Singularität
folgte ihm dann aufs Deck. »Sir,
melde gehorsamst, dass wir auf dem Abschnitt zwei der Notlandebahn
von Nowyj Petrograd angekommen sind. Ich konnte keinen Kontakt zur
Verkehrsüberwachung oder Luftabwehr des Flughafens herstellen,
aber uns hat niemand beschossen. Ich habe unten auch niemanden
herumstehen sehen. Allerdings hat sich die Stadt sehr verändert,
sie ähnelt überhaupt nicht mehr den Bildern, die man uns
zur Vorinformation gezeigt hat. Muss leider sagen, dass uns auf der
letzten Anflugstrecke der Treibstoff knapp wurde, deshalb die
holperige Landung.«
»War ganz annehmbar unter diesen Umständen.« Leonow
wandte sich der Luftschleuse zu. »Sie da! Öffnen Sie die
Luke, Tempo, Tempo! Die Bodentruppe wird sofort das Umfeld
sichern!«
Offenbar versuchte sich der Admiral aufzusetzen. Robard klappte
die Rückenlehne des Rollstuhls hoch und beugte sich gleich
darauf hinunter, um die Kabel zu lösen, mit denen das
Gefährt gesichert war. Während er noch damit
beschäftigt war, gab der Admiral ein seltsames Kichern von
sich.
»Was ist los, Sir?«
»He… Spuck-Sputnik, he!«
»Völlig richtig, Sir«, erwiderte Robard und
richtete sich auf. In die enge Kapsel strömte frische Luft:
Jemand hatte die Luftschleuse manuell mit dem Nothebel geöffnet,
sodass beide Luken gleichzeitig aufgegangen waren. Es roch nach
Regen, Kirschblüten, Gras und Schlamm.
Leutnant Kossov folgte der Bodentruppe in die Schleuse, tauchte
jedoch noch einmal nach hinten ab: »Melde gehorsamst, dass die
Bodentruppe das Umfeld gesichert hat. Kein Anzeichen von
Einheimischen, Sir.«
»Ha, gut, Leutnant. Sie und Roboter können jetzt den
Alten herunterbringen. Folgen Sie mir!« Hinter den letzten
Offizieren – den Piloten und zwei Korvettenkapitänen, die
Robard nicht kannte; es mussten wohl Angehörige des Admiralstabs
oder der Kommandozentrale sein – betrat Leonow die
Luftschleuse.
Stöhnend und schwitzend schafften Robard und Leutnant Kossov
den Rollstuhl des Admirals über eine nicht sonderlich stabile
Trittleiter aus Aluminium auf den Boden hinunter. Sobald Robards
Füße Beton berührten, holte er tief Luft und blickte
sich um. Eine der drei Landungsstützen sah seltsam aus, ein
Stoßdämpfer war nicht richtig ausgefahren, sodass die
Kapsel recht schief dastand. Robard erkannte sofort, dass mehr als
eine Tankfüllung Treibstoff nötig sein würde, um sie
wieder flugtauglich zu machen – ganz zu schweigen von einem
Start in den Orbit. Gleich darauf erfasste er mit einem Blick, was
jenseits des von Rost zerfressenen Betonfeldes geschehen war, und
schnappte nach Luft.
Die Landebahn lag an der Peripherie des spärlich besiedelten
Nordufers des Flusses, nicht einmal zwei Kilometer von den
düsteren Mauern rings um die Garnison entfernt. Südlich des
Flusses hätte sich eigentlich ein dichtes Straßengewirr
mit spitzgiebeligen Häusern befinden müssen, und in der
Ferne hätten sich Türme vor mehreren
Verwaltungsgebäuden abzeichnen sollen. Doch jetzt waren fast
alle Häuser verschwunden. Dort, wo früher das Rathaus
gestanden hatte, ragten seltsame silberne Farne in den Himmel.
Zwischen den zu Fraktalen geordneten Wedeln huschten
Glühwürmchen hin und her. Der Herzogliche Palast war heftig
in Mitleidenschaft gezogen. Eine Wand sah so aus, als wäre eine
riesige Faust dagegen gekracht – eindeutig die anmaßende,
Effekt heischende Tat schwerer Artillerie.
Der Admiral klopfte schwach auf die Armlehne seines Rollstuhls.
»Also los!«
»Genau, Eure Lordschaft.« Robard sah sich noch einmal um
und hielt Ausschau nach der Vorhut der Landungstruppe. Sie hatten es
schon halbwegs zum Kontrollturm geschafft, da zischte etwas, das
grellgrün leuchtete, über ihre Köpfe hinweg und
ließ den Boden mit seinem Dröhnen erzittern.
»Feindliche Flugzeuge!«, brüllte Kossov. »Sieh
an, die sind uns bis hierher gefolgt. Wir müssen den Admiral
schnell in Sicherheit bringen!« Er stieß Robard zur Seite
und packte die Griffe des Rollstuhls so hastig, dass er ihn fast
umgeworfen hätte.
»Hören Sie mal!«, knurrte Robard, der sich
darüber ärgerte, dass er von seinem angestammten Platz
verdrängt wurde. Nachdem er besorgt einen Blick auf den Himmel
geworfen hatte, beschloss er, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Das Verhalten des Leutnants war zwar unverschämt, aber vorrangig
ging es jetzt darum, den Admiral sofort zu einem sicheren Ort zu
schaffen. »Hören Sie mal, da drüben ist ein Weg. Ich
gehe voran. Falls wir den Turm erreichen
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