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Sinnliche Maskerade

Titel: Sinnliche Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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tun hast.«

Kapitel 23
    Alexandra marschierte in ihrer kleinen Zelle auf und ab, zwang ihre kalten, verkrampften Gliedmaßen, sich zu bewegen, und schwang die Arme, so heftig sie nur konnte. Sie hatte einen neuen Kerzenstumpf bekommen, den der alte Wärter ihr mürrisch zugesteckt hatte, als er ihr vor ein paar Stunden Brot und Wasser brachte. Wie immer wünschte sie sich ein Gespür dafür, wie viel Zeit vergangen war. Gegen einen Silbershilling hatte der alte Mann ihr auch eine Schale mit wässrigem Porridge überlassen; aber der Preis für diese niederen Annehmlichkeiten — wenn man sie denn so nennen durfte - stieg von Tag zu Tag, und Alex befürchtete langsam, dass ihr Vorrat an Münzen nicht ausreichen würde, bis sie vor den Richter geführt wurde. Während die Stunden vorüberkrochen, wartete sie immer ungeduldiger auf den Moment, vor dem sie sich bisher so gefürchtet hatte. Alles war besser als diese dunklen Stunden der Untätigkeit, in denen sie nicht wusste, was die Zukunft wohl für sie bereithielt.
    Sie hatte angefangen, ihren Körper zu ertüchtigen, soweit es ihr möglich war, und im Geiste katalogisierte sie die Bibliothek. Regalbrett für Regalbrett rückte sie vor und sah sich systematisch jedes einzelne Buch einpacken und verstauen. Und wenn sie eins vermisste, kehrte sie an den Anfang zurück. Das hielt die Geräusche von ihr fern und verschaffte ihr zumindest die Illusion, dass sie ein Ziel verfolgte.
    Oben auf der Erde über Alexandra filterten die staubigen Fenster die Strahlen der Nachmittagssonne. Marcus Crofton saß am Tisch und spielte gemächlich mit dem Goldsovereign in seinen Fingern, sodass das blasse Licht sich in der Münze fing und den alten Mann, der die Augen nicht von ihr hatte lassen können, verführerisch anblinkte. Der alte Mann wusste nicht, wer ihn besuchte, aber alles an diesem jungen Kerl strahlte Autorität aus.
    »Wie bereits erwähnt, ich bin Sir Stephens Agent«, wiederholte er. Der Tanz der Münze schien den Mann so sehr in den Bann zu schlagen, dass er gar nicht mehr zuzuhören schien. »Sir Stephen wünscht, dass ich die Gefangene sofort sehe.« Er schloss die Finger um die Münze und fixierte den alten Mann mit kaltem, starrenden Blick. »Ich möchte, dass Sie mich zu ihr bringen. Jetzt sofort, wenn es recht ist.« Er warf die Münze in die Luft und fing sie wieder auf.
    »Aye, Sir. Aber ich muss erst den Büttel fragen, Sir. Master Gilby stellt sich mit den Gefangenen immer so an, Sir. Will nicht, dass die Leute runtergehen auf Besuch, wenn er nicht dabei ist. Ich hab keine Befehle, Sir.«
    Marcus lächelte und schnipste die Münze mit dem Daumen fort, sodass sie direkt vor die aufmerksamen Augen des Wärters auf den Tisch fiel.
    »Jetzt schon. Und ich sollte Sie daran erinnern, dass Sir Stephen Douglas es nicht besonders freundlich auffasst, wenn seine Befehle nicht befolgt werden.«
    Der Mann streckte die Hand, die mit einem fingerlosen Handschuh überzogen war, aus und nahm die Münze an sich.
    »Nun, wenn Sir Stephen es befohlen hat, dann ist es bestimmt in Ordnung, Sir.« Er schlurfte zu einem Haken an der Wand, an dem ein Ring mit vielen Schlüsseln hing. »Wenn Sie mir folgen wollen, Sir. Passen Sie auf, wo Sie hintreten, hier ist es dunkel und auch ein bisschen feucht.« Er schnappte sich eine Laterne und hielt sie hoch, als er die schmale Tür am anderen Ende des Zimmers öffnete.
    Marcus blieb ihm dicht auf den Fersen. Steinerne Stufen führten in die Dunkelheit hinab. Das schwankende Licht der Laterne wies ihnen den Weg im langen Korridor, der seitlich von Holztüren begrenzt wurde, die im oberen Bereich alle mit Gittern versehen waren. Das Gewisper, das in der Luft lag, wurde lauter, als das Licht der Laterne von einer Seite zur anderen schwenkte und die vergitterten Fenster der Zellentüren sekundenlang erhellte. Marcus spürte, wie seine Nackenhaare sich aufstellten. An einer Tür in der Mitte des Korridors blieb der Mann stehen, hängte die Laterne an einen Haken und steckte den Schlüssel ins Schloss.
    »Besuch für dich«, rief er hinein und stieß die Tür auf. »Ich muss hinter Ihnen abschließen, Sir. Befehl vom Büttel, Sir.«
    Marcus dachte kurz an Perry, der inzwischen oben in der Kammer angekommen sein musste und auf den alten Mann wartete. Wenn das Glück sie nicht im Stich ließ, würde Perry nur einen einzigen Wärter bewegungsunfähig machen müssen. Er nickte zustimmend und trat mit raschem Schritt in die dämmrige Zelle. Angewidert

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