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Sinfonie des Todes

Sinfonie des Todes

Titel: Sinfonie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Öhri / Vanessa Tschirky
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Empfang zu nehmen. Warnstedt tauschte mit Schnitzler einen Blick aus, und beide überreichten gleichzeitig den Duellanten die Waffen. Die Sekundanten traten zurück, um aus der Schusslinie zu gelangen.
    »Sie können sich nun umdrehen«, gab ihnen der Arzt zu verstehen.
    Noch bevor Schrader den Revolver gehoben hatte, durchbrach der laute Knall eines Schusses die Stille. Irritiert blickten die drei Männer in die Richtung des Sektionsrats. Der Lauf seiner Waffe dampfte, und zu seinen Füßen, wo die Kugel in den Erdboden gefahren war, war der Schnee verworfen. Warnstedt war sich der Zuverlässigkeit seines Revolvers bewusst, weshalb er keinen Augenblick daran zweifelte, dass der Schwindsüchtige vorsätzlich abgefeuert hatte.
    »Da mein Opponent seine Chance bereits vor der Zeit ergriffen hat, kommen mir jetzt wohl zwei Schüsse zugute, nicht wahr?«, meinte Stephan Schrader mit schmierigem Lächeln.
    Robert Fichtner stand unbeweglich da und sah in Schraders Richtung.
    »Um Himmels willen, schütze dich! Dreh dich ab, präsentiere endlich deine Schulter!«, rief Schnitzler erregt. Doch der Sektionsrat schüttelte bloß den Kopf.
    »Er soll einfach abdrücken«, murmelte er. »Immer noch besser, als an einem Blutsturz zu krepieren …«
    Ohne mit der Wimper zu zucken, hob der groß gewachsene Schrader die Waffe und zielte auf den Sektionsrat. Cyprian schloss die Augen. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein, sich in die Unendlichkeit zu dehnen. Er hörte das leise Rauschen des Flusses, das an sein Ohr drang; er spürte die klamme Luft in seinen Poren, und dann waren plötzlich die zwei Schüsse zu hören. Als der Inspektor die Augen auftat, lag Robert bereits am Boden.
    Schnitzler eilte heran, schlug den triefenden Mantel auf und riss das Hemd in Fetzen. Der Getroffene zuckte ein wenig. Im flackernden Lichtkreis der Laternen hob und senkte sich sein Brustkorb, als aus den zwei Löchern das Blut sprudelte. Auf einmal pfiff sein Atem rasselnd und anhaltend. »Die Lunge«, konstatierte der Arzt trocken. Cyprian war es, als ob sein Freund noch etwas sagen wollte, doch zitterten ihm einzig die Lippen.
    Noch zehn Minuten knieten sie neben dem Sterbenden, bis alles vorbei war. Stephan Schrader stand abseits. Er hatte sich eine Zigarre angezündet und paffte gleichgültig einige Rauchwolken vor sich hin.
    Fassungslos starrte der Inspektor auf die blutgetränkte Stelle, wo der tote Sektionsrat lag. Dann riss er sich von dem Anblick los, gab Schnitzler und dem Ministerialbeamten ein Zeichen. Schweigend schlugen sie den Rückweg ein. Als sie wieder bei der Floridsdorfer Brücke angelangt waren, trug Warnstedt Schnitzler auf, die Gendarmerie zu benachrichtigen. »Suchen Sie ein Gasthaus, telefonieren Sie von dort, aber nennen Sie keinesfalls Ihren Namen. Ich kann das nicht tun. Meine Stimme könnte man erkennen. Sagen Sie einfach, Sie hätten Schüsse gehört, und unterbrechen Sie dann die Verbindung.«

30. Kapitel
    Bereits als der Anstieg zur Brückenkonstruktion in Sicht kam, verabschiedeten sich die drei Männer voneinander. Es war offenkundig, dass jeder in Gedanken noch bei dem zurückgelassenen Leichnam verweilte, und Cyprian war froh, als der Arzt und der Beamte sich in entgegengesetzte Richtungen entfernten. Er selbst bemühte sich zum nächsten Fiakerstand, wo er auf eine Droschke zuhielt.
    Eine Viertelstunde später, als Lina Fichtners Haus in Sicht kam, drosselte der Kutscher die Fahrt. Warnstedt legte die beiden Pistolen, die er in den Manteltaschen verborgen hatte, neben sich auf den Sitz, bedeckte sie mit seinem Hut und stellte die Blendlaterne daneben, bevor er den Fahrer anwies, er möge auf ihn warten. Die traurige Nachricht möglichst schnell zu übermitteln und sich dann schlafen zu legen, das war sein Ziel, als er aus dem Gefährt stieg, das dicht vor dem Gartentor gehalten hatte.
    Irritiert bemerkte der Inspektor die offene Tür des Anwesens. Der Schnee hatte das Haus mit den verspielten Türmchen in ein verwunschenes Märchenschloss verwandelt, das den Eindruck vermittelte, eine unschuldige und reine Prinzessin zu beherbergen. Doch er gab sich nicht der Illusion hin, eine Jungfrau erretten zu dürfen, sondern machte sich eher darauf gefasst, sich bald dem aufbrausenden Gebaren einer Furie zu erwehren.
    Die Kälte der Nacht hatte sich mit der Trauer um den eben verlorenen Freund unbarmherzig in seine Knochen geschlichen, die bei jedem Schritt, den er auf die Veranda zu machte, zu knacken schienen, und

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