Sintflut
längere Ansprache, an deren Schluß er seinen Stab hervorhob und feierlich sagte:
»Das Heer wählte mich zu seinem Führer, aber ich lege das Zeichen meiner Macht in würdigere Hände, der Jugend ein Beispiel zu geben, wie man zu Gunsten des öffentlichen Wohles auf Würden und Ehren verzichten soll.«
Die Soldaten begannen etwas zu rufen; Sapieha aber lächelte nur.
»Wenn Radziwill nur nicht glaubt, daß Sie mir den Stab aus Furcht vor ihm abgeben. Darüber würde er sich schon freuen!«
»Radziwill kennt mich ja,« antwortete Zagloba, »er wird mich nicht der Feigheit zeihen. Ich war der erste, der ihm in Kiejdane das Wort »Verräter!« ins Gesicht schleuderte, ich habe die anderen durch mein Beispiel mit fortgerissen.«
»Und jetzt führen Sie uns ins Lager. Pan Wolodyjowski erzählte mir unterwegs, daß Sie ein musterhafter Wirt wären, und wir sind müde und hungrig.«
Der Einzug der Truppen Sapiehas ins Lager ging unter unbeschreiblichen Freudenausbrüchen vor sich. Pan Zagloba fiel es ein, daß Sapieha kein Feind von gutem Essen und Trinken war, und er beschloß, des Wojewoden Ankunft durch ein Festmahl zu feiern.
Sapieha kargte nicht mit seinen Beifallsäußerungen:
»Ich habe gar nicht erwartet, hier solchen Überfluß zu finden,« sagte er, »ich muß Ihnen für Ihre Umsicht wirklich danken.«
Zagloba wurde ganz rot vor Freude. Ihm schien es vorher, daß der Wojewod ihn zwar freundlich, aber doch nicht mit der dem gewesenen Befehlshaber zukommenden Achtung behandelte. Er begann jetzt zu erzählen, wie er Vorräte angesammelt, Kanonen herbeigeschafft und die Infanterie vermehrt habe.
Das Festmahl verlief bis zum Schluß sehr glänzend und währte bis Mitternacht. Wohl hätte man noch länger fröhlich beisammengesessen, wenn nicht die Nachricht von dem Nahen Radziwills eingetroffen wäre. – –
6. Kapitel.
Schon längst wäre Radziwill nach Podlachien aufgebrochen, hätten ihn nicht verschiedene Umstände in Kiejdane zurückgehalten. Zuerst wartete er auf schwedische Hilfstruppen, die Pontus de la Gardie absichtlich erst so spät absandte. Als endlich die schwedischen Truppen angelangt waren, zögerte Radziwill noch; denn Gerüchte von Streitigkeiten unter den Anführern der Konföderierten waren zu ihm gedrungen. Der Fürst hielt es für ratsam, vor dem Ausmarsch abzuwarten, welche Folgen die Uneinigkeit unter den Konföderierten haben würde.
Plötzlich jedoch erhielt der Hetman entgegengesetzte Nachrichten über die Konföderierten. Er erfuhr, daß sie sich in Bialostock vereinigt und dort ein befestigtes Lager errichtet hatten. Radziwill geriet darüber so in Zorn, daß nicht einmal der unerschrockene Ganschoff es wagte, ihm nahe zu kommen.
Da endlich gab er seinen Soldaten den Befehl, sich marschbereit zu halten. In einem Tage waren die Vorbereitungen aller Truppen fertig. Es waren: ein deutsches, zwei schwedische und ein litauisches Infanterieregiment; die Artillerie kommandierte Pan Korf, Ganschoff die Kavallerie. Außer Charlamps Dragonern und der schwedischen schweren Reiterei waren noch zum Abmarsch bereit: das leichte Regiment Niewiarowskis und das glänzende Leibbanner des Fürsten. – Während der Feldzüge gegen Chmielnicki hatten dem Fürsten nicht mehr Regimenter zur Verfügung gestanden. Es waren genug Truppen, um mit ihnen glänzende Siege zu erfechten und unsterblichen Ruhm zu ernten.
Aber Radziwill selbst fühlte, daß sein Stern im Sinken begriffen war; er wurde von schweren Ahnungen gequält. Die vor ihm liegende Zukunft gab ihm über nichts eine Gewißheit. – Er wird nach Podlachien ziehen, die Rebellen zertrümmern und diesem verhaßten Zagloba die Haut vom Leibe ziehen lassen. – Aber was wird das alles besagen? Was wird dann weiter? – –
Das Moskowiter Heer, so sagte man, wolle, geängstigt durch das Anwachsen der schwedischen Macht, den Krieg abbrechen und sich mit Jan-Kasimir vereinigen. Wenn Jan-Kasimir es verstehen würde, Frieden zu schließen und seine früheren Feinde gegen die Schweden zu schicken, so würde das Kriegsglück der Schweden sich wenden und Radziwills Schicksal wäre besiegelt.
Augenblicklich stand die Sache der Schweden allerdings noch glänzend. Eine Wojewodschaft nach der anderen ergab sich ihnen. In Groß-Polen regierten sie wie in ihrem eigenen Lande; in Warschau herrschte Radziejowski; Krakau mußte jeden Tag fallen. Der König, verlassen von seinen Truppen, hatte sich mit wundem Herzen nach Schlesien gewandt, und Karl-Gustav
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