Sinnliche Eroberung
hin, um nach Diana zu sehen. Richard Davenport und seine Frau empfingen mich im Salon und sagten, sie wollten besser verstehen, was mit Diana geschehen sei und ob sie wieder ganz gesund würde. Ich erklärte ihnen noch einmal, daß ihre Nichte glaubte, in eine andere Zeit versetzt worden zu sein, und riet ihnen, sie zum Sprechen zu ermuntern. Als ich bat, meine Patientin sehen zu dürfen, sagten sie, daß sie sich noch auf Hardwick Hall aufhielte.«
»War das alles, was sie sagten, nicht mehr?«
»Nun, Prudence bat mich noch, alles strikt vertraulich zu behandeln. Vermutlich würde sie sich lieber lebendig begraben lassen, als zum Gegenstand des allgemeinen Klatschs und Tratschs zu werden.«
»Sie wollen die ganze verdammte Angelegenheit geheimhalten, weil sie etwas im Schilde führen!« Mark stieß einen gotteslästerlichen Fluch aus.
Du bist in sie verliebt , dachte Charles. Es ist also doch passiert!
Mark kippte seinen Brandy hinunter. »Ich werde sie finden.« Er verkündete es mit solcher Entschlossenheit und Uberzeugung, daß Charles ihm aufs Wort glaubte.
»Wenn ich irgendwie helfen kann, sag mir Bescheid.«
Um halb sechs Uhr morgens klopfte Mark an die anderen Haustüren am Queen Square. Er fand lediglich, daß die Davenports weder ihre eigenen Diener mitgebracht, noch das Personal angeheuert hatten, das normalerweise zum Haus gehörte. Keiner hatte eine junge Lady kommen oder gehen sehen.
Als nächstes suchte der Herzog das Vermietungsbüro auf. Als man sich weigerte, Auskünfte über die Kundschaft zu erteilen, schlug er eine andere Taktik an und mietete das Haus für einen ganzen Monat. Mit den Schlüsseln fest in der Hand kehrte er dann zum Queen Square zurück und durchsuchte das Haus vom Keller bis zum Dach, um irgendeinen Hinweis auf Diana zu finden.
Aber dabei kam nichts heraus. Was ihm jedoch auffiel, war ein eigenartiger Geruch in den Räumen im Erdgeschoß, den er nicht gleich identifizieren konnte. Er kannte diesen Geruch, wusste allerdings nicht mehr, wo er ihn angetroffen hatte. Es war ein klinischer Geruch, nicht gerade giftig, aber eindeutig unangenehm. Zögernd ver schloss er das Haus wieder und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche.
Als seine Hand auf Dianas Ohrringe stieß, schloss er einen Moment lang die Augen und dachte daran, wie sie sie abends abgelegt hatte. Er wollte sie wieder bei sich, wieder in seinem Leben haben. Sie war ein Teil von ihm geworden. Tief im Herzen war er davon überzeugt, daß sie ihn nie freiwillig verlassen hätte. Wenn sie wirklich davongelaufen war, dann nicht vor ihm, sondern entweder vor ihren Vormündern oder vor Peter.
Mark Hardwick be schloss , jeden Mietstall in Bath aufzusuchen. Kutschen nach London, Bristol und in jede andere größere Stadt fuhren täglich ab. Wenn Diana ein Billett gekauft hatte, dann würde er es herausfinden. Er begann seine Suche bei Christopher in der High Street, ging dann zum Bear und zum White Heart. Als er schließlich die Kutscher in Saracen's Head in der Broad Street befragte, verzagte er langsam.
Beim Angel in der Westgate Street, einem der größten Fuhrunternehmen der Stadt, erfuhr er, daß die Davenports hier ihre eigenen Pferde samt Droschke untergestellt hatten. Keiner konnte sich jedoch erinnern, eine junge Frau gesehen zu haben.
Enttäuscht raufte er sich die Haare. Dann fiel es ihm plötzlich ein. Opium! Was er in dem Haus am Queen Square gerochen hatte, ähnelte den schweren Dünsten von Opium! Gott im Himmel, was hatten sie mit ihr gemacht?
35. Kapitel
Diana verbrachte die Nacht zusammengekauert an die Wand gelehnt. Am nächsten Morgen konnte sie kaum noch atmen. Ihre Arme waren so fest über ihrer Brust verschnürt, daß sie das Gefühl hatte, ersticken zu müssen. Sie schwor sich, wenn sie ihr die Zwangsjacke abnahmen, würde sie ihnen nie wieder einen Grund geben, sie ihr nochmals anzulegen.
Schließlich erschienen die beiden Wärterinnen, die sich schon gestern ihrer angenommen hatten, in der Tür und brachten ihr frisches Wasser zum Waschen. Sie befreiten sie aus ihrer Folter und ließen sie nackt stehen. Diana wartete, bis sie gegangen waren, bevor sie sich wusch. Sie musste an die modernen Badeeinrichtungen in Aquae Sulis denken, an ihr Gelächter und den Spaß, den sie und Marcus in seinem Schwimmbecken gehabt hatten. Verglichen mit dem römischen Luxus bedeuteten die Waschschüsseln der Neuzeit eine schäbige Armseligkeit.
Die Frauen hatten die Zwangsjacke mitgenommen und sie
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