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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Vanek angeblich erschaffen worden war, nämlich an
das halb ironisch formulierte Ziel, das im Nutzerzertifikat
festgehalten war: in Galaxien vorzustoßen, die nie ein Mensch
zuvor gesehen hat, auf lange währenden Missionen neue
Sternsysteme zu kartieren und im Namen des Kaisers Anspruch auf sie
zu erheben. Wenn eine Sonde in einem unbewohnten System ausgesetzt
wurde, konnte sie es innerhalb von zwei Jahren kartieren und einen
vollständigen Bericht abliefern, sobald der Schlachtkreuzer vom
eigenen Bestimmungsort zurückkehrte. Für die Kartographen
der Kolonie stellten die Sonden wesentliche Multiplikatoren dar, denn
mit ihrer Hilfe konnte ein Forschungsschiff drei Systeme gleichzeitig
erkunden.
    Tief im Schiffsbauch der Lord Vanek erwachte Sonde 1 jetzt
aus ihrem zweijährigen Schlaf. Eine Gruppe von Rekruten beeilte
sich unter dem wachsamen Blick von zwei Obermaats, die schweren
Treibstoffröhren abzukoppeln und die Inspektionsluken zu
schließen. Das Innere der Sonde 1, die in einem mit Blei
verkleideten Sarg ruhte, war so mit Reaktionsmasse und flüssigen
Wasserkühlungsmitteln gefüllt, dass es darin gurgelte und
pfiff. Der kompakte Fusionsreaktor summte leise, während seine
Stoßwellenbeschleuniger mit einem Tempo, das knapp unter
Lichtgeschwindigkeit lag, eine Mischung aus Elektronen und Pionen in
einen Strom aus Lithium-Ionen pumpten; Neutronen spalteten sich ab,
sickerten in den Mantel von Wasserrohren, wärmten sie auf und
versorgten den geschlossenen Kreislauf des Kühlsystems mit
Druckwellen. Die zusätzlichen Solargeneratoren, die bei dieser
Mission demontiert waren, da sie nicht gebraucht wurden, lagen
eingehüllt an einem anderen Ende der Sondenbucht.
    »Noch fünf Minuten. Startbucht meldet, dass mit dem
Hauptreaktor alles klar ist. Der Tanktrupp hat die
Treibstoffschläuche abgeklemmt; berichtet, dass der Tankdruck
stabil ist. Ich warte noch auf die abschließende Meldung der
Abteilung Telemetrie.«
    »Macht weiter.« Geduldig sah Ilja zu, wie Mareks Gruppe
die fortschreitende Startprozedur überwachte. Als die Tür
zur Einsatzzentrale aufglitt, blickte er sich kurz um; aber es war
weder der Kapitän noch der Geschwaderführer, sondern nur
die Spionin – nein, Diplomatin – von der Erde. Die seiner
Ansicht nach mit ihrer Anwesenheit den anderen nur Luft und Platz
wegnahm, auch wenn er Gründe dafür sah, dass der Admiral
und sein Stab sie nicht unbedingt daran hindern mochten, ihre Nase
überall hineinzustecken.
    »Was für ein Start wird hier vorbereitet?«, fragte
sie kurz angebunden.
    »Der Start einer Aufklärungsdrohne.«
    »Und was wollen Sie aufklären?«
    Er drehte sich um und starrte sie an. »Meines Wissens hat man
mir nicht mitgeteilt, dass Sie hier – abgesehen von unseren
militärischen Aktionen – irgendetwas inspizieren
dürfen«, bemerkte er.
    Die Inspektorin zuckte die Achseln, als versuche sie, die
Beleidigung zu ignorieren. »Wenn Sie mir sagen würden,
wonach Sie Ausschau halten, könnte ich Ihnen vielleicht helfen,
es zu finden.«
    »Wohl kaum.« Er wandte sich um. »Der Stand,
Leutnant?«
    »Noch zwei Minuten. Telemetrie hat abschließende
Meldung gemacht, ist startklar. Ah, wir haben jetzt auch die
Bestätigung von der Bordkontrolle, dass sich da drinnen etwas
tut. Warten noch auf Leckagecheck der Schlingerwand, Startgleis wird
hochgefahren, Druckverminderung in der Bucht folgt in sechzig
Sekunden.«
    »Also geht’s um diese Nachrichtenkapsel«, bemerkte
die Inspektorin leise. »Hoffen Sie auf einen Brief von zu Hause,
Kommandeur?«
    »Sie gehen mir auf die Nerven«, sagte Ilja fast
beiläufig. »Das ist keine gute Idee, würde ich sagen.
Ja, da drüben, Sie dort! Den Stand bitte.«
    »Fortschreitender Druckabfall in der Druckkammer.
Äußeres Starttor öffnet sich… Sammelschiene
für den Start aktiviert, Sonde wechselt auf interne
Energiezufuhr, schaltet jetzt um. Ist jetzt auf sich selbst gestellt.
Start in einer Minute. Letzter Selbsttest vor dem Start
läuft.«
    »Es gehört zu meiner Arbeit, unangenehme Fragen zu
stellen, Kommandeur. Und die wichtige Frage, die ich jetzt stellen
muss, lautet…«
    »Ruhe, bitte!«
    »Ist das künstliche Objekt, das Sie bergen wollen, durch
Befehl Ihrer eigenen Admiralität dorthin gelangt oder steckt das
Festival dahinter?«
    »Start in drei-null Sekunden«, verkündete Leutnant
Marek in die Stille hinein. »Hat es etwas mit dem zu tun, was
ich gesagt habe?«, fragte er danach.
    »Wovon reden Sie?«, fragte Ilja die

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