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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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auch
als Weg dorthin, später größere Mengen von Materie
mit Überlichtgeschwindigkeit zu transportieren, obwohl das als
nicht so wichtig angesehen wurde wie die Anwendung in der Informatik.
Bereits im zwanzigsten Jahrhundert hatte die Allgemeine
Relativitätstheorie deutlich gemacht, dass sowohl Reisen mit
Überlichtgeschwindigkeit als auch Zeitreisen eine Verletzung der
Kausalität voraussetzen – das Gesetz, nach dem jede Wirkung
eine vorhergehende Ursache haben muss. Verschiedene
einschränkende Maßnahmen und Gesetze zur kosmischen Zensur
wurden vorgeschlagen und wieder verworfen. Stattdessen bemühte
man sich zu erklären, warum die Verletzung der Kausalität
keineswegs zu einer weit greifenden Instabilität im Universum
führen würde… All diese Erklärungen wurden durch
die Singularität widerlegt.
    Rund neun Milliarden Menschen verschwanden einfach im Bruchteil
einer Sekunde, wurden aus dem beobachtbaren Universum so
herausgeschleudert, dass nichts darauf hinwies, wo sie abgeblieben
waren. Seltsame undurchdringliche Objekte, vor allem
Vierflächner, also dreiseitige Pyramiden, hier und da aber auch
aus Polygonen mit gleichen Seitenlängen zusammengesetzte Gebilde
wie Tetraeder, Hexaeder, Oktaeder, Dodekaeder und Ikosaeder,
masselose Körper, die silbern glitzerten, tauchten verstreut auf
der Oberfläche von Planeten des inneren Sonnensystems auf. Die
Netzwerke brachen zusammen. Eine Botschaft kristallisierte sich in
dem von Informationen gesättigten Pool des menschlichen
Diskurses heraus:
     
Ich bin das Eschaton. Ich bin nicht euer Gott.
Ich stamme von euch ab und existiere in eurer Zukunft.
Ihr sollt innerhalb meines historischen Lichtkegels nicht die
Kausalität verletzen. Wehe, wenn doch.
     
    Die bestürzten Überlebenden brauchten zwanzig Jahre, um
nach der Katastrophe wieder irgendwelchen Boden unter den
Füßen zu gewinnen, denn neun Zehntel der arbeitenden
Bevölkerung waren verschwunden und die komplizierten,
miteinander verwobenen Öko- und Wirtschaftssysteme wie entlaubte
Urwälder zusammengebrochen. Weitere fünfzig Jahre brauchten
sie dazu, das innere Solarsystem zu reindustrialisieren. Zehn Jahre
später begannen die ersten Versuche, den neuen/alten Durchbruch
im »Tunneln« für Interstellarreisen nutzbar zu
machen.
    Mitte des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts erreichte eine
Forschungsmission Barnards Stern. Es wurden schwache Funksignale von
dem kleinen zweiten Planeten entschlüsselt; die Besatzung des
Forschungsschiffs erfuhr, was mit den Menschen geschehen war, die das
Eschaton von der Erde entfernt hatte. Jenseits des Lichtkegels der
Erde quer durchs Universum verstreut, hatten sie unfreiwillig
tausende von Welten in Besitz genommen. Sie waren durch
Wurmlöcher entführt worden, die sowohl rückwärts
in der Zeit, also in die Vergangenheit, als auch hinaus ins All
führten, hatten minimale Unterstützung durch
Roboterfabriken erhalten und waren in einer Umwelt gelandet, deren
Luft sie atmen konnten. Manche der bewohnten Welten nahe der Erde
verfügten über eine recht kurze Geschichte, aber weiter
draußen betrug der zeitliche Abstand viele Jahrhunderte.
    Überall dort, wo sich menschliche Zivilisationen weit
jenseits der Erde angesiedelt hatten, sollte der von dieser
Entdeckung ausgelöste Schock noch tausend Jahre lang nachwirken.
Aber alle bewohnten Welten hatten eines gemeinsam: Irgendwo gab es
ein Denkmal, auf dem der ausdrückliche Befehl, die
Kausalität nicht anzutasten, festgeschrieben war. Offenbar
interessierten sich Mächte, die der menschliche Verstand nicht
erfassen konnte, für die Angelegenheiten der menschlichen
Spezies und wollten es jeden wissen lassen.
    Aber wenn gewisse Handlungen ausdrücklich verboten sind, wird
unvermeidlich irgendjemand auftauchen, der sie versuchsweise
unternimmt. Und das Eschaton zeigte kaum Anzeichen von
Verständnis für die dunklere Seite der menschlichen
Natur…
     
    In purpurrotes Leuchten getaucht, das von den Überresten
eines verglühenden Sterns verbreitet wurde, lag der
Schlachtkreuzer still da. Pünktlich zu jeder vollen Stunde
flackerte sein Laserraster auf und schickte einen Impuls
ultravioletten Lichts in die Leere. Eine Gruppe kleiner
Gerätschaften zur Messung der Interferenz, durch Laser-Links
hoher Bandbreite miteinander verbunden, trieb in der Nähe
vorbei. Der Raum draußen war heiß: Obwohl im Mittelpunkt
des Hitzekerns kein Stern mehr funkelte, spuckte irgendetwas da
drinnen einen Regen geladener Teilchen aus.
    Die

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