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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Häusern der Schlachta geraubt waren. Soroka beschloß, sich der Hütte zu bemächtigen und sich durch Waffengewalt oder friedliche Verhandlungen fürs erste dort festzusetzen. Denn der Gedanke, wieder auf die Landstraße hinaus zu müssen, wo sie wahrscheinlich den sie verfolgenden Soldaten des Fürsten begegnen würden, versetzte selbst den mutigen Wachtmeister in Schrecken.
    »Es bleibt uns nichts übrig, als uns in der Hütte zu verbergen, bis der Oberst wieder genesen ist, dann ist es seine Sache, das weitere zu bestimmen.«
    Vor die Hütte stellte er während der Nacht zwei Soldaten auf Posten, die nach Mitternacht von den anderen abgelöst werden sollten. Er selbst warf sich auf das Bett, das neben Kmicic stand.
    Im Zimmer war es ganz still; nur die Grillen hörten nicht auf zu zirpen, und der Kranke wälzte sich unruhig hin und her. Vereinzelte, unzusammenhängende Worte drangen zu Sorokas Ohren.
    »Majestät, vergeben Sie. – Sie sind Verräter. – Ich werde alle ihre Geheimnisse verraten.– Die Republik ist ein rotes Tuch. – Gut, Pan Fürst, Sie sind mir ausgeliefert.«
    Soroka setzte sich in seinem Bette aufrecht und lauschte; Pan Andreas schrie einige Male auf und schlief dann wieder ein. Bald aber fing er von neuem an zu schreien:
    »Alexandra! Alexandra! zürne mir nicht!«
    Nach Mitternacht beruhigte sich der Kranke und verfiel in einen festen Schlaf. Soroka fing auch gerade an einzuschlafen, als er es an der Tür klopfen hörte.
    Der alte Soldat sprang sogleich hoch und trat vor die Tür.
    »Was ist?« fragte er.
    »Pan Wachtmeister, der Teersieder ist entflohen.«
    »Tod und Teufel! Der wird die ganze Räuberbande herholen. Wer hat auf ihn aufgepaßt?«
    »Bilous.«
    »Wir beide gingen zusammen, um die Pferde zu tränken,« rechtfertigte sich Bilous. »Ich ließ ihn das Wasser holen und blieb bei den Pferden.«
    »Nun, was, ist er denn in den Brunnen gesprungen?«
    »Nein, Pan Wachtmeister, er verschwand zwischen den Baumstämmen, die in Hülle und Fülle um den Brunnen herumliegen. Die Nacht ist dunkel. Der Schelm kennt den Ort und ist ausgerissen.«
    »Das hilft nun nichts, wir dürfen uns eben nicht schlafen legen. Wir müssen bis zum Morgen wachen; sonst werden sie uns überfallen.«
    Er setzte sich auf die Schwelle der Hütte mit einer Muskete in der Hand. Die Soldaten lagerten sich im Halbkreise um ihn herum und fingen an, sich leise zu unterhalten.
    Von Zeit zu Zeit lauschten sie, ob sich irgend etwas in der Nähe hören ließe.
    Plötzlich vernahmen sie laute Hufschläge.
    »Pferde!« flüsterte Soroka.
    Bald ertönten die Hufschläge leiser, als wenn die Tiere sich entfernten, und man hörte den wilden Schrei eines Hirsches.
    Die Soldaten verstummten und fingen allmählich an einzuschlafen. Nur der Wachtmeister hob noch von Zeit zu Zeit den Kopf hoch und lauschte; aber schließlich fielen auch seine Augen zu, sein Kopf sank auf die Brust herab. Es verging eine Stunde und wieder eine. Die schwarzen Kiefern begannen sich grau zu färben, ihre Spitzen wurden mit jeder Minute weißer, als wenn sie mit flüssigem Silber übergossen wären. – Endlich ging die Sonne auf und beleuchtete die ermüdeten Gesichter der Soldaten, die einen Totenschlaf auf dem kahlen Erdboden schliefen.
    Die Tür der Hütte knarrte, und auf der Schwelle erschien Kmicic.
    »Soroka, he!« rief er.
    Die Soldaten sprangen hoch.
    »Herrgott, Pan Oberst, Sie sind schon auf den Beinen!« staunte Soroka.
    »Und ihr schlaft wie Murmeltiere, man hätte euch der Reihe nach die Köpfe abschlagen und sie über den Zaun werfen können, ohne daß einer von euch erwacht wäre.«
    »Wir hielten bis gegen Morgen Wache, Pan Oberst; wir sind erst eingeschlafen, als es schon tagte.«
    Kmicic blickte um sich.
    »Wo sind wir? Wem gehört die Hütte?« fragte er.
    »Ich weiß es nicht, Pan Oberst.«
    »Folge mir,« sagte Pan Andreas, indem er wieder in die Hütte eintrat.
    Soroka folgte ihm.
    »Hör' mal,« begann Kmicic, sich auf das Bett setzend. »Der Fürst hat also auf mich geschossen?«
    »Ja, Pan Oberst.«
    »Und was ist aus ihm geworden?«
    »Er ist entflohen.«
    Es trat Stillschweigen ein.
    »Schlimm,« rief Kmicic, »sehr schlimm! Es wäre besser gewesen, ihn auf der Stelle zu töten, als ihn entwischen zu lassen.«
    »Das wollten wir auch, aber –«
    »Was aber?«
    Soroka erzählte kurz alles, was sich zugetragen hatte. Kmicic hörte mit großer Ruhe zu; nur in seinen Augen entbrannte ein unheilverkündendes Feuer.
    »Jetzt

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