Sinnliche Eroberung
Zeit zu verlieren hatte?
Schließlich segelte Allegra in all ihrer schwarzen Lockenpracht, Rouge und tief ausgeschnittenem Dekollete ins Zimm'er. »Mark, mein Liebling«, schnurrte sie, »du bist schon seit ewigen Zeiten nicht mehr in London gewesen.«
»Allegra, ich bin mit meinem Latein am Ende. Wie eine Stecknadel suche ich Lady Diana Davenport. Sie ist verschwunden.«
»Ja, seit ungefähr zehn Monaten«, erwiderte Allegra trocken.
»Nein, nein. Ich hatte sie gefunden, aber habe sie wieder verloren. Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnte?«
Allegra lächelte ihn an. »Was für ein entzückendes Geschöpf sie doch war! Offenbar bin ich nicht die einzige, die dieser Meinung ist. Unberechenbar, unkonventionell und vollkommen spontan... aha, du bist also hingerissen von ihr, und es freut mich zu sehen, daß sie dir einiges zu tun gegeben hat!«
»Verdammt, Allegra, ich bin außer mir. Es könnte ihr etwas zugestoßen sein.«
Allegra hob ihre Brauen. »Ich denke, sie ist vollkommen in der Lage, selbst auf sich achtzugeben. Sie war eine Tanzschülerin von Dame Lightfoot, weißt du. Nicht mal von ihr hat sie sich einschüchtern lassen.«
»Dann sollte ich vielleicht mit der alten Dame sprechen?«
Allegra fing an zu lachen. Es war ein kehliges, erotisches Lachen. »Mark, wie kurzsichtig bist du eigentlich?«
»Was denn?« fragte er ungeduldig.
»Dame Lightfoot und ich sind ein und dieselbe Person.«
Einen Moment lang starrte er sie verständnislos an.
»Als Dame Lightfoot habe ich Zugang zu den Heimen der vornehmen Ladies und ihrer unschuldigen Töchter. Als Allegra habe ich die Gentlemen in meiner Tasche.«
Mark Hardwick war nicht erfreut. Seine schwarzen Augen überflogen sie von oben bis unten. Gerade wenn man glaubt, alles über Frauen zu wissen, macht dich eine von ihnen zum Gespött. Vielleicht mehr als eine.
Allegra erfasste Mitleid mit ihm. »Ich werde Augen und Ohren offenhalten, mein Guter. Beide sollten wir das!«
Als der Herzog von Bath nicht mehr wusste , wo er sonst noch hingehen sollte, kehrte er schließlich in sein Stadthaus in der Jermyn Street zurück. Er hatte seit sechsunddreißig Stunden nicht mehr geschlafen und seine Verzweiflung zehrte deutlich an seinen Nerven.
Er benutzte seinen Schlüssel, um die Tür aufzuschließen, und sah sich auf einmal seinem Butler und Mädchen für alles gegenüber, den er immer in seinem Stadthaus beschäftigte, ob er nun dort wohnte oder nicht.
»Guten Abend, Euer Lordschaft.« Der Blick, mit dem er den Herzog ansah, war eine Mischung aus Verdruß und Erleichterung.
»Stimmt etwas nicht, Jefferson?« fragte er verärgert.
Der Diener zögerte und teilte ihm dann mit, daß sein Bruder Peter im Hause weile.
Mark war nicht in der Stimmung für ein brüderliches Zusammentreffen. Er wollte gerade in die Bibliothek gehen, als er etwas wie ein Wimmern aus dem ersten Stock vernahm. Bei allen Göttern, hatte das Schwein Diana entführt und gezwungen, ihn zu heiraten? Als er nach oben blickte, hörte er deutlich das Schluchzen einer Frau. Mark explodierte. Ich bringe ihn um!
Er nahm die Treppe drei Stufen auf einmal und riß die Zimmertür auf. Was er sah, machte ihn ganz krank. Eine junge Dirne war an einen Bettpfosten gefesselt und Peter bearbeitete ihr nacktes Fleisch mit einer Reitpeitsche. Peters hartes Geschlecht schrumpelte zusammen, als ihn die schwarzen Augen seines Bruders voller Verachtung musterten. Der Herzog musste nichts sagen; sein Blick sprach für ihn. Er stand da und wartete, bis Peter die Prostituierte losgebunden hatte und sie sich hastig anzog.
Mark ging in sein Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich ab, damit er nicht doch noch die Beherrschung verlor. Er nahm einen Dekanter mit Brandy und ging damit zu einem Ledersessel. Er setzte den Dekanter an die Lippen und nahm einen tiefen Schluck. Der Brandy brannte die ganze Speiseröhre hinab bis in den Magen. Er hatte immer gewußt, daß Peter eine dunkle Seite besaß. Dieser Rohling war von Blutdurst getrieben, und offenbar endete seine Sucht nicht bei Tieren.
Zynische Gedanken schwirrten durch Marks Schädel, während er den Kristalldekanter wieder an die Lippen hielt. Hatte denn jeder eine versteckte, verworfene Seite? Peter, Allegra... Diana?
Er schüttelte seine Stiefel von den Füßen und öffnete sein Jackett. Die ganze verdammte Welt war ein einziger Misthaufen. Zur Hölle damit und mit allen, die darin leben! dachte er resigniert. Den Dekanter würde er heute bis
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