Sine Culpa
vierundzwanzig Stunden lang zu beobachten, die Besucher zu fotografieren und herauszufinden, was da los war. Fenwick nahm diese Neuigkeit mit gemischten Gefühlen auf. Auf der einen Seite wollte er einen Durchbruch, auf der anderen Seite war er froh, dass er für Chris’ Geburtstag Zeit gehabt hatte.
Als sich die Gäste allmählich verabschiedeten, war sein Sohn ungewöhnlich artig. Erst als alle anderen Kinder fort waren, merkte er, das Bess nirgends zu sehen war. Nach einer panischen Suche fand er sie in einer verlassenen Palisade, wo sie saß und las.
»Komm Bess, der Garten gehört wieder dir.«
Seine Tochter wollte ihn nicht ansehen.
»Was hast du denn, Schätzchen? Du bist doch nicht etwa neidisch auf Chris, weil er Geburtstag hat?«
Hoppla! Zwei nass geweinte Taschentücher und eine lange Umarmung später schaffte er es, sie ins Haus zu locken, aber sie lehnte das angebotene Eis ab. Während Alice die restlichen Papierteller entsorgte, ging er mit seiner Tochter nach oben und versuchte herauszufinden, was sie so bekümmerte.
»Bitte, sprich mit mir«, bettelte er. »Was hab ich falsch gemacht?«
»Du hast vergessen, Louise einzuladen«, sagte sie kaum hörbar. »Sie hat mir versprochen, sie würde kommen und mir Gesellschaft leisten, und sie hätte ihr Versprechen gehalten, also musst du vergessen haben, sie einzuladen.«
Vor schlechtem Gewissen zog sich ihm der Magen zusammen, und sein Gesicht verhärtete sich. Bess hatte Recht; er hatte wirklich vergessen, sie einzuladen. Noch wenige Wochen zuvor wäre das selbstverständlich gewesen, aber jetzt nicht mehr.
»Vielleicht war sie beschäftigt.«
»Aber sie hatte genug Zeit, um Chris ein Geschenk zu bringen.« Seine Tochter sah ihn vorwurfsvoll an.
»Bist du sicher?« Davon wusste er nichts. Bess nickte.
»Sie hat’s abgegeben, als du mit Justins Mum geflirtet hast. Alice hat’s angenommen, aber ich hab Louise gesehen. Ich hab sie begrüßt.« Bess wandte sich wieder von ihm ab. »Sie hat mir auch ein Nichtgeburtstagsgeschenk gebracht, wie sie das für Chris an meinem Geburtstag gemacht hat. Es war gemein, dass du sie nicht eingeladen hast.«
»Ich hab nicht gewusst, dass sie kommen würde, ehrlich.« Das Schuldgefühl, das ihn erfasst hatte, war nichts im Vergleich zu der Verwirrung, die ihn angesichts dieser Enthüllungen seiner Tochter beschlich. Bess zuckte die Achseln und winkte ihn weg.
»Ich geh jetzt schlafen, und ich will keine Gutenachtgeschichte, danke.«
Er war entlassen. Fenwick zog sich nach unten zurück. Chris saß im Wohnzimmer und baute vor dem laufenden Fernseher ein Dinosauriermodell zusammen.
»Von wem ist der denn?«
»Von Louise. Der ist cool. Sie hat sogar an die Batterien gedacht. Wenn er fertig ist, leuchten die Augen und er brüllt.«
Fenwick ging zu Alice in die Küche. »Sie hätten mir Bescheid sagen können, als Louise Nightingale hier war.« Er war zu aufgebracht, um noch diplomatisch zu sein.
»Sie war nur kurz an der Tür. Und sie schien es eilig zu haben.«
»Hat sie irgendwas gesagt?«
»Nein. Reichen Sie mir bitte die Schüssel da, ich glaube, die krieg ich noch oben rein.«
Er tat wie geheißen und wartete dann schweigend auf weitere Informationen, während Alice weiter die Spülmaschine einräumte. Doch als sie fertig war, schaltete sie die Maschine an und ging dann wortlos zu Chris, sodass Fenwick trotz der gelungenen Party besiegt und niedergeschlagen zurückblieb.
Es war neun Uhr, als Alice ihn aus dem Garten rief, wo er die Autoreifen einsammelte.
»Assistant Chief Constable Harper-Brown ist am Telefon. Er sagt, es ist dringend.«
Fenwick trabte ins Haus. »Guten Abend, Sir.«
»Fenwick? Gut. Schalten Sie den Fernseher ein und sehen Sie sich die BBC-Nachrichten an.«
Er entschied sich für den kleinen Fernseher in der Küche, um nicht mit Chris um die Fernbedienung kämpfen zu müssen. Die Nachrichten waren fast zu Ende, wie er dem Sprecher am Tonfall entnehmen konnte.
»Haben Sie’s?«
»Ja.«
»… wirft die Sunday Times morgen die Frage auf , wieso die Polizei weiterhin den hochdekorierten Kriegshelden Major Jeremy Maidment im Zusammenhang mit den Morden an Paul Hill und Malcolm Eagleton in Haft hält , obwohl ihr eindeutige Hinweise auf einen anderen Täter vorliegen . Die Sunday Times weiß aus gutunterrichteten Kreisen , dass der Polizei unstrittige Beweise zugespielt wurden , ohne dass sie bislang daraus irgendwelche Konsequenzen gezogen hätte .«
»Scheiße!«
»Genau. Bei
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