Sintflut
Und das alles, weil Pan Kmicic mit seiner Rotte hierher gekommen ist.«
»Sagen Sie nicht mehr so etwas! O, sagen Sie nichts mehr!« bat Alexandra.
»Was kann ich anderes sagen. Wäre Pan Kmicic besser, so lieferte er diese Leute dem Henker aus. Von den Schandtaten dieser Bande spricht man doch in der ganzen Gegend.«
»Was soll ich tun?« fragte Alexandra. »Es sind vielleicht schlechte Menschen; aber sie waren seine Kameraden im Krieg. Wird er sie auf meine Bitte verjagen?«
»Verjagt er sie nicht, so ist er selbst nicht besser,« brummte Juzwa.
»Gut, – er muß sich von ihnen trennen! – Er soll wählen zwischen mir und ihnen. Mögen sie tun, was sie wollen, aber nicht in Lubicz. Ich danke Ihnen, daß Sie mir die Augen öffneten. Solange ich lebe, soll es nicht so weiter gehen. Schreiben Sie es der Jugend Pan Kmicic' zu und seiner Gesellschaft. Sie verführt ihn zu Ausschweifungen, sie befleckt seinen Namen. – Er ist nicht schlecht!«
Zorn und Entrüstung über Kmicic' Kameraden wuchsen mehr und mehr in Alexandras Herzen. Sie fühlte ihre Liebe und ihr Vertrauen beschmutzt. Sie schämte sich Pan Andreas'! Und ihr verletztes Schamgefühl suchte am allerersten nach Schuldigen. Sie wollte noch etwas sagen, aber plötzlich brach sie in Schluchzen aus.
Vergebens versuchten die Herren sie zu trösten. – Nach ihrer Abreise blieben in Alexandras Seele Gram und Unruhe. Es kränkte die stolze Panna tief, daß sie ihren Bräutigam schützen, seine Vergehen entschuldigen mußte. Und erst seine Kumpane! – Ihre kleinen Händchen ballten sich krampfhaft, und sie begann das ihr bis dahin unbekannte Gefühl des Hasses kennen zu lernen. Sie litt schrecklich unter der Kränkung, die ihr Kmicic zugefügt hatte. – »Es ist eine Schande! eine Schande!« flüsterten ihre bleich gewordenen Lippen. »Von mir aus zu den Mägden, alle Abende! Alle Abende!«
Sie fühlte sich ganz zerschlagen. Eine unerträgliche Last raubte ihr den Atem.
Draußen dämmerte es schon, aber Alexandra lief noch im Zimmer umher; in ihrer Seele kochte es wie früher. Sie war eine Natur, die sich nicht kampflos den Schicksalsschlägen beugen konnte. In ihren Adern floß ritterliches Blut. – Ihre Seele forderte den Krieg gegen jene Bande böser Geister, – sofort den Krieg! – Aber was konnte sie tun? Nichts! – Nur weinen konnte sie und Pan Andreas bitten, daß er seine Freunde nach allen Himmelsrichtungen verjagen solle. »Und wenn er es nicht tun will?«
»Und wenn er nicht will?« – –
Sie wagte nicht, weiter darüber nachzudenken.
Die Panna wurde in ihrem Sinnen durch einen Knaben gestört, der Holz für den Kamin brachte. Plötzlich durchfuhr Alexandra ein neuer Gedanke.
»Kostek!« sagte sie, »reite schnell nach Lubicz. Ist der Pan zurück, so bitte ihn zu mir zu kommen. Wenn nicht, soll der alte Verwalter herkommen. Aber schnell, hörst du!«
Der Junge warf eine Hand voll Kieferspäne auf die Kohlen, legte Holzscheite darauf und lief rasch aus dem Zimmer.
Im Kamin loderte bald ein helles Feuer. Alexandra wurde mit einem Male leichter ums Herz.
»Vielleicht erbarmt sich Gott,« dachte sie. »Vielleicht ist alles nicht so schlimm gewesen, wie die Vormünder erzählten!« – –
Und sie ging nach der Gesindestube, um nach den Spinnerinnen zu sehen und fromme Lieder zu singen.
Zwei Stunden später kam Kostek zurück.
»Der Verwalter ist in der Diele,« bestellte er. »Der Pan ist noch nicht wieder in Lubicz.«
Alexandra sprang schnell von ihrem Platze auf und ging in die Diele. Der Verwalter verbeugte sich bis zur Erde.
Sie ging mit ihm nach dem Eßzimmer, der Verwalter blieb an der Tür stehen.
»Wie geht es bei euch in Lubicz zu? Sag' mir alles offen, es soll dir kein Haar gekrümmt werden. Man sagt, der Pan sei gutherzig, – aber seine Kameraden seien Raufbolde?«
»Ich darf ja nichts sagen. – Ich fürchte, sonst – , man hat es mir doch verboten.«
»Wer hat es dir verboten? – Höre, du kehrst nicht mehr nach Lubicz zurück. Du bleibst hier. Und nun befehle ich dir, mir alles zu sagen, was du weißt!«
Der Bauer fiel in die Kniee.
»Gnädigste Panna, ich danke Euch. Ich will auch nicht zurück nach Lubicz, denn dort ist eine Zucht! Der reine Weltuntergang! Diese Herren, das sind Räuber, – Mörder, – nicht eine Minute ist ein Mensch seines Lebens dort sicher.«
Panna Billewicz wankte, wie von einem Pfeil verwundet. Sie wurde ganz blaß: aber sie fragte ruhig:
»Und haben sie wirklich in die Bilder
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