Sinnliche Traeume auf Kyrene
eines Mannes von Adel ist, sich mit Kunst zu beschäftigen. Das ist der größte Nachteil einer Vernunftheirat - wer das Geld hat, hat das Sagen.“ Diana fragte sich, ob er gekommen war, um ihr Mitgefühl zu erwecken. „Das tut mir leid“, erwiderte sie und versuchte, aufrichtig zu klingen. „Ich weiß, dass die Kunst Ihnen viel bedeutet.“ Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Ich möchte auch noch sagen ... ich möchte dir sagen, wie sehr ich es bedauere, dir wehgetan zu haben, Diana. Wenn ich nur die Wahl gehabt hätte ...“
„Du hattest die Wahl, Francis“, erinnerte ihn Diana ruhig. Doch sein gequältes Gesicht zeigte so viel Reue, dass sie Mitleid mit ihm hatte.
„Aber all das ist schon lange vorbei“, fügte sie heiter hinzu. „Wirklich, ich denke gar nicht mehr daran.“
„Woran, mein Liebling?“, unterbrach Thornes kühle Stimme ihre Unterhaltung. Er war mit zwei Gläsern Punsch in die Loge zurückgekehrt und reichte nun Diana eines davon. Ein kaltes Lächeln umspielte seine Lippen, als er den Besucher ansah. „Ackland, ich glaube, Ihre Frau durchbohrt Sie geradezu mit ihren Blicken. Besser, Sie gehen zu ihr zurück, bevor Sie die Wache ruft, um Sie auf Trab zu bringen.“
Francis verabschiedete sich finster mit einer kurzen Verbeugung, und Thorne nahm wieder seinen Platz neben Diana ein.
Er sah ihr tief in die Augen, während er verliebt ihre Hand an die Lippen hob. Diana vermutete, dass seine Geste für das neugierige Publikum gedacht war, denn trotz der zur Schau gestellten Zärtlichkeit funkelten seine braunen Augen zornig.
Diana fühlte, dass sie errötete, während sie ihm entschlossen die Hand entzog und an ihrem Punsch nippte. „Es war nicht notwendig, so grob zu werden, Thorne. Francis hat mir nur zu meinem Erfolg gratuliert.“
„Dadurch, dass er dich hat sitzen lassen, hat dieser Bastard jedes Recht verwirkt, selbst das, auch nur ein Wort mit dir zu reden“, erwiderte Thorne mit gefährlich sanfter Stimme. „Und sollte er es wagen, dich noch einmal anzusprechen, werde ich ihn fordern.“
Diana enthielt sich einer Bemerkung und war froh, als endlich der zweite Akt begann. Doch in Gedanken war sie nicht bei dem Theaterstück.
Es schmeichelte ihrem Stolz, dass Thorne eifersüchtig zu sein schien auf ihren früheren Verehrer, auch wenn er dazu gar keinen Grund hatte.
Immer noch war Francis ein erstaunlich gut aussehender Mann, doch sein Gesicht hatte keine Macht mehr über sie, und sie war nicht im Geringsten eifersüchtig auf seine reiche Frau.
Diana stellte fest, dass das einzige Gefühl, das Francis noch in ihr erweckte, Verachtung war. Sie war zutiefst froh darüber, dass sie dieser Heirat entkommen war, auch wenn sie deswegen den Skandal hatte ertragen müssen. Niemals wäre sie mit einem Mann von solch schwachem Charakter glücklich geworden.
Bei dieser unerwarteten Erkenntnis stellte Diana fest, dass sie sich befreit fühlte. Nichts war von dem unerfahrenen, naiven Mädchen übrig geblieben, das sein Herz so freudig und auch leichtsinnig verschenkt hatte. Endlich konnte sie das
Wort finis unter ein schmerzliches Kapitel ihres Lebens schreiben, mit dem sie schon längst hätte abschließen müssen.
Was die Zukunft bringen würde, war eine andere Frage.
Sie blickte zu Thorne, bewunderte sein beeindruckendes Profil und die blonden Haare, die im Licht des großen Kronleuchters schimmerten.
Es fiel ihr auf, dass dieser Mann genauso gut aussah wie Francis, vielleicht sogar noch besser. Aber da endeten die Gemeinsamkeiten auch schon. Thorne besaß weit mehr Tiefe als ihr früherer Verlobter und wesentlich mehr Charakter. Statt sie für größeren Reichtum sitzen zu lassen, wäre er für sie eingetreten, hätte sie beschützt, gegen die ganze Welt verteidigt und ihre Interessen über die seinen gestellt.
Außerdem war er, das gestand sich Diana ohne Weiteres ein, der aufregendste, sinnlichste, faszinierendste und provozierendste Mann, den sie je getroffen hatte. Er hatte sie aus ihrer farblosen Existenz herausgeholt, hatte bewirkt, dass sie sich wieder lebendig fühlte, und ließ sie wieder Hoffnung empfinden.
Thorne erfüllte ihr Leben mit Freuden, nicht nur den fleischlichen. Er befreite ihren Geist. Sie verdankte ihm so viel. Und doch war die Zärtlichkeit, die sie für ihn zu empfinden begann, mehr als einfache Dankbarkeit.
Diana sog heftig die Luft ein, als ihr klar wurde, was für ein Gefühl sie da gerade empfunden hatte. Was für einen schweren Fehler
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