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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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dachte zuerst, er wäre tot, aber jetzt habe ich Beweise in den Händen, daß er lebt.«
    »Tut nichts, wir werden ihn uns schon holen, selbst aus der Erde heraus! – Jetzt werde ich ihm solch einen Schlag versetzen, daß er es vorzieht, lebend verbrannt zu werden!«
    »Das wirst du nicht tun; denn du würdest dadurch nur dir selbst schaden. – Auf dem Wege hierher habe ich einem Bauern einen an dich gerichteten Brief abgenommen. Da wir beide keine Geheimnisse voreinander haben, so habe ich ihn gelesen. – Hier hast du ihn!«
    Boguslaw übergab dem Hetman Kmicic' Brief, den er in Kiemlicz' Hütte geschrieben hatte.
    Der Fürst durchflog ihn, zerknitterte ihn wütend und schrie:
    »Es ist wahr! Bei Gott! es ist wahr! Er hat meine Briefe, und in ihnen stehen Dinge, die der schwedische König für eine tödliche Beleidigung halten kann!«
    Nun bekam der Hetman doch einen Asthmaanfall. Sein Mund verzerrte sich, die Hände faßten konvulsiv zur Kehle. Boguslaw rief mehrere Diener herbei und befahl ihnen:
    »Bleibt beim Fürsten, bis er zu sich gekommen. Dann sagt ihm, ich erwarte Seine Durchlaucht auf meinem Zimmer!«
    Nach zwei Stunden klopfte Janusz mit blutunterlaufenen Augen, geschwollenen Lidern und dunkelblau gefärbtem Gesicht an Boguslaws Zimmertür. – Boguslaw lag auf seinem Bette. Sein Gesicht war mit Mandelmilch eingerieben, damit die Haut weich und zart bleiben sollte. Ungeschminkt und ohne Perücke sah er bedeutend älter aus als sonst; aber Fürst Janusz beachtete all dies nicht.
    »Ich denke,« begann er, »daß Kmicic sich doch nicht entschließen wird, meine Briefe zu veröffentlichen, das gliche einem Todesurteil für seine Braut. Er weiß ausgezeichnet, daß ich ihn in meinen Händen halte, aber auch ich kann mich nicht an ihm rächen. Und dieser Gedanke allein macht mich rasend.«
    »Zum Glück habe ich ihm eine Lehre gegeben, daß es nicht leicht ist, mit den Radziwills Händel anzufangen. Du mußt zugeben, daß ich ihm gegenüber wie ein echter Radziwill gehandelt habe. – Wenn ein französischer Ritter sich solcher Tat rühmen könnte, so würde er tagelang darüber schwatzen, ausgenommen zu den Zeiten des Schlafens, Essens und Küssens. – Doch, was ist das für ein Mädchen, von der du soeben sprachst?«
    »Eine Billewicz.«
    »Billewicz oder sonst wer. – Der Name spielt doch hier keine Rolle. – Sag' mal, ist sie hübsch?«
    »Ich sehe nicht auf die Weiber, aber ich meine, selbst die Königin von Polen könne sie um ihre Schönheit beneiden.«
    »Wenn sie wirklich so schön ist, so nehme ich sie mit nach Tauroggen. – Dort werden wir zusammen überlegen, wie wir uns an Kmicic rächen.«
    Janusz überlegte einen Augenblick.
    »Nein,« sagte er, »du wirst gegen sie Gewalt gebrauchen, und dann wird Kmicic die Briefe veröffentlichen.«
    »Ich werde einer Dorfschönen gegenüber Gewalt anwenden? Ohne zu prahlen, – ich hatte es schon mit ganz anderen zu tun, – aber zu Gewalt brauchte ich nie Zuflucht zu nehmen!«
    »Du kennst dies Mädchen nicht! Sie ist die Tugend selbst, eine wahre Nonne. – Und dann haßt sie uns, – sie ist eine Patriotin, sie hat auch Kmicic' Abfall verschuldet. – Unter unseren Frauen werden sich nicht viele solche finden. – Sie hat den Verstand eines Mannes und ist eine wütende Parteigängern Jan-Kasimirs. – Nein, vorläufig muß ich sie wie meinen Augapfel behüten, – später aber kannst du oder einer deiner Dragoner sie kriegen, – dann ist mir alles gleich.«
    »Ich gebe dir mein Ehrenwort, daß ich keine Gewalt gebrauchen werde, und ich halte mein Wort, – außer in der Politik. – Schämen müßte ich mich, wenn ich mein Ziel nicht auf anderem Wege erreichen würde.«
    »Du wirst sicherlich nichts erreichen.«
    »Im schlimmsten Falle werde ich eine Abweisung herunterschlucken müssen, und eine Abweisung von einem Weibe ist keine Schande. – Du ziehst nach Podlachien, was willst du mit ihr machen? Mitnehmen kannst du sie nicht und hierlassen erst recht nicht; denn die Schweden schicken eine Garnison her, und wir dürfen sie doch nicht aus unseren Händen geben. – Ist es denn nicht besser, wenn ich sie mit nach Tauroggen nehme und von dort an Kmicic schreibe: »Gib du die Briefe her, und ich liefere dir deine Braut aus.« Wenn ich sie nicht so zurückgebe, wie ich sie genommen, so wird das eben der Anfang unserer Rache sein. – Von Kmicic' Tat darf sie natürlich nichts erfahren; dadurch würde er in ihren Augen nur gewinnen. Streite mit mir

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