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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Während seine
Rippen wie brüchiger Karton knackten, brachen ihr selbst von der
Wucht des Aufpralls einige feine Knochen auf dem Handrücken. Es
war schwierig, sich daran zu erinnern – schwierig, sich
vorzustellen –, dass ihr eigener Körper ihr schlimmster
Feind war, zerbrechlicher, als ihre Reflexe zugeben wollten.
    Mit einem Arm griff sie nach Martin und behandelte ihn dabei so
vorsichtig wie Knochenporzellan; als allmählich Luft aus seinen
Lungen drang, merkte sie, dass sie ihn aus seiner Starre gelöst
hatte. Da die Tür nicht verschlossen war, trat sie dagegen und
zerrte Martin, ehe die Tür wieder zuschlagen konnte, hindurch.
Sie ließ ihn fallen, wirbelte herum, knallte die Tür zu
und kramte aus ihrer Westentasche etwas hervor, das wie ein Klumpen
Kitt aussah. »Omaha«, brüllte sie in ihr
Kehlkopfmikro. Röhrenblitzartige Muster aus rötlich gelbem
Licht tanzten über die Oberfläche des Klumpens, wie sie
aufgrund ihrer künstlich verstärkten Sicht erkennen konnte.
Sie spuckte auf die Masse und zwängte sie in den Türrahmen,
wo sie einen Blauton annahm und sich rasch ausdehnte. Blitzschnell
füllte eine Welle klebriger Flüssigkeit den Spalt zwischen
Tür und Wand aus und wurde gleich darauf so hart wie
Diamant.
    Aufgrund der versiegelten Tür, der beschädigten
Intercomkabel, des Chloroforms und des lähmenden Schaums konnte
es ein, zwei Minuten dauern, bis irgendjemand in der Offiziersmesse
es schaffen würde, einen Alarm auszulösen.
    Martin versuchte sich zu bücken und rang nach Luft. Sie half
ihm auf und rannte den Gang hinunter. Es fühlte sich so an, als
watete sie durch Wasser. Schnell wurde ihr klar, dass es einfacher
war, wenn sie sich erst mit einem Fuß abstieß und danach
mit dem anderen, so als bewegte sie sich bei niedriger Schwerkraft.
Ein roter Nebel am Rande ihres Blickfeldes verriet ihr, dass ihre
Energiereserven nahezu erschöpft waren. Ihr peripheres
Nervensystem war zwar verstärkt worden, aber bei diesem Tempo
musste sie sich auf die künstliche Luftzufuhr verlassen, und die
Vorräte schrumpften erschreckend schnell zusammen. Als sie bei
der nächsten Kreuzung einen offenen Fahrstuhl entdeckte,
taumelte sie hinein, zog Martin hinter sich her und drückte auf
den Knopf für die Ebene, in der die Offiziersquartiere lagen.
Danach reduzierte sie ihr Tempo auf Normalgeschwindigkeit.
    Als die Türen sich geschlossen hatten und der Fahrstuhl
aufstieg, begann Martin zu keuchen. Rachel sackte gegen die hintere
Wand. Während sie versuchte, Luft in die überanstrengten
Lungen zu pumpen, vernebelten ihr schwarze Flecken die Sicht. Martin
war der Erste, der etwas sagte: »Wo… hast du
gelernt…«
    Sie zwinkerte. Im linken oberen Quadranten ihres Blickfeldes
drehte sich eine Uhr. Vor acht Sekunden hatte sie Utah gebrüllt – wirklich erst vor acht Sekunden? Minuten,
vielleicht. Als sie tief Luft holte, wurde ein Gähnen daraus,
das das Kohlendioxid aus ihren Lungen spülte. All ihre Muskeln
schmerzten und brannten so, als wären es heiße Drähte
zwischen den Knochen. Ihr war übel, und die linke Hand pochte
jetzt heftig. »Spezielle Implantate«, erwiderte sie.
    »Ich glaube, du hast jemandem da drinnen fast… eine
Rippe gebrochen. Wohin gehen wir?«
    »Auf. Das. Rettungsboot«, keuchte sie hervor. »Wie
ich gesagt habe.«
    Über ihnen blinkte ein Licht, sie hatten das nächste
Stockwerk erreicht, mussten aber noch eins höher. Als die
Tür auf dem richtigen Stockwerk aufglitt, rappelte sich Rachel
hoch. Es war ein wahrer Segen, dass niemand draußen stand, denn
in ihrem gegenwärtigen Zustand hätte sie es kaum mit einem
Hamster und schon gar nicht mit einem Soldaten aufnehmen können.
Gefolgt von Martin, trat sie auf den Gang. »Zu meiner
Kabine«, sagte sie leise. »Versuche, ganz locker zu
wirken.«
    Er streckte die Hände hoch. »Mit denen da?«
    Scheiße. Hätte sie auseinander reißen sollen,
ehe mir die Energie ausging. Sie schüttelte den Kopf, kramte
in ihrer Hüfttasche und zog eine kompakte graue Röhre
heraus. »Betäubungswaffe.«
    Als sie den letzten Gang halbwegs durchquert hatten, verließ
sie ihr Glück. Eine Tür ging auf, ein Maat trat heraus.
Zunächst wollte er sie vorbeilassen, doch gleich darauf merkte
er, wen er vor sich hatte, und sein Kiefer klappte herunter.
»He!«
    Rachel schoss auf ihn. »Beeil dich«, zischte sie
über ihre Schulter und stolperte vorwärts. Martin folgte
ihr. Die Tür zu ihrer Kabine lag ganz in der Nähe hinter
einer Biege des

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