Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
vorn. Hormone haben kein Gedächtnis.
Wichtig ist es, die Männer nicht vor den Kopf zu stoßen, das haben sie nicht verdient. Man soll ihnen nicht wehtun. Nur helfen. Nehmen wir Aschenputtel, die ja ihren High Heel zurückgelassen hatte, um den Prinzen bei der Stange zu halten. Das ist der ganze Trick: Nach jedem Treffen einen Schuh dalassen, der ihn erinnert und von besseren Zeiten träumen lässt. Haben Sie sich mal gefragt, warum das Märchen noch in der präsexuellen Phase endet? Happy End und Höhepunkt ist ja nicht der Sex von Aschenputtel und dem Prinzen, sondern die Aussicht darauf. Warum? Antwort siehe oben. Männer verändern sich nach dem Sex. Sie verlieren ihre Zartheit und das gute Benehmen.
Dass Frauen trotzdem mit ihnen zusammenbleiben, auch das hat mit dem präsexuellen Verhalten des Mannes zu tun. Es ist das stete Streben nach dem wunderbaren Mann, der er mal war. Nun behaupten einige Männer von sich: Wieso, wir befinden uns doch immer im präsexuellen Zustand. Und dann halten sie sich lachend die Bäuche.
Das jedoch ist keine Gegenthese, das ist postsexuelle Mimikry.
Jan-Felix, Ihr seid der Schönste hier
Ich ernähre mich neuerdings von Nissin-Nudeltopf Krabbengeschmack und heißem Wasser mit einem Stückchen Ingwer drin. Ich habe vergessen, wofür heißes Wasser mit Ingwer gut ist, aber alle trinken es. Wahrscheinlich haben wir es in der »Elle« gelesen: Latte macchiato ist out, heißes Wasser mit Ingwer und Hotpants sind in. Ist Yoga eigentlich noch in, oder muss man schon wieder was anderes machen?
Jedenfalls hatte ich gerade eine Yogastunde hinter mir, als ich Romeo und Julia begegnete. Sie kamen aus einer Bar. Er: »Was hast du für ein Problem?« Sie: »Ich habe kein Problem. Das einzige Problem, das ich habe, ist, dass du ein Problem hast.« Während ich weiterging – irgendwie beschwingter –, streichelte ich den Nissin-Nudeltopf in meiner Hand.
Problem? Ich würde sagen keines, das sich nicht durch eine kleine Trennung beheben ließe. Oder mit einer außerehelichen Affäre. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand ein schlechtes Gewissen mit Liebe verwechselt.
Er ist zufrieden, sie ist zufrieden – und Frau Zeh ist auch zufrieden. Sie leistet derzeit in ihren verlängerten Mittagspausen Beziehungshilfe. Das ist besser als das halbe Hähnchen, das es sonst immer gibt, sagt sie. Obwohl die Hormonbelastung gleich sein dürfte.
Hormonbelastung ist ein gutes Stichwort für Frühling. Während der Frühling für einen großen Teil der Menschheit am 20. März beginnt, haben Singles ihre eigene Definition: Frühling ist, wenn man sich wünscht, der liebe Gott hätte etwas derart Nervtötendeswie Testosteron niemals erfunden. Denn es erwacht nicht nur der Geschlechtstrieb der Männer, wobei es im Zeitalter der Zentralheizung ohnehin ein Unding ist, dass der nicht ganzjährig auf hohem Niveau läuft.
Viel schlimmer ist, was mit der Selbstwahrnehmung geschieht. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Schönste im ganzen Land: »Jan-Felix, Ihr seid der Schönste hier, aber Rüdiger mit der dicken Plauze und der Berliner Schnauze ist tausendmal schöner als Ihr.« Um es noch etwas deutlicher zu sagen: Nein, Frauen finden Nasenhaare nicht toll. – Keine Nasenhaare? – Ja, aber Thomas Magnum steht der Schnauzer auch.
»Hässliche Männer kriegen hässliche Frauen und hübsche Männer hübsche Frauen«, sagte der Anwalt. Ich pulte mir den Schlaf aus den Augen. Wir hatten uns zum Abendessen verabredet, und um es nicht wie ein Date aussehen zu lassen, hatte ich meinen ältesten Pullover und die Turnschuhe mit dem Loch angezogen. Am Nebentisch aß Christian Thielemann gerade Nachtisch. Wie groß er ist, dachte ich, riesig. Bestimmt hat er beim Dirigieren häufig Rückenschmerzen.
Ich bin froh, dass ich nicht mit Christian Thielemann zusammen bin. Vermutlich will er andauernd massiert werden. »Ich hab den ganzen Abend dirigiert. Da ist es doch nicht zu viel verlangt, wenn du mal kurz meinen Latissimus Dorsi durchknetest.«
»Ich fand auch mal einen Dirigenten ziemlich gut«, sagte ich zum Anwalt. Und der brach sich ein Stück Brot und tunkte es ungerührt in die Minzsoße. Ich muss mir unbedingt mal das Rezept geben lassen. Oder, falls es sich um ein Geheimrezept handelt, einen Koch mitbringen, der die Zutaten herausschmeckt. »Ja, aber so was läuft nicht. Künstler sind anders«, sagte der Anwalt. Ich war froh, dass ich den alten Pullover trug. Fast hätte ich ihn neulich
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