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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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zu rechtfertigen.«
    »Aber …«
    »Die Antwort ist und bleibt nein.«

6
    Manchmal vergaß er schon mal leicht, was für ein Glück er hatte, aber eine einzige Fahrt zum Hospiz Mount Ellingham genügte, um ihn daran zu erinnern.
    Als einem der wenigen recht rüstigen Überlebenden seines alten Regiments war Maidment die Aufgabe zugefallen, in seiner Gegend als inoffizieller Verbindungsoffizier zu den anderen zu fungieren. Einer von ihnen, Stanley Elthorpe, verbrachte seine letzten Lebenstage im Hospiz. Er war Witwer wie Maidment, und sein einziger Sohn war nach Kanada ausgewandert, weshalb er seine Enkelkinder nie zu Gesicht bekam. Bei seinem letzten Besuch hatte Maidment erstaunt erfahren, dass Stanley auch noch eine Tochter hatte. Die beiden hatten keinen Kontakt mehr, und Stanley hatte sie nie zuvor erwähnt.
    Aber Stanley lag sozusagen im Sterben, und es würde bald mit ihm zu Ende gehen. Der Krebs, den seine Ärzte nach einer Operation sieben Jahre zuvor besiegt wähnten, war zurückgekehrt und hatte diesmal die Lunge befallen. Zumindest blieben ihm dank entsprechender Medikamente die schlimmsten Schmerzen erspart.
    Der schwache Krankenhausgeruch drang in Maidments Nase, als er durch die Eingangstür kam. Er musste eine Weile warten, weil noch eine Krankenschwester bei Stanley war, und vertrieb sich die Zeit damit, einige Aquarellbilder zu betrachten, die lächerliche Preisschildchen trugen und einem doppelten Zweck dienten: Dekoration und kommerziellem Angebot. Er hätte sich keines davon in sein Haus geholt.
    Zwei ältere Frauen, die eine nur noch Haut und Knochen, saßen Seite an Seite im Aufenthaltsraum und hielten sich an der Hand. In stummer Gemeinsamkeit warteten sie auf den unvermeidlichen Abschied. Er rief ihnen ein übertrieben herzliches »Guten Morgen« zu und ging zu Stanley.
    Sein alter Freund saß aufrecht in einem Sessel neben dem Bett und sah so gut aus wie schon seit Wochen nicht mehr. Wäre da nicht der Tropf gewesen, dessen Schlauch oben in der linken Hand verschwand, hätte man fast meinen können, es ginge ihm besser.
    »Stanley, alter Junge, Sie sehen gut aus!«
    Sie gaben sich die Hand, wobei der Major darauf achtete, die papierdünne Haut nicht zu fest zu drücken.
    »Mal wieder eine kleine Remission, Major. Hat uns alle überrascht. Der arme Priester hatte schon gehofft, mein baldiges Ableben würde mich in den Schoß der Kirche treiben, er ist also ziemlich enttäuscht.«
    Die Bemerkung ließ Maidment zusammenfahren, und er überspielte sein Unbehagen, indem er eine Flasche Glenfiddich Malt Whisky auf den Nachttisch stellte.
    »Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich Ihnen wie üblich Bells gekauft, aber ich dachte, dass könnte vielleicht Ihre letzte Flasche werden.«
    Stanley gefiel der Galgenhumor, und er lachte, bis ein Hustenanfall es erforderlich machte, ein Glas Wasser zu besorgen. Er war noch immer lila im Gesicht, als er ein weiteres Glas aus dem Schränkchen holte und jedem von ihnen zwei Fingerbreit Whisky eingoss.
    »Vorsicht, ich bin mit dem Auto hier. Noch mehr Ärger mit unserer guten Polizei kann ich weiß Gott nicht gebrauchen.«
    »Ich hab das in der Zeitung gelesen. Hier drin hält man Sie für einen Helden. Ein paar wollen bestimmt Ihr Autogramm haben, wenn sie hören, dass Sie da sind. Die Polizei wird die Sache doch bestimmt einstellen.«
    »Aber ja, keine Frage.« Maidment verbarg seine Bedenken hinter lautstarkem Optimismus. »Aber die müssen sich nun mal an die Vorschriften halten. Sie wissen schon, die Mühlen der Justiz.«
    »Da werden doch nur Steuergelder verplempert, wenn Sie mich fragen. Der Bursche wollte Sie übers Ohr hauen und den Polizisten umbringen.« Stanleys Tonfall ließ offen, welches der beiden verhinderten Verbrechen das schlimmere gewesen wäre.
    Mit geübtem Geschick lenkte Maidment das Gespräch behutsam auf weniger heikle Themen. Am Ende der üblichen Stunde hatten sie Kricket, Politik und Klatsch und Tratsch über das Regiment durch, und Maidment begann mit dem altvertrauten Abschiedsritual. Sie kannten es beide auswendig: Stanley würde im richtigen Moment andeuten, dass er jetzt ein wenig Schlaf bräuchte, und sein Gast würde aufstehen und nach seinem Hut greifen.
    Diesmal jedoch verpasste Stanley sein Stichwort. Maidment hüstelte, zupfte an seinen Manschetten, stand auf und sah aus dem Fenster, doch Stan hing seinen eigenen Gedanken nach. Maidment überlegte schon, ob er einen vielsagenden Blick auf die Uhr werfen sollte, doch da

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