Sintflut
Reihe zu kämpfen er sehnlichst wünschte. Was aber hätte Wolodyjowski gesagt, wenn ich mich nicht verteidigt und sie mich verkleidet mit Geleitschreiben an die schwedischen Kommandanten in der Tasche vor ihn geführt hätten? – »Die alten Sünden sind's, die mich verfolgen,« dachte Kmicic. »Weg von hier, möglichst weit weg von hier! Gott sei mir Sünder gnädig! – Bin ich erst beim König, so wird für mich der rechte Dienst beginnen!« –
5. Kapitel.
Als Pan Wolodyjowski Kmicic' Rat erhielt, beschloß er, nach einigem Schwanken, ihn zu befolgen. Er warnte alle seine Kameraden vor der bevorstehenden Gefahr und bestimmte Bialostok zum gemeinsamen Sammelpunkt. Seine Briefe verfehlten auch nicht ihre Wirkung auf die in der ganzen Wojewodschaft Podlachien mit ihren Soldaten stehenden Obersten. Viele von ihnen hatten ihre Truppen bereits zersplittert, um besser überwintern zu können; andere hatten ihren Offizieren und Soldaten zum großen Teil Urlaub gewährt, so daß von manchen Regimentern nur zwei bis drei Offiziere und mehrere Dutzend Soldaten geblieben waren. Die Obersten hatten so gehandelt, teils aus Furcht vor einer ausbrechenden Hungersnot, teils, weil sie nicht imstande waren, die Disziplin in den Regimentern aufrecht zu erhalten. Die Untätigkeit während ihres Aufenthaltes in Podlachien, wo sie nichts taten, als Radziwills Schlösser zu beschießen und seine Güter zu plündern, hatte die Disziplin unter den Regimentern auch in der Tat sehr gelockert. Die Soldaten begannen eigenmächtig zu rauben und die friedliche Bevölkerung Podlachiens aufs ärgste zu bedrücken. Viele waren sogar fahnenflüchtig geworden und hatten auf eigene Faust räuberische Streifzüge unternommen. Auf diese Weise wurde das Heer, auf das der König und die Patrioten ihre ganze Hoffnungen setzten, mit jedem Tage demoralisierter, und die Zersplitterung der Banner zeigte ihre baldige, endgültige Auflösung an. Unleugbar hielt es schwer, die ganzen Truppen mit dem nötigen Proviant zu versehen, aber die Gefahr einer Hungersnot lag in weiter Ferne. Es war Herbst, die Ernte war gut ausgefallen, und Podlachien hatte bisher noch keine feindlichen Einfälle zu erleiden gehabt. Selbst Chowanski war nicht bis nach Podlachien vorgedrungen, weil Litauen unter dem Schutze der in aller Welt gefürchteten Schweden stand.
Aber Wolodyjowskis Mitteilungen über den geplanten drohenden Überfall Radziwills erweckten die Obersten wieder aus ihrer Untätigkeit. Sie begannen von neuem die Banner zu organisieren und ihre Soldaten unter Androhung der Todesstrafe einzuberufen. Zyromski, einer der fähigsten Obersten, marschierte als erster nach Bialostok. Ihm folgte in einer Woche Jacob Kmicic und andere Anführer. Die kleine Schlachta der Umgegend schloß sich einzeln oder in Scharen den Soldaten an. Delegierte gingen von Dorf zu Dorf, Proviant sammelnd, für den sie Quittungen ausstellten. – Kurz, die Maschine kam in Bewegung. Und als Wolodyjowski mit seinem Laudaer Banner in Bialostok ankam, standen dort schon mehrere tausend bewaffnete Soldaten. Es mangelte nur an einem Führer.
Besonders zufrieden mit der neuen Lage war Pan Zagloba. Er wußte sich bald, dank seiner großen Beredsamkeit und Erfahrung, eine bevorzugte Stellung zu verschaffen. In dem Glanze des Ruhmes, der seinen Namen umgab, verblaßte der aller anderen Obersten. Die Laudaer erzählten überall, wie er Wolodyjowski, Skrzetuski, Mirski und Oskierka aus den Händen Radziwills befreit hatte, und Zagloba selbst verhehlte seine Verdienste durchaus nicht.
»Ich liebe es nicht zu prahlen,« begannen seine Erzählungen, »oder von Sachen zu schwatzen, die nicht wahr sind. Die Hauptsache bei mir ist, immer bei der Wahrheit zu bleiben. Fragen Sie nur meinen Neffen.«
Und dann erschien Pan Roch Kowalski hinter Zagloba und verkündete feierlich:
»Onkel sagt nie die Unwahrheit!« Nach diesen Worten warf er drohende Blicke um sich, als wünschte er den zu sehen, der es wagte, mit ihm zu streiten. Da sich aber niemand fand, der sich erdreistete, ihm zu widersprechen, so begann Zagloba von seinen Heldentaten zu erzählen.
Er erzählte, wie er zu Lebzeiten Pan Koniecpolskis zweimal Gustav-Adolf besiegt, wie er Chmielnicki geschlagen habe, und daß der Fürst Jeremias bei Zbaraz nichts ohne seinen Rat unternommen und ihm bei Ausfällen den Befehl übertragen.
»Solchen Mann könnten wir jetzt mehr denn je gebrauchen!« tönte es dann voll Bewunderung aus der Menge.
So wuchs
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