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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Mansour ihre Kabine aus irgendeinem Grund
verließ. Auf Sauers Monitoren war zu sehen, wie sie den Gang
entlang und auf die sanitären Gemeinschaftseinrichtungen der
Offiziere zuging. Sie würde mindestens zehn Minuten in der
Dusche bleiben, wenn sie sich an ihren normalen Zeitplan hielt.
Wassily schlich sich auf Zehenspitzen aus dem Kabuff, hastete zum
Fahrstuhlschacht hinüber und eilte von dort aus zu dem Gang, der
zu den Quartieren der Offiziere führte.
    Während er die Kabinentür hinter sich zuzog, blickte er
sich vorsichtig um. Oberst Mansours Kabine sah kaum anders als jede
andere Offizierskabine aus. Sie ähnelte dem Liegewagenabteil
eines Zuges und bot Platz für zwei Schlafkojen. Die obere diente
als Bett, während die untere momentan zu einem Tisch ausgeklappt
war. Zwei Spinde, ein winziges Waschbecken, ein Spiegel und ein
Telefon vervollständigten das Inventar. Unter dem Tisch lugte
die Ecke eines großen Schrankkoffers hervor. So viel stand
fest: Die Inspektorin reiste nicht mit so leichtem Gepäck wie
die Marineoffiziere.
    Zunächst verbrachte Wassily eine Minute damit, den
Schrankkoffer zu inspizieren. Nichts wies darauf hin, dass feine
Haare oder Drähte über den Deckel geklebt waren. Auch die
Schlösser sahen nicht so aus, als wären sie auf besondere
Weise gesichert. Es war nur ein leicht lädierter Schrankkoffer
aus Leder und Holz. Er versuchte, das Riesending unter dem Klapptisch
hervorzuziehen, merkte aber schnell, dass sein Inhalt – was
immer der Koffer enthalten mochte – unerklärlich schwer
war. Also löste er die Klappvorrichtung des Tisches und schob
das Gestell ganz hoch, sodass es am Schott lehnte. Als das Ding dem
Licht ausgesetzt war, kam es ihm so vor, als grinste es ihn
gesichtslos auf grässliche Weise an.
    Wassily schnaubte und griff nach seinem Spezialdietrich, einem
weiteren im höchsten Maße illegalen Werkzeug aus dem
Büro des Kurators. Dieses Wunder der Ingenieurkunst vermochte
mit seinen von Zylinderspulen gelenkten Sonden, den elektronischen
Sensoren und Transmittern sowie dem kompakten Laser-Transponder fast
jedes Schloss innerhalb von Sekunden zu knacken. Als Wassily sich
über den Schrankkoffer beugte, konnte er sich augenblicklich
davon überzeugen, dass das diplomatische Gepäck einer
Vertreterin der Vereinten Nationen seinem Spezialdietrich genauso
wenig entgegenzusetzen hatte wie jedes andere achtzylindrische
Steckschloss mit bestimmter Frequenzresonanz, das auf Händedruck
reagierte und naives Vertrauen in lange Primzahlen setzte. Der Deckel
klickte auf und schwang nach oben.
    Im Deckelboden waren Toilettenartikel und ein Spiegel verstaut.
Nach kurzer Inspektion wandte sich Wassily dem Kofferinhalt zu und
sah sich plötzlich einem Stapel von Damenkleidung
gegenüber. Er schluckte. Unaussprechliches geriet ihm da unter
die Augen, sodass er sich wie ein Narr vorkam: gefaltete
Unterröcke, Schlüpfer mit langem Bein, ein Paar Handschuhe,
die bis zum Ellbogen reichten. Vorsichtig schob er alles zur Seite.
Darunter lag ein gelbes Seidengewand, das Wassily, dem der Anblick
zutiefst peinlich war, erröten ließ. Er hob es auf, wobei
es sich entfaltete. Verwirrt stand er auf und schüttelte es aus.
Er musste zugeben, dass es wunderschön und sehr weiblich wirkte,
keineswegs wie ein Kleidungsstück, das er bei dieser
verdorbenen, dekadenten Agentin der Erde vermutet hätte. Diese
ganze Schnüffelexpedition entwickelte sich ganz und gar nicht
so, wie er sich das vorgestellt hatte. Kopfschüttelnd legte er
das Gewand auf das obere Bett und beugte sich wieder über den
Schrankkoffer.
    Weiter unten befanden sich ein schwarzer Overall und eine
achteckige Hutschachtel. Als er versuchte, die Schachtel anzuheben,
stellte er fest, dass sie sich nicht bewegen ließ. Sie war
massiv und so schwer wie Blei! In seinem Verdacht bestärkt,
griff er nach dem Overall und legte ihn über den Stuhl. Darunter
stieß er auf eine glatte Kunststoffplatte, in der Lämpchen
glühten. Der Schrankkoffer war nur rund fünfzehn Zentimeter
tief! Eine ganze Bodenhälfte lag unterhalb der Oberfläche,
auf der sich die Hutschachtel befand, und sie enthielt zweifellos
lauter Schmuggelware und Spionageausrüstungen.
    Wassily stupste mit dem Finger gegen die Kunststoffplatte, die ihn
an ein Keyboard erinnerte, nur dass es hier keine Tasten aus
Elfenbein und Ebenholz gab. Und auch keine Stelle, an der man
gelochte Papierstreifen hätte eingeben können. Es sah alles
beunruhigend fremd aus. Als er nochmals

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