Singularität
Tag
legen!«
»Das mag wahr sein.« Behutsam drückte Rubenstein
zum dritten Mal auf den Summer unter seinem Schreibtisch. Warum
funktioniert er nicht?, fragte er sich. »Aber was willst du
hier, bei mir?«
Siebente Schwester entblößte die Zähne und
grinste. »Ich komme, um Kritik zu liefern.« Ihre
purpurroten tränenförmigen Augen konzentrierten sich auf
ihn, während sie sich hochrappelte, wobei unter ihrer
schlammig-braunen Haut dicke Muskelstränge spielten. Auf dem
Kopf der Kritikerin stellten sich rötliche Haarstoppeln steil
auf und schwankten hin und her. »Deine Wachen antworten nicht.
Ich kritisiere. Du kommst: JETZT!«
In der Einsatzzentrale an Bord der Lord Vanek ging es ruhig
zu, geradezu entspannt im Vergleich zu der fast panischen Aufregung,
die beim Zwischenfall am Wolf Depository geherrscht hatte. Trotzdem
hätte niemand die Situation mit der auf einer Kreuzfahrt in der
Heimatwelt verwechseln können – schon deswegen nicht, weil
Ilja Murametz am Heck stand und alles aufmerksam beobachtete und der
Kapitän wenigstens zweimal am Tag vorbeischaute. Zwar nickte er
ihnen von der Tür aus nur kurz zu, aber er ließ sie
wissen, dass er da war. Und selbst der Admiral tauchte hin und wieder
auf und blickte wie ein Mahnmal, das an den letzten Krieg erinnert,
von seinem Rollstuhl aus finster zu ihnen herüber.
»Abschließendes Manöver kann in einer Stunde
losgehen«, verkündete der Steuermann.
»Macht weiter, wie vorgesehen.«
»Machen weiter, wie vorgesehen, zu Befehl. Aufklärung?
Jetzt seid ihr am Ball.«
»Sind bereit und warten.« Leutnant Marek drehte sich auf
seinem Stuhl herum und warf Ilja einen forschenden Blick zu.
»Möchten Sie die Drohne inspizieren, Sir?«
»Nein, falls es nicht klappt, weiß ich ja, wen ich
verantwortlich machen muss.« Ilja lächelte dabei, um seinen
Worten die Schärfe zu nehmen. Allerdings hatten seine gebleckten
Zähne eher den Effekt, dass er wie ein in die Enge getriebener
Wolf wirkte. »Startprofil?«
»Festgesetzt auf minus zehn Minuten, Sir.«
»Alles klar. Lasst das Selbsttestprogramm nochmals
durchlaufen, kann nicht schaden.« Alle waren nervös, da sie
nicht sicher wussten, ob der stählerne Reflektor, den sie
aufgefangen hatten, tatsächlich zur Zeitkapsel aus der
Heimatwelt gehörte. Vielleicht würde es ihnen die Drohne
verraten, vielleicht auch nicht. Doch je länger sie warteten,
desto nervöser wurden sie. Und je nervöser sie wurden,
desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie Fehler
machten.
»Sieht meiner Meinung nach gut aus. Maschinenkraft auf rund
ein Prozent vermindert. Treibstofftanks gefüllt, die
Leckagesicherung und Trenner der Versorgungsleitungen aktiviert und
bereit, der Satz von Instrumenten ist auf allen Kanälen laut zu
hören. Bin bereit, den Start vom Schiffsrumpf aus zu
veranlassen, wann immer Sie es befehlen, Sir.«
»Also dann.« Ilja holte tief Luft. »Wer immer die
Dinger im Auge hat: Sagen Sie denen, dass es gleich losgeht. Setzen
Sie die Dinge in Gang.«
Nahe am Schiffsheck, weit unterhalb der Antriebskammer und
Lagerräume, lagen mehrere Luftschleusen. Einige waren klein und
als Notausgänge für die Besatzung vorgesehen, andere
größer. Die größeren beherbergten ganze
Dienstfahrzeuge wie den Shuttle zur Raumstation. In einer Bucht, der
größten von allen, befanden sich zwei
Aufklärungsdrohnen: Roboter von dreihundert Tonnen, die imstande
waren, ein ganzes Sternsystem zu erforschen oder die Monde eines
Gasriesen zu kartieren. Die Drohnen konnten zwar keinen
Gravitationsantrieb tragen (kein Ding, das viel kleiner als ein
Zerstörer war, schaffte das), aber sie beschleunigten immerhin
mit der beachtlichen Geschwindigkeit von einem Zwanzigstel g, und zwar gestützt auf eine nuklear-elektrische Ionenrakete,
und behielten die Geschwindigkeit tatsächlich sehr lange bei.
Wenn schnellere Flüge erforderlich waren, konnte man sie mit
einem Kernspaltantrieb ausrüsten, der von einem
Salz-Wasser-Gemisch gespeist wurde und mit dem auch die
Langstreckentorpedos der Lord Vanek ausgestattet waren.
Allerdings waren diese Raketenantriebe eine recht unsaubere und
ineffiziente Sache und überhaupt nicht für die heimliche
Kartierung eines Planetensystems geeignet.
Jede der Drohnen verfügte über einen Instrumentensatz,
der mit mehr Sensoren gespickt war als jede Aufklärungssonde,
die während des zwanzigsten Jahrhunderts von der Erde gestartet
war. Diese Ausstattung erinnerte an die Aufgabe, für die die Lord
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