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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Könnt ihr mir so
weit folgen? Aber das wirkliche Problem ist Gott. Die haben vor,
gegen das dritte Gebot zu verstoßen.«
    Boursy, der verwirrt aussah, bekreuzigte sich. »Was, die
wollen den Heiligen Vater und die Heilige Mutter beleidigen? Meine
Familie…«
    »Nein, ich meine das Gebot, das besagt: PFUSCHE NICHT AN DER
GESCHICHTE HERUM, SONST… Gezeichnet von Gott, mit freundlichen
Grüßen. Das dritte Gebot, das mit zehn Meter hohen und
zwei Meter breiten Buchstaben in den Danksagungsfelsen gebrannt ist,
kapiert?«
    Boursy wirkte skeptisch. »Könnte ja auch irgendein
Scherzkeks im Orbit gewesen sein, der einen Primärphasenlaser
mit ungebundenen Elektronen benutzt hat…«
    »So was gab’s ja damals noch gar nicht. Manchmal bringst
du mich echt zur Verzweiflung, ganz im Ernst. Hör mal, Tatsache
ist doch, dass wir – bei allen Feuern der Hölle – gar
nicht wissen, was uns in Rochards Welt erwartet. Deshalb schleichen
wir uns ja auch von hinten ran, wie der Bauer in der Geschichte mit
den Elefanten, der sie mit einem Spiegel jagen geht, weil er noch nie
einen gesehen hat. Und dann bekommt er solche Angst, dass…«
Aus dem Augenwinkel bemerkte Grubor, dass Sauer – inoffiziell
der Politische Offizier des Schiffes – zur Tür
hereinkam.
    »Wen nennst du hier einen feigen Bauern?«, knurrte
Boursy und blickte ebenfalls zur Tür. »Ich kenne den
Kapitän schon seit siebenundachtzig Jahren, er ist ein guter
Mann! Und was den Admiral betrifft: Willst du den etwa als Memme
bezeichnen?«
    »Nein, ich versuche ja nur aufzuzeigen, dass wir alle vor
diesem oder jenem Angst haben und…« Grubor deutete mit dem
Mittelfinger nach unten.
    »Willst du mich etwa als Schwuchtel beleidigen?«,
polterte Boursy los.
    »Nein, tu ich doch gar nicht!«, brüllte Grubor
zurück. Überall im Raum brach spontaner Applaus aus, und
einer der jüngeren Kadetten begann auf dem mechanischen Klavier
einen zackigen Marsch zu spielen. Leider zeichnete sich sein
Klavierspiel eher durch Begeisterung als durch melodiöse
Harmonie aus. In kürzester Zeit verwandelte sich die
Offiziersmesse in eine Kampfarena, in der sich diejenigen, die den
Kadetten mit Aufmunterungen unterstützten (was wenige waren),
mit allen übrigen anlegten, die ständig
dazwischenriefen.
    »Es kann ja gar nichts schief gehen«, sagte Boursy
selbstgefällig. »Wir segeln zu Rochards Welt, zeigen
Flagge, und dann können diese degenerierten fremden Invasoren
ihre Koffer packen. Du wirst schon sehen. Nichts wird schief
gehen… äh… schief gegangen sein.«
    »Also, ich weiß nicht.« Kravchuk, normalerweise so
verschlossen, dass es schon an Autismus grenzte, gestand sich ein
bisschen Lockerheit zu, wenn er mit seinen Offizierskameraden in
kleinem Kreis etwas trank. »Diese ausländische Tussi, diese
Spionin, Diplomatin oder was sie auch sein mag, die soll uns doch im
Auge behalten, stimmt’s? Ich versteh nicht, warum der
Kapitän das so locker nimmt. Ich würd sie eher durch die
Ladeklappe am Heck nach draußen befördern als zulassen,
dass sie unsere gute Luft atmet.«
    »Die steckt aber irgendwie mit drin«, erwiderte Boursy.
»Ich wette, sie will auch, dass wir siegen – würde
doch verdammt blöde aussehen, wenn wir’s nicht täten,
oder? Jedenfalls hat die Frau irgendeine Art von Diplomatenstatus.
Die darf ihre Nase überall hineinstecken, wenn sie
will.«
    »Ha, aus meinen Abschussvorrichtungen hält sie ihre Nase
besser heraus, sonst erfährt sie, wie die Startschleudern von
innen aussehen.«
    Grubor streckte die Beine aus. »Genau wie der Hund von
Helsingus, wie?«
    »Helsingus hat einen Schoßhund?« Boursy war
plötzlich ganz Ohr.
    »Hatte, das ist vorbei. Einen Zwergschnauzer, nicht
größer als sooo.« Grubor deutete mit den Händen
einen Abstand an, der unglaublich klein war. »Ein Wiesel von
Tier, winzig, aber mit Rattenhirn und ewig schlecht gelaunt. Hat
immer wie ein Bootsmann nach durchzechter Nacht gekläfft und
sich angewöhnt, in den Gang zu kacken, um sein Revier zu
markieren. Und niemand hat was gesagt – niemand konnte was
sagen.«
    »Und was ist passiert?«, fragte Boursy.
    »Oh, eines Tages hat er die falsche Tür erwischt, als er
draußen kacken wollte. Zufällig kam der Alte schnell aus
seiner Kabine und ist mitten in die Hundekacke getreten, denn der
Rekrut, den ich hingeschickt hatte, um die verdammte Scheiße
aufzuwischen, war noch nicht da gewesen. Ich hab nur davon
gehört, aber den Hund hab ich nie wieder gesehen. Ich glaub,

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