Sine Culpa
die Zähne. Sie würden bald kommen, ganz bestimmt. Bryan war sein Freund.
Wie lange noch, bis er ihn holen kam? Bryan würde nicht lange brauchen, um Alec und Joe loszuwerden, und dann könnte er wieder ungefährdet raus. Und darum kümmerte er sich jetzt bestimmt. Bryan war sein Freund. Er hatte versprochen, auf ihn aufzupassen. Aber als er daran denken musste, was er gerade über sich hatte ergehen lassen, wurde er von einem weiteren Krampf erfasst, und ihm wurde wieder schlecht. Diesmal hatte er nicht mehr die Kraft, den Kopf richtig vom Boden hochzuheben, und Erbrochenes blieb ihm in den Haaren und am Hals kleben. Er rollte sich eng zusammen, schlang die Arme um die Knie, um sich zu wärmen und zu trösten, und presste den Kopf auf die Brust.
23
Fenwick erhielt Clives Anruf, als er gerade seiner Haushälterin dabei zuschaute, wie sie Chris’ Geburtstagskuchen fertig dekorierte. Die Kreation hatte die Form eines Cowboys mit Hut und Sheriffstern, und neun Kerzen prangten darauf. Fenwick ging in sein Arbeitszimmer, um ungestört reden zu können. »Wann ist er in London angekommen?«
»Vor einer Stunde. Er ist in ein Haus südlich von King’s Cross gegangen, an der Farringdon Road. Ich bin jetzt davor.«
»Haben Sie die Kollegen vor Ort informiert?«
»Noch nicht. Dachte, das wollten Sie vielleicht tun.«
»Okay. Ich übernehme das. Was ist mit Verstärkung?«
»Die Zentrale schickt Welsh und noch jemanden her.«
»Die brauchen mindestens noch eine Stunde, und in der Zeit könnte er einen anderen Ausgang nehmen oder Sie entdecken. Ich frage nach, was die Kollegen von Scotland Yard für uns tun können, vielleicht wissen die ja was über das Haus. Wie ist die genaue Adresse?«
Eine halbe Stunde später telefonierte er erneut mit Clive.
»Das Haus scheint sauber zu sein. Ich hab die Kollegen gebeten, trotzdem rauszukriegen, wem es gehört. Und Sie müssten jeden Moment Verstärkung kriegen.«
»Ist gerade eingetroffen, inklusive Auto und Kamera. Er ist noch immer drin. Alles ruhig.«
»Ist in der Zwischenzeit sonst noch was passiert?«
»Es ist ja noch früh – keine elf. Es ist nur ein Besucher reingegangen, vor einer halben Stunde. Distinguiert aussehender Bursche, ansonsten Fehlanzeige.«
»Na gut, halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich bin heute den ganzen Tag zu Hause. Chris feiert seinen Geburtstag«, fügte er hinzu und war überrascht, als Clive sagte: »Bestellen Sie ihm einen herzlichen Glückwunsch von Onkel Clive, ja? Und sagen Sie ihm, ich drück ihm die Daumen, dass er jede Menge Geschenke bekommt.«
»Da besteht kein Grund zur Besorgnis«, lachte Fenwick. »Heute Nachmittag steigt die Party, und er wird fürchterlich verwöhnt werden.«
Vier Stunden später beobachtete Fenwick froh und zufrieden, wie Chris und seine Freunde ausgelassen zwischen den improvisierten Tipis herumtollten, die er als Überraschung in der Nacht zuvor aufgebaut hatte. In der Einladung war extra um Cowboy- oder Indianerkostüm gebeten worden, und er bestaunte den Einfallsreichtum so mancher Mutter. Es gab weder einen Zauberer noch einen Clown, und auch von einer Hüpfburg war weit und breit nichts zu sehen.
Stattdessen gab es Palisaden aus Gummireifen, Baumhäuser, die bequemerweise dicht über dem Boden waren, an Ästen aufgehängte alte Decken und einen Picknicktisch, der unter der Last des Wild-West-Büfetts stöhnte (Schinken, Würstchen, Kirschtomaten, Brot, Chips, Cola und Limo.)
Die Vorstellung, dass ein verwitweter Vater allein einen Kindergeburtstag ausrichten konnte, brach die ungeschriebenen Gesetze über männliche Abhängigkeit und die Rolle der Frau. Demzufolge hatten einige Mütter ihre Hilfe angeboten. Er hatte sie nur von denjenigen angenommen, die es seiner Einschätzung nach nicht in die Krise stürzen würde, wenn ihre lieben Kleinen den ganzen Nachmittag imaginäre tödliche Kämpfe ausfochten. Er redete sich zwar ein, dass er das auch allein geschafft hätte, und insgeheim rang es ihm Bewunderung ab, wie sie es fertigbrachten, dass die kleineren Kinder sich nicht wehtaten, während sie ständig irgendwelche Trümmer wegräumten und gleichzeitig die Heldentaten ihrer Nachkömmlinge gebührend würdigten. Der Nachmittag war ein Riesenerfolg.
Clive rief an und sagte, dass Ball das Haus in London verlassen hatte und gleich anschließend in den Zug zurück nach Harlden gestiegen war. Er war ihm gefolgt und saß jetzt im selben Zug. Scotland Yard hatte sich bereit erklärt, das Haus
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