Singularität
das CMID hier? Das war im
Einsatzplan nicht vorgesehen! »Das wird eine dieser
denkwürdigen Reisen werden, nicht wahr?« Er rieb sich
über die Stirn und wandte ihr den Blick wieder zu. Sie wartete
immer noch auf seine Antwort. Scheiße noch mal, lass dir
irgendwas einfallen, verdammt, ehe sie irgendeinen Verdacht
schöpft! »Hören Sie mal, wissen Sie überhaupt,
wie man hier mit Spionen verfährt?«
Ihr Lächeln verflog, sie nickte. »Ja, das weiß
ich. Aber ebenso sehe ich das Grundlegende. Und das besteht darin,
dass ein Krieg droht. Und meine Aufgabe ist es, darüber auf dem
Laufenden zu sein. Wir können es uns nicht leisten, dass die
direkt vor unserer Haustür die Hölle losmachen. Sicher
würde der Tod durch die Garotte jedem den Tag vermiesen, aber
weit schlimmer ist es, wenn ein interstellarer Krieg ausgelöst
wird, der womöglich die Aufmerksamkeit des Eschaton auf sich
zieht. Zumindest für die vielen Planeten, die
größtenteils nur aus unschuldigen Zuschauern bestehen und
höchstwahrscheinlich den Kollateralschaden mit tragen
müssten. Und darum geht es mir an erster Stelle.«
Während sie ihn mit beängstigender Intensität
anstarrte, ließ sie die Karte zwischen zwei Fingern
verschwinden, die in Spitzenhandschuhen steckten. »Wir
müssen uns treffen und reden, Martin. Wenn Sie erst einmal oben
in der Werft sind und sich eingewöhnt haben, werde ich Kontakt
mit Ihnen aufnehmen. Mir ist völlig gleichgültig, auf was
Sie sich sonst noch einlassen oder nicht einlassen werden, aber
morgen werden wir miteinander sprechen. Ich werde Sie aushorchen, im
Gegenzug bestätigen, dass Sie nur ein neutraler Beobachter sind,
und Ihren Versicherern mitteilen, dass man auf Sie setzen kann,
verstehen Sie?«
»Äh, ja.« Er starrte sie an. Dabei bemühte er
sich, so zu wirken, als wäre ihm eben erst klar geworden, dass
er seine Seele dem Teufel verschrieben hatte. Er hoffte, dass sie es
ihm abnahm: Angesichts einer Agentin von höherer Instanz und der
Tatsache, dass er in etwas hineingezogen werden sollte, verlor dieser
naive Ingenieur den Boden unter den Füßen. Allerdings
hatte er ein eiskaltes Gespür dafür, dass er
tatsächlich in der Patsche stecken würde, falls sie nicht
darauf hereinfiel. Hermann und das CMID standen nicht gerade auf
gutem Fuß miteinander, und schon gar nicht trafen sie
irgendwelche Absprachen…
»Ausgezeichnet.« Sie griff in ihre Handtasche und zog
ein Notebook heraus, das die Farbe von Rotguss hatte und recht
abgenutzt aussah. »Bin dran. Senden: Kaninchen grün. Und
ab.«
»Und ab. Botschaft gesendet«, erwiderte das Notebook.
Martin brauchte einen Augenblick oder auch zwei, bis ihm auffiel,
dass da seine eigene Stimme gesprochen hatte.
Sie ließ das Gehäuse wieder in die Tasche gleiten und
stand auf, um das Abteil zu verlassen. »Wie Sie sehen«,
sagte sie von der Tür aus, während ein hinterhältiges
Lächeln um ihre Lippen spielte, »ist das Leben hier nicht
unbedingt so langweilig, wie Sie dachten! Auf bald
also…«
vorbereitungen
zum aufbruch
Seine Majestät, der Kaiser Iwan Hasek von Gottes Gnaden,
Schutzherr des Volkes der Neuen Republik, knurrte verärgert.
»Holen Sie den Admiral aus dem Bett und sorgen Sie dafür,
dass er präsentabel aussieht. Ich habe heute Mittag um
zwölf eine Kabinettssitzung und muss mit ihm sprechen.
Sofort!«
»Ja, Sir. Ich flehe untertänigst um Vergebung und bitte,
mich jetzt zu entschuldigen, damit ich dem Auftrag Ihrer
Majestät nachkommen kann.« Der Butler verbeugte sich
tatsächlich und wandte sich mit einem Kratzfuß vom Telefon
ab.
»Und worin besteht das wenn nicht, dann…, das da
mitschwang?«, fragte Herzog Michael, der Bruder des Kaisers,
trocken. »Würdest du ihn in Eisen legen lassen?«
»Wohl kaum«, schnaubte der Kaiser und zeigte sich so
belustigt, wie es seine Würde gerade noch zuließ. »Er
ist über achtzig; also hat er das gute Recht, hin und wieder im
Bett zu bleiben. Aber wenn er so krank ist, dass er für seinen
Kaiser nicht einmal in Kriegszeiten aufstehen kann, werde ich ihn
zwingen müssen, den Ruhestand anzutreten. Und dann würde es
Aufruhr in der Admiralität geben. Du kannst dir nicht
vorstellen, welche Wellen es schlagen würde, wollten wir jetzt
anfangen, Admirale zum Rücktritt aus Altersgründen zu
zwingen.« Er rümpfte die Nase. »Wir müssten wohl
sogar daran denken, ihnen allen Leibrenten auszuzahlen! Ebenso gut
hätten wir Vater das Abdanken vorschlagen können.«
Herzog Michael
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