Sinnliche Traeume auf Kyrene
hässliche.“
Thorne ging hinüber zu seinem eigenen Porträt, das ihn an Bord des Schiffes zeigte. Es lehnte an der Wand und war schon fast trocken.
„Dann hast du mich wohl auch absichtlich verschönert? Wie erniedrigend.“
Bei seinem klagenden Tonfall brach Diana in ein spöttisches Lachen aus. „Auch wenn ich riskiere, dass du jetzt noch eingebildeter wirst, ich muss gestehen, dass deine Reize auch nicht die kleinste Verschönerung benötigen.“
In diesem Augenblick war ein Tumult von der offenen Ateliertür her zu hören - schnelle Schritte kamen die Treppe herauf, und die Stimme ihrer Cousine rief wütend ihren Namen. Diana erinnerte sich, dass Amy schon einmal hier gewesen war und daher den Weg zu ihrem Haus kannte.
Kurz darauf stürmte das Mädchen herein, blickte sich wild um und erstarrte, als sie Diana erblickte. „Wie konntest du nur!“, schrie sie wutentbrannt. „Wie konntest du mich so hintergehen?“
Diana runzelte verwirrt die Stirn. „Wie bitte?“
Ein nervöser John Yates humpelte direkt hinter Amy ins Atelier. Er war rot im Gesicht, und es sah aus, als hätte er sich beeilt, mit ihr Schritt zu halten. „Miss Lunsford, Sie sollten nicht Ihrer Cousine die Schuld geben.“
Thome trat einen Schritt näher. „Wofür ihr die Schuld geben?“
„Ja, wofür?“, wiederholte Diana. „Vielleicht ist es das Beste, wenn du dich erst einmal hinsetzt und alles erklärst.“
„Ich will mich nicht setzen“, schrie Amy, die Augen voller Tränen. „Du hast mein Leben ruiniert!“
Diana legte sorgsam Palette und Pinsel beiseite. „Wenn das so ist, tut es mir leid. Aber wirklich, Liebes, ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du redest. Auf welche Weise habe ich dich hintergangen?“
„Du hast diese Dirne angeheuert, damit Reggie sich von mir abwendet. Wage nicht, es abzuleugnen!“
Diana spürte, wie sie voll Schuldbewusstsein errötete. Irgendwie musste Amy ihre Verschwörung entdeckt haben.
„Setzen Sie sich doch bitte, Miss Lunsford“, flehte Yates. Er nahm das Mädchen beim Ellbogen und versuchte, es zu der Sitzgruppe nahe dem Kamin zu führen. Aber Amy riss sich los und starrte Diana mit zitternder Unterlippe tränenüberströmt an. „Ich kann nicht glauben, dass du zu solch einem Verrat fähig bist.“
Thomes Kiefer mahlten. „Leg dir gefälligst einen anderen Ton zu, du Fratz, wenn du mit deiner Cousine sprichst. Diana ist für den Treuebruch deines Verehrers nicht verantwortlich.“ Doch Amy war viel zu sehr außer sich, um auf irgendjemanden Rücksicht zu nehmen. „Warum hasst du mich so, Diana? Warum? Soll ich mich genauso elend fühlen wie du?“
Bestürzt ging Diana zu ihrer jungen Cousine. „Liebstes, du weißt, dass ich dich nicht hasse, und ganz bestimmt will ich nicht, dass du dich elend fühlst. Warum erzählst du mir nicht, was passiert ist?“
Wütend wischte Amy sich mit der behandschuhten Hand die Augen. „Ich war heute Nachmittag in der Bond Street einkaufen ... Mr. Yates war so freundlich, mich zu begleiten ... und was sehe ich da? Reggie, wie er mitten auf der Straße eine Hure küsst! Mein Verehrer, der mir ewige Liebe geschworen hatte! Ich hätte ihn sofort zur Rede gestellt, aber er fuhr in seinem Zweispänner davon. Darauf habe ich mir diese Kitty vorgeknöpft. Ich habe ihr gedroht, sie anzuzeigen und wegen Diebstahls ins Gefängnis werfen zu lassen, wenn sie nicht die Finger von Reggie lässt. Aber sie antwortete mir, dass sie engagiert worden wäre, Reggie von mir fortzulocken, und sie habe dafür eine großzügige Summe erhalten. Der Auftrag sei von dir
gekommen, Diana.“
„Nein, ist er nicht“, unterbrach sie Thorne. „Ich war es, der Kitty engagiert hat. Als dein Vormund fühlte ich mich verpflichtet, dich vor einem Glücksritter zu schützen, der nur hinter deinem Vermögen her war.“
„Du warst das?“ Amy funkelte Thorne wutschnaubend an. „Dann bist du ein abscheulicher Teufel. Du hast mein Leben zerstört.“
„Das bezweifle ich“, gab Thorne ruhig zurück. „Und wenn du vielleicht deine überschäumenden Gefühle einen Moment lang zügeln könntest, würdest du erkennen, dass Kneighly der Verführung nicht erlegen wäre, wenn er dich wirklich geliebt hätte.“
Amy fuhr zurück, als hätte Thorne sie geschlagen. Einen Augenblick lang starrte sie ihn an und kämpfte sichtbar mit der Wahrheit seiner Worte. Unfähig, ihm noch länger in die Augen zu sehen, sah sie blind an ihm vorbei. Ihr Blick fiel auf sein Porträt, das
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