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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Verteidigung des Kuratorenbüros überlebt, denn die
Gerätschaften des Kurators lagen alle noch griffbereit da.
    Er blieb kurz stehen, um den Kausalkanal zu überprüfen,
der Notsituationen vorbehalten war: Dessen Energiereserven waren
völlig erschöpft, obwohl der Bandbreitenmonitor noch mehr
als fünfzig Prozent freier Kapazität anzeigte. Nachdem sich
seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt hatten, bediente
er sich unbekümmert der Insektizide, die von Beck gehortet
hatte. Er sprühte sich damit ein, bis ein Blauschleier in der
Luft ihm den Atem nahm. Gleich darauf griff er nach einem kleinen
Gegenstand, auf dessen Besitz, sofern man nicht dem
Kuratorenbüro angehörte, die Todesstrafe stand. Danach
verließ er das Zimmer, sperrte hinter sich ab und widmete sich
wieder den Aufgaben, die er als Diener des Admirals zu erfüllen
hatte.
    Währenddessen war die orientierungslose Schar vor dem
Herzoglichen Palast zu einer großen Menge angewachsen.
Ängstliche, bedrückte Gesichter starrten ihn an: die
Gesichter von Menschen, die, ihres Platzes in der überlieferten
Ordnung beraubt, nicht mehr wussten, wer sie eigentlich waren. Es
waren verwirrte Menschen, die verzweifelt nach irgendeiner Form von
Sicherheit suchten. Zweifellos waren viele darunter, die sich
ursprünglich den Dissidenten im Untergrund angeschlossen hatten.
Viele andere mochten die einzigartigen Bedingungen seit der Ankunft
des Festivals dazu genutzt haben, ihre persönlichen
Fähigkeiten bis ins Maßlose zu steigern. Selbst wenn das
Festival morgen verschwinden sollte, würde dieser vormals
rückständige Planet noch auf Jahre hinaus von Dämonen,
Zauberern, sprechenden Tieren und weisen Frauen bevölkert
sein.
    Allerdings hatten sich manche dagegen gewehrt, die menschliche
Existenz zugunsten erweiterter Fähigkeiten und
Möglichkeiten aufzugeben. Was sie erstrebten, war ein Leben, in
dem alles den gewohnten, sicheren Gang nimmt. Und genau dieses Leben
hatte ihnen das Festival genommen.
    War das ein Armeemantel, der hinten auf dem Platz hervorlugte?
Sein Träger war ein bleicher, halb verhungerter Mann, den Robard
unter anderen Umständen für einen Straßenräuber
gehalten hätte. Doch in dieser Situation war es ebenso gut
möglich, dass er das letzte loyale Relikt eines Regiments
darstellte, das massenweise desertiert war. Vorschnelle Urteile waren
hier fehl am Platz.
    Als Robard den Blick in die Ferne wandte, fiel ihm auf, dass
einige hundert Meter weiter Staub aufwirbelte. Hm.
    Die große Eingangshalle führte bis zu der Haupttreppe,
dem Ballsaal und mehreren kleineren, intimeren Zimmern. Normalerweise
hätte ein Diener wie Robard den kleinen Seiteneingang genommen,
doch heute schritt er durch die riesigen Türen, die sonst dem
Empfang von ausländischen Botschaftern und Edelleuten des
Reiches vorbehalten waren. Niemand bemerkte, wie er mit staubigen
Schuhen den Raum durchquerte und Schmutz auf den zersprungenen
Fliesen hinterließ, während über seinem Kopf der
zerschlagene Kronleuchter wackelte. Ohne irgendwo stehen zu bleiben,
steuerte er den Eingang zur Sternenkammer an.
    »… und die andere Lammkeule. – Verdammt noch mal,
können Sie nicht anklopfen, Mann?!«
    Robard blieb im Eingang stehen. Der Admiral, der am Schreibtisch
des Gouverneurs saß, war gerade damit beschäftigt, sich an
einer kalten Platte gütlich zu tun – an einer
tatsächlich überaus kalten Platte mit gut gekühltem
Büchsenfleisch und eingelegten Gürkchen, sämtliche
Vorräte, die Robard im Keller aufgestöbert hatte.
Kommandeur Leonow und zwei Stabsoffiziere standen in
militärischer Haltung neben ihm.
    »Die revolutionären Truppen sind im Anmarsch, Sir. Uns
bleiben rund fünf Minuten zu entscheiden, ob wir kämpfen
oder verhandeln wollen. Darf ich vorschlagen, dass Sie Ihre Mahlzeit
später fortsetzen, wenn wir uns mit den Truppen befasst
haben?«
    »Sie dahergelaufener Kerl!«, fuhr Leonow ihn an.
»Wie können Sie es wagen, hier einfach so hereinzuschneien
und den Admiral zu stören? Raus!«
    Robard streckte die linke Hand hoch und drehte sie so, dass die
Karte, die er hielt, zu erkennen war. »Kommt Ihnen das bekannt
vor?«
    Leonow wurde blass. »Ich… ich…«
    »Ich hab keine Zeit für irgendwelche
Mätzchen«, sagte Robard kurz angebunden. Und zum Admiral
gewandt: »Also, Eure Lordschaft?«
    Kurtz starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Wie
lange geht das schon?«
    Robard zuckte die Achseln. »So lange, wie ich in Ihren
Diensten stehe, Eure

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