Sinnliches Erwachen
dieses Kichern.
Sie öffnete den Mund, um den Höchsten anzurufen, doch in diesem Moment flog die Tür auf und ließ sie verstummen. Mit wehender blonder Mähne kam Sirena hereingestürmt. In den Händen schwang sie ein langes, dünnes Schwert, und die Dämonen zuckten zurück, laut fluchend.
„Verschwindet, ihr Monster! Sofort“, schrie sie. Metall wisperte durch die Luft, und hastig sprangen die Dämonen zur Seite, versuchten verzweifelt, ihr auszuweichen.
Eine der Kreaturen löste sich in eine schwarze Rauchwolke auf. Bald darauf folgte die nächste.
In Sirenas blauen Augen lag ein wilder Glanz. Ein Glanz, der besagte, dass sie verrückt genug wäre, die Dämonen auch mit bloßen Händen zu bekämpfen, wenn es sein müsste. Die verbleibenden Wesen mussten ihre Entschlossenheit spüren, denn mit einem letzten Fauchen in Nicolas Richtung verschwanden sie.
Atemlos warf Sirena das Schwert zu Boden. „Du bist in Sicherheit.“
Zaghaft lugte Laila unter dem Schreibtisch hervor, als Nicola zu Sirena eilte. „Alles in Ordnung, Sirena?“
„Mir geht’s gut.“ Mit einer Hand warf das Mädchen sich das helle Haar über die Schulter. „Versprochen.“
„Wie hast du das gemacht?“ Tief in ihrem Innern rumorten Nicolas Instinkte. Irgendetwas stimmte nicht. „Woher wusstest du, dass wir Hilfe brauchten?“
Sirena warf ihr ein kurzes Lächeln zu. „Ich bin wie Koldo. Er hat mich gebeten, auf dich aufzupassen.“
Koldo! Also hatte er sie doch nicht einfach so zurückgelassen.
„Ich bin bloß froh, dass ich rechtzeitig hier war“, fügte Sirena in leicht angespanntem Ton hinzu. „Diese Dinger sind gefährlich. Das ist die üble Brut, die dabei herauskommt, wenn Nefas sich mit Naga-Dämonen paaren.“
Nicola legte sich die Hand auf den Bauch, um die lauernden Magenschmerzen abzuwehren. „Danke. Danke, dass du uns geholfen hast.“
Schwankend stand Laila auf. Ihre Haut hatte ein kränkliches Grau angenommen, und ihre Augen waren glasig. „Geht’s dir gut, Co-Co?“
„Ja, mir geht’s gut. Und dir?“
„S-super.“
„Wenn das so bleiben soll, müssen wir hier verschwinden“, verkündete Sirena. „Koldo will euch in seiner Nähe haben. Kommt, ich bringe euch zu ihm.“
„Das gefällt mir nicht“, sagte Koldo. Es war zu leicht. Noch nie hatten die Nefas so auffällige Spuren hinterlassen.
Gemeinsam mit Axel war er von A nach B nach C und jetzt D geeilt, ohne auch nur einmal nach einem Hinweis suchen zu müssen. Wie Brotkrumen hatten sie hier und da herumgelegen, offensichtlich für jeden Gesandten. Ein Abdruck in der Luft vom Teleportieren. Ein Spritzer Gift an einer Tür. Ein präparierter Fußabdruck. EinHauch Schwefelgestank. Ein paar verstreute Naga-Schuppen.
„Kurze Pause, Maniküre-Pediküre, und wir diskutieren unsere Optionen?“, schlug Axel vor.
„Nein.“ Sie waren sich der Tatsache bewusst, dass dies eine Falle sein könnte, also konnten sie den Plan umdrehen und gegen die Nefas einsetzen.
Koldo huschte in eine schmale Gasse, Axel ein paar Schritte hinter ihm, beide verborgen in der Anderswelt und die Feuerschwerter kampfbereit erhoben. Doch je weiter er die neueste Spur verfolgte, desto deutlicher erinnerte Koldo sich an die Male, als er seinem Vater geholfen hatte, falsche Spuren auszulegen, auch wenn sie wussten, dass der Suchende eine Falle vermuten würde. Das hatte Nox jedoch nie gestört – er hatte die Männer einfach nur ablenken wollen.
Ablenken, damit Nox ungehindert etwas Wertvolles stehlen konnte.
Abrupt blieb Koldo stehen, und Axel krachte gegen seinen Rücken. „Das ist keine Falle, sondern ein Ablenkungsmanöver. Er will uns bloß von Estellä weglocken.“
Mit knirschenden Zähnen ließ Koldo sein Feuerschwert fahren und beamte sich in das Gebäude, in Nicolas Büro. Er fand ein zertrümmertes Telefon am Boden. Er fand eine liegen gelassene Waffe – die er wiedererkannte. Mit einer langen, dünnen Klinge, die aus einem Heft ragte, das geformt war wie das weit aufgerissene Maul einer Schlange.
Das Schwert seines Vaters.
Der erste Funken Zorn blitzte in ihm auf. Nicolas Duft verlieh der Luft eine sanfte Süße, doch diese Süße konnte nicht über den verblassenden Gestank von Schwefel hinwegtäuschen. Es waren Nagas hier gewesen. Und Nicola war … war …
Nein! Er schlug gegen die Wand. Sie lebt, versicherte er sich. Nichts anderes würde er glauben. Auf keinen Fall würde sein Vater das einzige Ass in seinem Ärmel umbringen.
Und trotzdem entflammte
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