Sinnliche Traeume auf Kyrene
er aufsprang und nach seiner Kutsche rief.
Er unterbrach Mr. Attree beim Frühstück, doch der Kaufmann war erfreut, einen so illustren Besucher wie den Viscount Thorne zu empfangen.
„Was für eine Freude, Mylord“, rief Attree aus. „Wie komme ich zu dieser Ehre?“
„Sie erraten bestimmt, weshalb ich hier bin, Sir.“
„Das Porträt?“ Dem Mann mit dem roten Gesicht sah man das Unbehagen an.
„Genau. Ich möchte gerne wissen, wie mein Porträt in Ihren Besitz kam.“
„Nun, ich habe ein ganz schönes Sümmchen dafür bezahlt. Es hing in einer öffentlichen Galerie in der Bond Street zum Verkauf aus. Der Besitzer informiert mich immer, wenn ein gutes Bild in seinem Geschäft auftaucht. Ich habe sofort Miss Sheridans Malweise erkannt und wollte es für meine private Sammlung.“
„Darf ich es sehen?“
„Aber selbstverständlich, Mylord. Die Ausstellung öffnet nicht vor zehn Uhr, aber ich werde Sie persönlich begleiten.“ Mr. Attree ging mit Thorne zu einem separaten Flügel seines Hauses - einem großen, gut beleuchteten Saal, der nur der Kunst Vorbehalten war. Ganz anders als in der Royal Academy, wo die Gemälde dicht an dicht hingen, war Attrees Sammlung mit Geschmack und Sorgfalt ausgestellt. Thornes Porträt hing nahe dem Zentrum des Raumes, umgeben von vier anderen signierten Arbeiten Dianas. Ihr exquisiter Stil war wirklich sofort zu erkennen und so unverwechselbar, dass Thornes unsigniertes Porträt den Namen seiner Malerin buchstäblich herausschrie.
Attree verzog das Gesicht, als er sah, wie Thorne mit grimmiger Miene darauf starrte. „Ich nehme an, Sie sind nicht gerade glücklich, so zur Schau gestellt zu werden, Mylord, oder?“ Thorne bemühte sich um sein charmantestes Lächeln. „Es ist wenig erfreulich, wenn man ein Opfer der Karikaturisten wird. Trotzdem ist es nicht mein verletzter Stolz, der mir Sorgen macht, sondern Miss Sheridans Ruf. Ein solch gewagtes Bild in einer so berühmten Ausstellung wie der Ihren, mein lieber Sir - da werden sich die Tratschtanten in der Stadt die Mäuler über sie zerreißen. Sie hatte nie vorgehabt, es zu verkaufen. Es sollte ihr Hochzeitsgeschenk an mich sein.“
„Warum habe ich es dann in dieser Galerie vorgefunden?“ „Ich vermute, man hat es aus ihrem Atelier gestohlen.“ „Gestohlen! Aber wer würde denn so etwas tun?“
Thome hatte da einen Verdacht, doch er zog es vor, nichts zu sagen. „Ich möchte das Porträt zurückkaufen, Mr. Attree. Ich versichere Ihnen, es wird sich für Sie lohnen.“
Der Kaufmann schlug in größter Verzweiflung die Hände zusammen, doch ein listiges Leuchten glomm in seinen Augen. „Ich wäre glücklich, Ihnen dienen zu können, Mylord, aber Sie wissen, wie schwer es mir fällt, solch ein Werk ..."
„Nennen Sie mir nur Ihren Preis.“
„Vielleicht wäre Miss Sheridan bereit, es für ein gleichwertiges Bild einzutauschen?“
„Zwei Werke Ihrer Wahl. Wären Sie damit einverstanden?“ „Einverstanden!“ Attree stimmte freudig zu.
„Würden Sie vielleicht so freundlich sein, es verpacken zu lassen, sodass ich es Miss Sheridan zurückbringen kann?“ „Jetzt gleich, Mylord?“
„Ich würde es vorziehen, wenn es nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich wäre. Ich bin sicher, Sie verstehen. Ich gebe Ihnen mein Wort, Sir, dass Sie Ihren Ersatz bekommen, noch bevor der Tag zu Ende geht.“
Als Thorne kurze Zeit darauf in Dianas Haus eintraf, fand er sie in ihrem Atelier. Sie ging auf und ab, zu unruhig, um arbeiten zu können. Ihr war kalt, sie fühlte sich innerlich krank und wusste, dass dieses Mal der Skandal alles zerstören konnte, wofür sie gearbeitet hatte.
„Die Sache mit dieser schrecklichen Karikatur tut mir wirklich leid, Thorne“, begann sie. „Ich habe keine Ahnung, wie es dazu kam, aber dein Porträt ist verschwunden. Ich habe zweimal das ganze Haus durchsucht.“
„Mach dir keine Sorgen. Es ist jetzt in meinem Besitz, und da bleibt es auch.“
Verblüfft sah sie ihn an. „Wo hast du es denn gefunden?“ „Ich kaufte es heute Morgen von deinem glühenden Bewunderer Mr. Attree. Und er kaufte es gestern in einer Galerie in der Bond Street. Ich versicherte ihm, dass man es gestohlen haben müsste, weil du nämlich niemals vorgehabt hättest, es zu verkaufen.“
„Natürlich nicht! Niemals würde ich ein so frivoles Werk verkaufen. Ich habe erst jetzt gesehen, dass es fehlt. Ich war zu sehr beschäftigt gewesen, um es zu bemerken, bis ich dann diese scheußliche
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