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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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keine Arbeit hatte und auch keine Freunde und nur selten einkaufen ging. Während er sich dem Haus näherte, bewegte sich an einem der Vorderfenster ein graugrüner Vorhang. Und als er die Eingangstür erreichte, wartete bereits ein Schatten hinter der Milchglasscheibe. Ihn überkam der Gedanke, dass sie noch immer wartete, nach all diesen Jahren.
    Die Tür öffnete sich, ehe er anklopfen konnte, und der Ausdruck in ihrem Gesicht bestätigte seine Befürchtung. Er sah eine entsetzliche Mischung aus Furcht und Hoffnung. Am schlimmsten waren ihre Augen. Obwohl sie von zu vielen Tränen wie ausgewaschen schienen, waren es unverkennbar die Augen von Pauls Mutter.
    »Mrs. Hill?« Die Frage war überflüssig, aber er wusste nicht, wie er anfangen sollte.
    Er hielt ihr den Brief hin, doch sie stierte ihn nur an, die Augen mit einem so erwartungsvollen Blick auf sein Gesicht gerichtet, dass es ihm schier das Herz zerriss. Dann brach sie innerlich zusammen. In den langen Jahren des Wartens war sie Expertin darin geworden, die Mienen von Fremden zu lesen, und in seiner entdeckte sie nichts, was ihre Hoffnung genährt hätte.
    »Was wollen Sie?«
    Wenn ein Gespenst sprechen könnte, dann würde es so klingen, dachte er schaudernd.
    »Ich habe einen Brief für Sie.« Er sprach hastig weiter, weil er sah, wie wieder ein Funken Hoffnung in ihren Augen aufglimmte. »Nicht von … äh … darf ich reinkommen?«
    Ihm graute davor, an diesem warmen Julitag ihr schmutziges Haus zu betreten, aber ihm war klar geworden, dass sie ihm die Tür vor der Nase zuknallen könnte, wenn er den Namen ihres Vaters erwähnte. Sarah Hill drehte sich wortlos um und ging durch einen kurzen Flur in ein Wohnzimmer, dessen Brauntöne so verblasst waren, dass sie wie verstaubt aussahen. Der üble Geruch, den das Haus verströmte, blieb ihm im Halse stecken, und er bekam einen Hustenanfall.
    Sarah Hill starrte ihn nur ausdruckslos an. Hinter ihr war eine Art Altar für Paul aufgebaut, an einer Wand, wo die wenigen schwachen Lichtstrahlen, die es in diesen Raum schafften, sein Gesicht bescheinen konnten. Er war ein schönes Kind gewesen. Sein Lächeln war keck, gewinnend und so strahlend, dass es bestimmt ansteckend gewesen war. Ein großes Porträtfoto war in Öl nachgemalt worden, wie es in den Achtzigerjahren Mode gewesen war. Die Sporttrophäe darunter war vom vielen Polieren so glatt geworden, dass man nicht mehr erkennen konnte, wofür sie verliehen worden war. Eine Schwimmurkunde hing neben einer Kinderzeichnung, die wie ein kostbares Kunstwerk gerahmt war, und für Sarah Hill war sie das ja auch. Sie bemerkte, worauf sich seine Aufmerksamkeit richtete, und verstellte ihm die Sicht.
    »Sie können sich bestimmt noch daran erinnern«, sagte sie, als würde diese schlichte Feststellung jede Erklärung überflüssig machen.
    »Sehr gut sogar.« Die Aufrichtigkeit in seiner Stimme zeigte sogleich Wirkung bei ihr. Ihre Starrheit fiel von ihr ab, und sie lächelte kurz.
    »Möchten Sie etwas trinken?«
    Von dem Geruch im Haus hatte er Mühe zu atmen, und schon der Gedanke daran, dass irgendetwas aus ihrer Küche über seine Lippen kommen sollte, löste bei ihm fast einen Würgereiz aus. Aber er hatte Stanley etwas versprochen, und wenn er das Vertrauen der Frau gewann, könnte das seine Aufgabe erleichtern.
    »Nur ein Glas Wasser bitte. Es ist sehr heiß heute.«
    Sie blieb eine Weile weg, länger, als ihm lieb war. Paul betrachtete ihn mit einem wissenden Blick, und Maidment musste kräftig blinzeln, um wieder klar sehen zu können. Als sie zurückkam, war der Brief in seiner Hand feucht vom Schweiß.
    »Möchten Sie etwas Gebäck?«
    Er lehnte dankend ab, wusste, dass ihm die Krümel im Halse stecken bleiben würden.
    »Dieser Brief hier«, setzte er erneut an, »ist von einem alten Freund von mir, den Sie früher einmal kannten. Er möchte Sie Wiedersehen.«
    Sie sah ihn verständnislos an und knabberte an einem weiß angelaufenen Schokoladenkeks.
    »Mrs. Hill, Sarah, der Brief ist von Ihrem Vater. Er ist todkrank«, fügte er hinzu, weil er schon jetzt die Ablehnung in ihren Augen sah.
    »Ich bin erstaunt, dass er noch lebt. Er bedeutet mir nichts. Gehen Sie.«
    »Erst muss ich Ihnen den Brief geben. Ich hab’s ihm versprochen, und ich bin ein Mensch, der sein Wort hält. Wir haben zusammen gedient, wissen Sie, und das verpflichtet.«
    »Ich hab gleich, als Sie aus dem Auto stiegen, gesehen, dass Sie beim Militär waren. Mein Paul war mal Kadett, als

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