Sintflut
staunte selbst darüber, wie mühelos es ihm gelang, die Macht zu brechen, die einstmals den Schweden selbst Furcht einflößte.
Aber gerade darin sah Radziwill auch die Gefahr für sich. Er ahnte, daß die vom Kriegsglück geblendeten Schweden ihn nicht brauchen, ihn nicht beachten würden, um so mehr, da sich seine Stellung in Litauen als gar nicht so mächtig erwies, wie alle, und auch er selbst, geglaubt hatten.
»Solange ich an der Spitze mehrerer tausend Mann stehe,« dachte Radziwill, »so lange wird man noch mit mir rechnen; aber wenn mir die Mittel ausgehen, wenn die Söldner-Regimenter sich zerstreuen, – was dann?« – –
Und die Gelder wurden wirklich immer knapper; denn der Pachtzins seiner zahllosen Güter blieb schon lange aus. Die meisten Besitzungen waren in den Händen der Feinde, und den Rest plünderten die Konföderierten. Zeitweise schien es dem Fürsten, als stehe er im Begriffe, in einen tiefen Abgrund zu stürzen, und alle seine Bemühungen und Intrigen konnten ihm nur den einen Titel »Verräter« verschaffen, weiter nichts.
Einen Tag vor dem Ausmarsch der Truppen erhielt der Hetman die Nachricht, daß Fürst Boguslaw nahe.
Zuerst wollte Radziwill ihm selbst entgegenfahren, aber die Etikette verbot dies. Er schickte ihm einen vergoldeten Wagen und das Banner Niewiarowskis entgegen und empfing ihn mit Salutschüssen, gleich als ob der König selbst käme.
Als nach der zeremoniellen Begrüßung die Fürsten allein blieben, umarmte Janusz Boguslaw und sagte mit erregter Stimme:
»Mir ist, als wenn Jugend und Gesundheit mir wiederkehrten!«
Fürst Boguslaw betrachtete ihn aufmerksam und fragte:
»Was ist Ihnen denn, Euer Durchlaucht?«
»Reden wir uns ohne Titel an, wenn wir allein sind. – Was mir ist? Krank bin ich, bald werde ich wie ein unterfaulter Baum umstürzen. – Doch das tut nichts. Was hast du Neues gebracht? Wie steht es mit dem Kurfürsten?«
»Du weißt doch schon, daß er sich mit den preußischen Städten ausgesöhnt hat?«
»Ja, das weiß ich schon.«
»Allein, man traut ihm nicht recht. Danzig läßt keine Garnison von ihm herein. Die Deutschen haben einen guten Riecher.«
»Auch das weiß ich. – Hast du ihm nicht geschrieben? Was denkt er von mir?«
»Von uns?« wiederholte Boguslaw zerstreut und trat schnell zum Spiegel. »Meine Haut ist rauh geworden auf der Reise, übrigens, morgen wird es schon wieder besser sein. – Er schreibt mir, daß er uns nicht vergessen wird. – Das glaube ich ihm auch, denn das fordert sein Vorteil. – Der Kurfürst kümmert sich um die Republik, ebenso wie ich mich um meine alte Perücke kümmere. Er würde sie gern den Schweden überlassen, wenn er Preußen nur unter die Finger bekäme, aber jetzt beginnt die schwedische Macht ihn zu beunruhigen. Er braucht für die Zukunft einen Bundesgenossen, und das könntest du sein, wenn du den litauischen Thron besteigst.«
»Wenn nur etwas daraus werden wollte! – Nicht für mich erstrebe ich den Thron.«
»Fürs erste wird es dir nicht gelingen, ganz Litauen zu erhandeln. – Ein guter Bissen davon genügt schon, mit Weiß-Rußland und Smudien mußt du dich begnügen.«
»Und die Schweden?«
»Die Schweden werden froh sein, ihre Ostgrenze durch dich gesichert zu wissen.«
»Ich habe an den schwedischen König und an viele unserer Notabeln geschickt. Du hast wohl auch einen Brief durch Kmicic erhalten?«
»Halt! Deswegen bin ich auch hierher gekommen. Was hältst du von Kmicic?«
»Ein heißblütiger Mensch ist's, – nicht ungefährlich, ein Tollkopf; – aber einer von denen, die uns treu dienen.«
»Sicherlich, sicherlich! – Mich hat er beinahe ins Jenseits befördert.«
»Was sagst du?«
»Man erzählt, du darfst dich nicht aufregen; die Luft fängt gleich an, dir auszugehen. – Gib mir dein Wort, mir geduldig und ruhig zuzuhören, so werde ich dir alles von deinem Kmicic erzählen, und du wirst ihn besser kennen lernen als bisher.«
»Gut, ich werde ruhig bleiben. Um Gottes willen komme aber nun zur Sache!«
Boguslaw erzählte alles, was sich in Pilwiszki zugetragen hatte.
Es war erstaunlich, daß der Hetman keinen neuen Asthmaanfall bekam; er bebte jedoch am ganzen Leibe vor Wut, knirschte mit den Zähnen und raufte sich sein Haar aus. Schließlich schrie er mit heiserer Stimme:
»Ja! schon gut! Aber er hat eins vergessen, – daß ich seine Geliebte in meinen Händen habe!«
»Beherrsche dich doch und höre weiter!« unterbrach ihn Boguslaw. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher