Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
Leute.« Leicht mitgenommen löste Rachel ihren
Sicherheitsgurt. »Danke, dass Sie sich für einen Flug mit
UN-Air entschieden haben. Darf ich Sie bei dieser Gelegenheit
einladen, bald wieder mit uns zu fliegen?«
    Martin grunzte und streckte die Arme hoch. »Nein, komme von
hier aus nicht heran, muss erst den Sicherheitsgurt lösen.«
Er ließ die Arme wieder sinken. »Fühl mich
bleischwer. Seltsam.«
    »Acht Stunden bei null g, und du bist kuriert.«
Rachel kramte in den Vorratskisten neben ihren Beinvertiefungen
herum.
    »Ich glaube, ich verstehe euch Terraner jetzt«, meldete
sich Wassily zu Wort, brach aber gleich wieder ab, da er selbst
merkte, wie seine Stimme zitterte. »Ihr seid alle
verrückt«, fuhr er schließlich fort.
    Martin warf Rachel einen schrägen Blick zu. »Und das
merkt er jetzt erst!«
    »Hat lange genug dazu gebraucht.« Rachel, die einen voll
gestopften Rucksack umklammerte, setzte sich auf.
    »Also gut, was machen wir jetzt? Nehmen wir einfach den
großen Dosenöffner oder warten wir, bis jemand vorbeikommt
und den Verschlussring aufzieht?«
    »Als Erstes«, Rachel war eifrig damit beschäftigt,
auf verschiedene Symbole am Steuerpult zu drücken, »teilen
wir den Kritikern mit, dass wir sicher gelandet sind. Deren
Vertreterin hat uns ihre Hilfe dabei versprochen, die Verbindung zu
ihnen herzustellen. Und als Zweites mache ich das hier.« Sie griff nach dem oberen Rand des Schirms, der sich wie
dünner Kunststoff zusammenfalten ließ und dabei den Blick
auf die innere Kapselwand freigab. Ins Schott war ein großer
Schiffskoffer eingelassen, aus dessen halb geöffnetem Deckel
sich ein Wirrwarr von Leitungen und Kabeln schlängelte.
    »Ich wusste es!«, verkündete Wassily laut.
»Sie haben illegale…«
    »Halt die Klappe.« Rachel beugte sich vor und hantierte
mit irgendetwas herum, das sich unmittelbar unter dem Kofferdeckel
befand. »Also, los geht’s! Beeilt euch!« Sie stand
auf, sperrte die Dachluke auf und ließ sie in die Kapsel
hinuntergleiten, wo sie den Platz des früheren Schirms einnahm.
»Hilf mir hoch, Martin.«
    »Okay.« Eine Minute später saßen alle drei
auf dem Landungsfloß. Der Kegelstumpf der früheren
Rettungskapsel ruhte, umgeben von dicken gelben Gummischläuchen,
mitten auf einer Wiese. Links von ihnen rann ein träger Bach
durch dichtes Schilf, rechts standen seltsame dunkle Nadelbäume
so nah beieinander, dass kein Licht hindurchdrang. Die kalte frische
Luft roch unerträglich sauber. »Und was nun?«, fragte
Martin.
    »Ich rate Ihnen, sich den Behörden zu stellen.«
Wassily baute sich über Martin auf. »Falls Sie nicht
kooperieren, wird es ein böses Ende für Sie nehmen. Aber
wenn Sie sich mir an Ort und Stelle überantworten, werde
ich… werde ich…« Er wusste nicht, wo er seine Augen
lassen sollte.
    Rachel schnaubte. »Welchen Behörden?«
    »Denen der Hauptstadt.«
    Das brachte bei Rachel das Fass zum Überlaufen.
»Hör zu, Junge, wir hängen hier am Arsch der Welt
fest, und zwar in einer Rettungskapsel, deren Energie erschöpft
ist. Wir haben kaum noch Vorräte. Der Planet, auf dem wir
gelandet sind, hat gerade eine Singularität dritten Grades
erlebt. Und ich selbst habe die letzten sechsunddreißig Stunden
damit verbracht, mein Letztes dafür zu geben, unsere Ärsche
zu retten. Und ich meine den Arsch von jedem hier, deinen
eingeschlossen. Ich wäre dir wirklich überaus dankbar, wenn
du einfach nur eine Weile die Klappe halten würdest! Unsere erste Priorität ist jetzt das Überleben. Und
gleich danach kommt für mich das Ziel, Verbindung mit den Leuten
aufzunehmen, die ich hier besuchen will. Das dritte Ziel besteht
darin, in die Zivilisation zurückzukehren. Kannst du mir so weit
folgen? Deine Behörden gibt es nämlich nicht mehr,
jedenfalls nicht solche, wie du sie dir vorstellst. Die sind gerade
durch rund tausend Jahre Fortschritt, die in nicht mal dreißig
Tagen auf sie eingestürmt sind, entmachtet worden. Und falls
dein Kurator vor Ort immer noch an seinem Schreibtisch sitzt, hat ihn
der Zukunftsschock vermutlich in Katatonie versetzt. Die Zivilisation
dieses Planeten ist in ein völlig neues Stadium eingetreten. Die
Kolonie existiert nicht mehr, sie war einmal. Und so ziemlich die
Einzigen, die mit diesen großen Veränderungen umgehen
können, sind die Leute, die ihr als Dissidenten bezeichnet. Und
selbst was diese Menschen betrifft, bin ich nicht sonderlich
optimistisch. Derzeit sind wir hier diejenigen, auf die du
noch am ehesten

Weitere Kostenlose Bücher