Sinnliche Eroberung
Allegra befand, ließ ihn nicht mehr los. Er beobachtete schweigend, wie die junge Schönheit den Kopf zurückwarf und in herzliches Gelächter ausbrach. Sie besaß eine Natürlichkeit, die ihn, zusätzlich zu ihrer offensichtlichen Jugend, unwiderstehlich anzog.
Diana, die sich des durchdringenden Blickes aus schwarzen Augen nicht bewusst war, konnte sich kaum mehr halten vor Lachen über die verrucht-scherzhaften Bemerkungen Allegras. Im Moment sprachen sie gerade über einen der eher sonderbaren Ballgäste. Als Diana beobachtete, wie die Leute mit einem Mal vor der Herzogin von Cork in ihrem arabischen Suitanakostüm zurückwichen, bemerkte sie mitfühlend: »Sie mag ja exzentrisch sein, aber doch sicher harmlos?«
»Tatsächlich ist sie mörderisch«, meinte Allegra amüsiert. »Sie unterstreicht ihre Rede mit Furzen. Ihr rektales Repertoire ist geradezu erstaunlich. Treten Sie ruhig ein bißchen näher, dann können Sie's hören.«
Diana neigte ihr Ohr in Richtung Suitana und hörte, wie sie zu Cumberland sagte: »Höchste Zeit, daß die endlich dieses neue Parlamentsgesetz durchbringen. Der König ist stinkwütend!!!« Und tatsächlich, die Herzogin akzentuierte ihre Aussage mit einer lauten Kanonade von Ausrufezeichen.
Diana wich hastig zurück, und Allegra wedelte sich mit ihrem großen Straußenfedernfächer lässig aber effektiv Luft zu. Diana hielt sich hilflos den Bauch und prustete: »Welchen Rat würde Dame Lightfoot ihren Schülerinnen zum Thema Darmwind geben?«
Allegras Gesicht nahm den strengen Ausdruck von Dame Lightfoot an. »Die Geräusche sind unter allen Umständen zu ignorieren, sowohl vom Täter als auch vom Opfer.«
Diana musste ihre Maske anheben, um sich die Lachtränen aus dem Gesicht zu wischen.
Als sie das tat, erhaschte der Herzog von Bath einen Blick auf ein Paar strahlend blauer Augen, die ihm förmlich den Atem raubten. Er verfolgte seine Beute mit der Zielstrebigkeit eines Panthers. Als er nahe genug war, um zuzuschlagen, streckte er seine großen, schlanken Männerhände aus, umfaßte Dianas schmale Taille und hob sie mühelos auf die niedrige Plattform hinter ihr. »Eine Göttin verdient es, auf einem Podest zu stehen«, sagte er in lässigem Ton.
Diana rang nach Luft, als der Fremde sie so unversehens anfaßte. Er war so groß, daß sie ihn nur um ein weniges überragte. Sie starrte in schwarze Augen, die ihre spärlich bekleidete Erscheinung unverfroren musterten.
»Stellen Sie mich vor, Allegra«, befahl er.
»O nein, Sie unverschämter Satansbraten. Sie ist kein Leckerbissen, den Sie mit Ihrem unersättlichen Appetit verschlingen können.«
»Ich verspreche, sie zu genießen. Wie an einem guten Wein werde ich an ihr nippen, sie auf meiner Zunge zergehen lassen, noch einen Schluck nehmen und noch einen und noch einen, bis ich meinen Durst gestillt habe.«
Allegra war sprachlos. Sie konnte wohl schlecht Lady Diana Davenports Identität dem Herzog von Bath gegenüber preisgeben.
Diana war alles andere als sprachlos. Er hatte ihren Zorn entfacht und sie schäumte, was ihre Zunge beträchtlich lockerte. »Sie dreckiger Lüstling! Stillen Sie Ihren Durst woanders!« Ihr Fuß schoß vor und stieß ihn kräftig gegen das Schienbein. Leider boten ihre goldenen Sandalen keinerlei Schutz, als ihre Zehen gegen harte Knochen und noch härtere Muskeln stießen. »Autsch!« schrie sie.
Der Herzog packte mit einer raschen Bewegung ihren Fuß. Es freute ihn, daß der Schmerz, der ihm zugedacht gewesen war, sie selbst traf. Er hielt ihren Fuß fest umklammert und ließ den Blick langsam an ihrem langen Bein hinaufgleiten.
Außer sich vor Wut riß sie einen der kleinen Pfeile aus dem goldenen Köcher auf ihrem Rücken und stach in die Hand, die ihren Fuß umklammert hielt. Als er sie immer noch nicht losließ, versetzte sie ihm einen zweiten Stich, härter diesmal. Da gab er sie zwar frei, fuhr aber mit der Hand über ihr Bein bis hinauf zu ihrem Oberschenkel, bevor er endlich zurücktrat.
Diana lief krebsrot unter ihrer Maske an. Auf einmal bekam sie Angst vor diesem Giganten, der ihren Körper betatschte, als ob er zu seinem persönlichen Amüsement zur Verfügung stünde. Verzweifelt blickte sie sich nach Allegra um, doch die Dame war leider nirgends mehr zu sehen. Auf der Plattform wimmelte es inzwischen von Frauen in den unterschiedlichsten Kostümen. Eine Ballettänzerin wurde an eine Schäferin gedrückt, die wiederum einen Engel beiseite schubste.
Die Göttin der Jagd
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