Sintflut
Knochen! Wie? Das tut ein Hetman? Ein Radziwill? Und ich soll solche Briefe weiter befördern? Was, dachte ich bei mir, wenn er das Vaterland ebenso vergiften will wie diese Soldaten? Und Gott half mir und gab mir Geduld. Obwohl mir der Kopf brannte, und das Herz mir zu zerspringen drohte, bemeisterte ich mich. Zeige nicht, sprach ich zu mir selbst, was in deinem Herzen vorgeht, so wirst du die ganze Wahrheit erfahren. Zeig' dich als einen noch schlechteren Kerl als die Radziwills und locke ihm die Wahrheit von den Lippen.«
»Wem? Mir?«
»Ja, Ihnen. – Und Gott stand mir bei, daß ich, ein einfacher Mann, Sie, einen gewiegten Staatsmann, täuschen konnte. Da Sie, Durchlaucht, mich für den ärgsten Halunken hielten, eröffneten Sie mir alle Ihre niederträchtigen Pläne. Alles gestanden Sie mir und setzten es mir auseinander, daß es klar wie der Tag vor mir lag. Meine Haare sträubten sich, aber ich hörte geduldig bis zum Ende zu. – O, Verräter! Erzgalgenstricke, Vatermörder! Warum hat euch nicht ein Blitz zu Boden geschmettert? Warum tut sich die Erde nicht auf, um euch zu verschlingen? – Ihr habt euch mit Chmielnicki, den Schweden, dem Kurfürsten, mit Rakoczy, – mit dem Teufel selbst verbunden, um die Republik ins Verderben zu stürzen. – Einen Mantel wollt ihr euch also aus ihr herausschneiden! Verkaufen wollt ihr sie! Teilen, zerfleischen wie Wölfe? Das ist also der Dank für all die Ehren und Würden, mit denen man euch überhäuft hat! Der Dank für all die geschenkten Reichtümer, um die euch selbst fremde Monarchen beneiden! Ihren Tränen und Seufzern schenkt ihr keine Beachtung! Wo bleibt denn euer Gewissen, eure Ehre? Was für Ungeheuer müssen euch gezeugt haben?«
»Pan Kmicic,« unterbrach Boguslaw ihn kalt, – »ich bin zwar in Euren Händen, Sie können mich ja töten, nur eins bitte ich Sie, langweilen Sie mich nicht so, daß ich vor Langweile sterbe.«
Beide schwiegen einige Zeitlang.
Plötzlich hielt Kmicic sein Pferd an.
»He!« rief er. – »Und der Brief des Fürsten-Hetman? Haben Sie ihn bei sich, Durchlaucht?«
»Wenn ich ihn auch bei mir hätte, so würde ich ihn doch nicht herausgeben,« entgegnete der Fürst. »Die Briefe sind übrigens in Pilwiszki geblieben.«
»Durchsucht ihn!« rief Kmicic.
Die Soldaten hielten dem Fürsten wieder die Arme fest. Soroka begann in seinen Taschen zu wühlen. Bald fand sich der Brief.
»Noch ein Beweismittel wider Sie,« sagte Pan Andreas. »Der König von Polen wird aus diesem Briefe Ihre Pläne erfahren, und auch den Schweden wird ein Einblick nicht ganz uninteressant sein. – Außerdem führe ich selbst noch Briefe an den König von Schweden, an Wittemberg und an Radziejowski mit mir. – Groß und mächtig seid ihr Radzwills. Und doch weiß ich nicht, ob euch nicht zu enge werden wird im Vaterlande, wenn beide Könige euch all eure Verrätereien würdig belohnen werden!«
Die Augen des Fürsten Boguslaw entbrannten in einem unheilverkündenden Feuer, aber er unterdrückte seinen Zorn und sagte:
»Schön, Kavalier! Zwischen uns ist ein Kampf auf Leben und Tod entbrannt! – Vielleicht begegnen wir uns noch irgend wann mal im Leben. – Sie können uns jetzt viel Böses zufügen; aber ich rufe über Sie und all die Ihren ein furchtbares 'Wehe!'«
»Ich selbst verstehe es gut, mich mit meinem Säbel zu verteidigen. Und für die meinigen führe ich etwas bei mir, womit ich sie jederzeit auslösen kann,« sprach Kmicic.
»Ah, so, ich diene Ihnen als Geisel!« sagte der Fürst. Trotz seiner Wut atmete er erleichtert auf. Er begriff erst jetzt, daß seinem Leben augenblicklich keine Gefahr drohte, daß ihn Kmicic sehr notwendig gebrauchte, und er beschloß, sich dies zunutze zu machen.
Inzwischen hatten sie wieder begonnen, Trab zu reiten. Nach einer Stunde sahen sie zwei Reiter, von denen jeder ein paar gesattelte Pferde mit sich führte. Das waren Kmicic' Leute, die er aus Pilwiszki vorausgeschickt hatte.
»Nun, wie steht's?« fragte sie Pan Andreas.
»Die Pferde sind sehr ermüdet, Euer Gnaden.«
»Wir werden gleich Rast machen.«
»Dort an dem Kreuzwege steht eine Hütte, – vielleicht ist's eine Schenke.«
»He, Wachtmeister, reitet voran und sorgt für Futter für die Pferde. Eine Schenke oder nicht, wir müssen jedenfalls rasten.«
Soroka gab seinem Pferde die Sporen; die anderen folgten ihm im Schritt. Kmicic ritt an der einen Seite des Fürsten, Lubieniec an der anderen. Der Fürst schien völlig beruhigt zu
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