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Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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wieder ein Kind, schwenkte die Arme und hüpfte neben ihm her. Fenwicks Stimmung hob sich. Es war ein Risiko gewesen, mit ihm zu der von Penny Sanders empfohlenen Therapeutin zu gehen, aber er hatte sich dazu durchgerungen, in seinem und in Chris’ Interesse. Die Frau hatte einen guten Eindruck auf ihn gemacht. Etwa sechzig, so schätzte er, rundlich und mit einem warmen Lächeln, das Chris Vertrauen einflößte.
    Vor der ersten Sitzung hatten sie ihm in einem längeren Telefonat erklärt, dass sie lieber ohne Eltern mit ihren Patienten sprach, weil sich die Kinder sonst leicht ausgeschlossen fühlten. Er fand das einleuchtend. Sie warnte ihn, dass Chris vielleicht keinen Zugang zu ihr finden würde und dass es in dem Fall sinnlos wäre, mit der Therapie fortzufahren. Also hatte er besorgt draußen gewartet, ständig auf die Uhr gesehen, und mit jeder Minute, die die Sitzung länger dauerte, ein klein bisschen aufgeatmet.
    Er brannte darauf, ihre erste Einschätzung von Chris zu erfahren, und hatte für Montagabend ein Einzelgespräch mit ihr vereinbart, froh, dass sie auf die Zeitprobleme eines berufstätigen Vaters Rücksicht nehmen konnte. Bis dahin war er zunächst mal erleichtert, dass der erste Schritt getan war und sein Sohn ihn offenbar gut verkraftet hatte. Als sie den Eingang zum Park erreichten, ließ er Chris’ Hand los.
    »Komm, wer als Erster am Eisstand ist!«, rief er und tat so, als wollte er loslaufen. Chris reagierte sofort und nutzte den Vorsprung aus, den sein Vater ihm ließ. In nicht allzu ferner Zukunft würde Fenwick sich bei diesen Wettrennen richtig anstrengen müssen.

22
    Am Freitagabend besuchte Nathan Smith wieder Williams Etablissement. Er wurde wie ein Ehrengast begrüßt. Da Sam noch immer von den anderen Jungen getrennt untergebracht war und erst geholt werden musste, entstand eine kurze Wartezeit, die Smith sich damit vertrieb, die Jungen zu begutachten, die gerade keinen Kunden hatten. Es waren fünf: einer mit asiatischen Gesichtszügen, ein Schwarzer und drei Weiße. Alle waren sie hübsch, sauber und gut genährt. Keiner sah älter aus als vierzehn. Als er sie einen nach dem anderen aufrief, weitete sich ihre Brust in atemloser Anspannung. Es hatte sich herumgesprochen, was mit Sam passiert war.
    Smith gab kritische Kommentare von sich, und bei jedem atmete der jeweilige Junge ein bisschen leichter. Gerade forderte er den eurasischen Jungen auf vorzutreten, als Sam ins Zimmer gestoßen wurde. Alle drehten sich um und starrten ihn an, und einen Moment lang trat eine unheimliche Stille ein.
    »Sam, na los, sei nicht so schüchtern.« William klang wie jedermanns Lieblingsonkel, als er das Kind zu Smith schob.
    »Was haben Sie dem Jungen denn da angezogen, William? Das sieht ja albern aus. Zieh das aus, Sam, lass dich doch nicht von ihm so ausstaffieren.«
    Sam war wie erstarrt. Grobe Hände rissen ihm den kurzen Satinmorgenmantel von den Schultern, so dass er plötzlich nur noch in der Unterhose dastand, auf nackten Füßen. Er fing an zu zittern, und sein Mund verzog sich nach unten.
    »Ist ja gut, mein Süßer«, sagte Nathan und machte einen Schritt auf ihn zu.
    Sam wollte zurückweichen, doch William versperrte ihm den Weg.
    »Bringen Sie ihn hoch«, sagte Nathan. »Ich nehme mein übliches Zimmer.«
    Sam wurde weggetragen. Seine Freunde schlichen zurück ins Halbdunkel. Keiner erwähnte ihn; es brachte kein Glück, von den Verlorenen zu sprechen.
     
    Nathan Smith war bester Laune, als er am nächsten Tag nach einer ganzen Nacht in London nach Hause kam. Er war ausgehungert und freute sich, als er im Kühlschrank ein Curry entdeckte mit allem, was dazugehörte, das er nur noch aufzuwärmen brauchte. Das Telefon klingelte, als er gerade beim Essen war, und er ging nicht dran, lauschte stattdessen mit halbem Ohr auf den Anrufbeantworter.
    »Verdammter Mist!« Seine Gabel schepperte zu Boden, als er aufsprang und zum Telefon lief.
    »William, ich bin da. Was haben Sie gerade gesagt? Verdammt, reden Sie lauter, Mann, ich verstehe Ihr Geflüster nicht.«
    »Ich hab gesagt, er ist schon wieder hergekommen. Beim letzten Mal hab ich ihm klipp und klar gesagt, dass er wegbleiben soll, aber Sie wissen ja, wie Alec …«
    »Leider ja. Er braucht richtig Druck. Sie waren bestimmt zu zurückhaltend, William. Das ist das Problem bei Ihnen, Sie sind zu zartbesaitet. Haben Sie ihn rausgeschmissen?«
    »Nein, Sie verstehen nicht, er ist noch hier! Ich krieg ihn nicht los. Er sagt, er

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