Sinnliche Maskerade
zum Verkauf steht. Das würde das Interesse anfachen.«
Sir Stephen musterte sie zweifelnd.
»Sind Sie wirklich überzeugt, dass Sie die richtigen Leute kennen, Mistress Hathaway? Sind Sie tatsächlich in der Lage, solche Kontakte herzustellen?«
»Ja, das bin ich, Sir.« Sie warf einen Blick auf Peregrine, dessen ihr zugekehrter Rücken aber nichts verriet. In dem Wissen, dass er lauschte und dass sein heller Verstand die Bedeutung eines jeden einzelnen Wortes abschätzen würde, fuhr sie fort. »Mein Vater hat eine wundervolle Bibliothek besessen, die von zahlreichen Sammlern besichtigt werden durfte. Es gab nichts, was er mehr liebte, als die Freude an seinen Kostbarkeiten zu teilen, und da ich in größter Vertrautheit mit seiner Sammlung aufgewachsen bin, war ich bei solchen Gesprächen stets willkommen. Ich kenne viele interessierte Buchliebhaber. Der Name meines Vaters wird mir die Türen zu einem noch breiteren Käuferkreis öffnen. Ein paar Briefe an ein ausgewähltes Unternehmen, in denen erklärt wird, dass die Sammlung von Combe Abbey in Kürze verkauft werden soll, wird unverzüglich das Interesse wecken.«
Sie konnte beinahe sehen, wie Peregrine die Ohren spitzte, konnte beinahe hören, wie sein Verstand rotierte und nach Fakten suchte, die ihn an irgendein Ziel führen würden.
»Ja, ja ... ja, natürlich. Wettbewerb, wie Sie früher schon erwähnten. Das ist es, was wir brauchen.« Sir Stephen nickte.
Perry hielt den Blick auf den Chaucer gerichtet und lauschte ungläubig, während dieser außergewöhnliche jüngste Auftritt in dem ganzen Theater seinen Lauf nahm. Alexandra schlug also vor, nach London zu reisen. Allein, wie es schien. Hatte sie über ihren Vater die Wahrheit gesagt? Oder handelte es sich nur wieder um eine bunt gemischte Erfindung wie so vieles andere an ihr? Ihn beschlich das Gefühl, dass ihre Reise nach London mehr einschloss als nur ihre Verpflichtungen gegenüber Sir Stephen und seiner Bibliothek. Warum sonst war sie aus heiterem Himmel damit herausgeplatzt? Ihr Vorschlag schien auch Sir Stephen überrascht zu haben.
Nachdenklich tippte Sir Stephen sich mit den Fingerspitzen an die Lippen.
»Sie wollen also vorschlagen, allein nach London zu reisen?«
»Ja«, stieß sie aus und nickte selbstsicher. »Ich bin keine Anfängerin, Sir Stephen. Eine Frau meines Alters ist auf eine Anstandsdame nicht mehr angewiesen. Ich werde ein angemessenes Hotel finden, von dem aus ich die notwendige Korrespondenz erledige und die möglichen Käufer befrage.«
Eine Frau meines Alters. Peregrine unterdrückte den Impuls, laut aufzulachen, und wartete interessiert darauf, mit welchen neuen und höchst absurden Verdrehungen sie jetzt wieder aufwarten würde.
»Nun, ich nehme an, dass Sie recht haben«, verkündete Sir Stephen nachdenklich, »Sie kennen Ihre Situation am besten.
Aber wie möchten Sie die Reise nach London hinter sich bringen? In einer öffentlichen Kutsche?«
Alexandra kannte den Geiz ihres Dienstherrn nur zu gut und wählte ihre Worte sorgfältig.
»Damit wäre ich natürlich sehr zufrieden, Sir Stephen. Wenn ich mit der kleinen offenen Kutsche nach Dorchester gebracht werden könnte, könnte ich in Red Fox den Wagen nach London nehmen, aber ...« Sie senkte den Blick auf ihren Schreibtisch und kaute auf der Lippe, als sei sie schwer in Gedanken versunken. »Es gibt da eine Sache ...«
»Eine Sache?«, drängte er, als sie nicht gleich fortfuhr.
»Nun, es gibt da eine Schwierigkeit, Sir.« Zaghaft schaute sie auf. »Ich müsste ein paar Bände mitnehmen, um sie eventuellen Käufern zeigen zu können ... um sozusagen deren Appetit anzuregen. Doch die Bände sind so kostbar, dass ich zögere, sie in einem öffentlichen Wagen zu transportieren.«
Die Falten auf Sir Stephens Stirn wurden tiefer.
»Oh ... ja, das sehe ich auch so.« Er ließ den Blick über die Regale schweifen. »Aber glauben Sie wirklich, dass es Diebe gibt, die sich für Bücher interessieren?«
»Die Bücher sind außerordentlich wertvoll, Sir«, erwiderte sie schlicht. »Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass sie im Wagen beschädigt werden könnten.«
»Hmm.« Wieder ließ er den Blick schweifen. »Sie schlagen also vor, dass wir eine Postkutsche mieten?«
»Ich sehe keine andere Möglichkeit, Sir. Sie sollten sich freuen, dass ich die Reise antrete.« Wieder spielte das zaghafte Lächeln über ihre Lippen.
Und wieder musste Peregrine sein Gelächter unterdrücken. Sie war wirklich eine
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