ich hab einen Freund, der dir vielleicht eine Eintrittskarte für Highbury besorgen kann. Ehrlich.«
    Reg trottete mit einem der Helfer davon.
    Als die Tür zufiel, machte sich tiefe Erschöpfung auf dem Gesicht des Priesters breit, verschwand aber gleich wieder. In dem hellen Neonlicht konnte Fenwick die Gesichtszüge zum ersten Mal gut studieren. Er starrte in die auffälligen Augen, die selbst bei dem Mann mittleren Alters unverkennbar waren.
    »Haben Sie sich die Narbe selbst verabreicht, Paul?«
    Der Priester versuchte nicht, seine Überraschung zu verbergen.
    »Wie sind Sie drauf gekommen?«
    »Sie waren mit Schönheit geschlagen, deshalb war es unmöglich, einfach zu verschwinden. Sie mussten etwas dagegen tun. Wie alt waren Sie, als Ihnen das klar wurde?«
    Father Peter stieß ein lang gezogenes Seufzen aus.
    »Vierzehn, und ich hab es fast gleich darauf auch getan. Trotz des Schmerzes war es ein gutes Gefühl, so sehr hasste ich mein Gesicht. Ich hab mir auch die Haare gefärbt, aber am Haaransatz kam meine Naturfarbe natürlich immer wieder raus, und dann sind sie mir ausgefallen. Ich hab nämlich dass billigste Zeug benutzt.«
    »Haben Sie sie jetzt grau gefärbt?«
    »Nein.« Er versuchte ein Lächeln. »Das ist Natur. Gottes Geschenk an mich, als ich zwanzig war; kam fast über Nacht.«
    »Sind Sie bereit, mir jetzt alles zu erzählen?«
    »Und was passiert dann?« Der Priester klang nicht ängstlich, eher neugierig.
    »Das weiß ich wirklich nicht«, sagte Fenwick. Er hatte keine Ahnung, was er tun würde, nachdem er Paul Hills Zeugenaussage aufgenommen hatte.
    »Tja, Sie sind wenigstens ehrlich. Soll ich uns eine Kleinigkeit zu essen machen? Die Küche ist gleich hier durch, und ich bin halb verhungert. Sie bestimmt auch, trotz der Kekse.«
    In der blitzsauberen Küche nahm der Priester Eier, Butter und Tomaten aus dem Kühlschrank.
    »Tomatenomelett mit Brot, wie wär das?«
    »Hervorragend«, sagte Fenwick. »Ich koch uns Tee.«
    Der Priester holte sich die nötigen Utensilien zusammen. »Was wissen Sie denn schon alles?«
    »Setzen Sie nichts voraus und fangen Sie ganz von vorn an.«
    »Ganz von vorn? Nein, Sie müssen nicht erfahren, warum aus mir eine böse, verlogene, perverse Kreatur wurde. Gehen Sie einfach davon aus, dass ich das mit vierzehn Jahren war. Ich gebe niemandem dafür die Schuld, außer mir selbst.«
    Fenwick erhob keine Einwände, war aber insgeheim anderer Meinung. Er konnte sich gut vorstellen, dass Paul mit seiner überfürsorglichen, neurotischen Mutter und einem schwächlichen Vater, der sich mehr ums Geldverdienen kümmerte als um das Wohl seines Sohnes, ein leichtes Opfer für Bryan Taylors Verführungskünste gewesen

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