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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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gestellt.
    Beim Anblick der Orszaer Krieger wichen viele vom Schenktisch zurück. Die schöne Kleidung der kriegerischen Schlachta gefiel allen. Und einer von den Anwesenden fragte: »Aus Lubicz? – »Ja.« – »Pan Kmicic' Gesellschaft? – Die also?« – »Ja, – ja, – die!«
    Die Ritter tranken Branntwein und Krupnik. Bald erwärmten die Getränke ihr Blut, und das Gefühl der erlittenen Kränkung begann sich allmählich zu legen. – Zend fing an, wie eine Krähe zu schreien: die Ritter lachten; die Edelleute rückten näher heran.
    Die am Ofen sitzenden, vermummten Gestalten drehten sich um, und Rekuc erkannte, daß es Frauen waren.
    Zend krähte immer weiter. Dann hörte er auf und stöhnte wie ein von Hunden gewürgter Hase. Die Butryms saßen in stummer Begeisterung da.
    Plötzlich hörte man Rekuc' piepsende Stimme:
    »Elstern sitzen da am Ofen!« Er zeigte auf die Frauen.
    »Wirklich,« stimmte Uglik bei.
    »Es wäre interessant zu wissen, was die da wollen.«
    »Vielleicht sind sie zum Tanzen hergekommen.«
    »Wartet 'mal, ich frage,« sagte Kokosinski.
    »Schöne Damen, was macht ihr da am Ofen?«
    »Wir wärmen uns!« antworteten dünne Stimmen.
    »Dafür weiß ich ein besseres Mittel, als am Feuer sitzen. Tanzen, tanzen müßt ihr!« piepste Rehuc.
    »Ja, ja, tanzen!« sagte Pan Uglik.
    Er holte seine Klarinette hervor, und die Ritter gingen zu den Frauen. Diese sträubten sich, aber nur zum Schein. Wahrscheinlich hätten auch die Edelleute nichts gegen einen kleinen Sonntagstanz gehabt, aber der Ruf der Gesellschaft war ein zu schlechter. Deshalb stand Juzwa Butrym auf, trat vor Pan Kulwiec und sagte grob:
    »Wenn Euch ein Tänzchen gefällig ist, so tanzt es mit mir.« »Ich tanze gern mit Mädchen, aber nicht mit Euch.«
    Ranicki gesellte sich zu ihnen, er witterte eine Rauferei.
    »Wer bist du, Nichtsnutziger?« fragte er und griff zum Säbel.
    Uglik hörte auf zu spielen, und Kokosinski rief:
    »He, Kameraden, her zu mir, her zu mir!«
    Die Butryms sammelten sich auch mit leisem Brummen, wie unwillige Bären.
    »Was wollt ihr?« fragte Kokosinski.
    »Da gibt's nicht viel zu reden, macht, daß ihr rauskommt!« sagte Juzwa phlegmatisch.
    Ranicki schlug Juzwa mit seinem Säbelgriff vor die Brust und schrie: »Schlagt drein!«
    Es glänzten die Klingen, die Frauen schrien, ein wüstes Handgemenge begann. Der Hüne Juzwa nahm eine schwere Bank und hob sie wie eine Feder hoch in die Luft.
    Bald hüllte eine Staubwolke die Kämpfenden dicht ein; man vernahm nur Geschrei und das Gestöhn der Verwundeten.

5. Kapitel. .
    An demselben Tage kam Pan Kmicic mit mehreren hundert Soldaten nach Wodokty. Er hatte sie von Upita fortgenommen, um sie dem Groß-Hetman zuzuführen. Es genügte einen Blick auf Pan Kmicic' Freiwillige zu werfen, um zu wissen, wes Geistes Kinder sie waren. Verwahrlosteres Gesindel war wohl in der ganzen Republik nicht aufzutreiben. Aber woher sollte er auch bessere Soldaten bekommen? Die Reste der regulären Truppen hatten sich zurückgezogen, um sich zu reorganisieren. Ein Teil der Schlachta hatte sich der Armee angeschlossen, ein anderer sammelte sich in vom Feinde noch nicht besetzten Wojewodschaften. Zum Landsturm meldeten sich nur wenige in Grodno, aber auch sie gehorchten ihrer Pflicht nur langsam und unlustig. So blieb Pan Kmicic, den zum Teil Vaterlandsliebe, mehr noch Abenteuerlust dazu trieben, nichts anderes, als sich ein Freiwilligenkorps zu schaffen. Er nahm an Leuten, was er bekommen konnte, meist solche, die nichts zu verlieren hatten, und die hofften, sich durch Kriegsbeute bereichern zu können. Unter der eisernen Hand Kmicic' verwandelten sie sich zu kühnen Soldaten, und wäre Kmicic selbst eine positivere Natur gewesen, so hätten sie der Republik viel nützen können. Kmicic selbst aber, der zwar von Natur ein gutes Herz hatte, war durch die fortwährenden Kämpfe und Überfälle sehr verwildert und an Blutvergießen gewöhnt. Und da er als Freiwilliger auf die Hilfe der Regierung nicht rechnen konnte, so verschaffte er sich Proviant, Waffen und Pferde mit Gewalt, teils vom Feind, teils auch von den eigenen Landsleuten. Er und seine Soldaten schreckten vor keiner Art des Raubes zurück, sobald ihnen Widerstand entgegengesetzt wurde. Daher kam es, daß sein Name bald einen schlechten Klang bekam. Der Feind, aber auch die friedliche Bevölkerung, die schon so wie so vom Kriege fast ruiniert war, fürchteten den schrecklichen Partisan und seine Leute.
    Mit Grauen

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