Sintflut
erwartet Euer Gnaden hier in der Scheune; er kam gleich, nachdem Sie fortgeritten.«
»Was kann das nur sein? Und der Gefangene?«
»Hängt.«
Die Tür knarrte, und Kuklinowski trat in die Scheune. Kaum aber hatte er zwei Schritte vorwärts gemacht, als zwei eiserne Arme ihn ergriffen und ihm die Gurgel zusammen schnürten. Mit der Geschicklichkeit zweier geübter Räuber warfen ihn Kosma und Damian zu Boden und stopften ihm einen Knebel in den Mund.
Dann trat Kmicic mit dem brennenden Pinsel in der Hand in die Mitte der Scheune.
»O, das ist ja Pan Kuklinowski! – Da werden wir manches zu besprechen haben!«
Kuklinowskis Gesicht wurde dunkelblau, die Adern auf der Stirn schwollen ihm an: aber in seinen blutunterlaufenen Augen lag mehr Verwunderung als Angst.
»Ausziehen und an den Balken hängen!« rief Kmicic.
Kosma und Damian begannen mit Feuereifer, den Befehl auszuführen.
Kmicic stemmte die Hände in die Seiten und begann spöttisch:
»Nun, Pan Oberst, wer ist jetzt über, Kmicic oder Kuklinowski?«
Er trat einen Schritt näher zu ihm heran.
»Dein Lager ist nur mehrere Schritte entfernt; Tausende von deinen Räubern würden auf deinen Ruf herbeieilen.« Schade, daß dein schwedischer General weit ist. Und du am Balken hängst, gerade an dem Balken, an dem du mich rösten wolltest. – Nun lerne Kmicic kennen! Du wolltest ihm gleich sein, du Nachtvogel, du Sklave? Ich Würde dir mit dem Küchenmesser den Kopf abschneiden, wie einem zänkischen Hahn, aber ich ziehe es vor, dich zu rösten, wie du es mit mir hast tun wollen.«
Bei diesen Worten stieß er ihm den Pinsel in die Seite.
»Das ist genug; du solltest nur eine Erinnerung an Kmicic haben. Du kannst nun bis morgen so hängen; aber bete zu Gott, daß du nicht erfroren bist, ehe man dich losbindet! – He, die Pferde her!«
Eine halbe Stunde später waren unsere vier Reiter schon weit entfernt, und leere Felder breiteten sich rings um sie aus. Kmicic ritt voran. Plötzlich hielt er an und rief:
»Komm mal her!«
Der Alte gab seinem Pferde die Sporen.
»Wieviel Meilen sind es von hier bis zur schlesischen Grenze? – Nicht weit, sagst du? – Und werden wir unterwegs nicht auf schwedische Abteilungen stoßen?«
»Nein; denn alle sind vor Czenstochau versammelt. Höchstens könnten wir einzelnen begegnen.«
»Habt ihr bei Kuklinowski gedient?« »Nur so ein bißchen. Wir dachten, daß wir in der Nähe den heiligen Brüdern eher helfen könnten, – und auch Euch, Euer Gnaden. – Gegen das Kloster haben wir uns aber nicht im geringsten vergangen, behüte Gott! Wir haben nur die Schweden ausgeplündert.«
»Die Schweden?«
»Wir wollten auch außerhalb der Mauern der heiligen Jungfrau dienen, und deshalb machten wir des Nachts unsere Runde um das Lager, – manchmal auch am Tage, wie es gerade ging. Und wenn wir eines einzelnen Schweden habhaft werden konnten, so haben wir ihn – – Beschützerin der Sünder! so haben wir ihn – –«
»Schön, – und dabei habt ihr Kuklinowski gedient!« lachte Kmicic hell auf. »Wie die Sache auch sein mag, ich werde euch freigebig entschädigen. Das habe ich nicht von euch erwartet!«
Plötzlich erdröhnte in der Ferne eine Kanonensalve. Die Schweden begannen von neuem das Kloster zu bombardieren. Kmicic hielt wieder an. Trotz seiner heftigen Schmerzen in der Seite wandte er sich um und sagte spöttisch lächelnd:
»Schießt nur, schießt! Was aber macht eure größte Kanone?« – –
18. Kapitel.
Das Sprengen der Kanone hatte auf Müller einen niederschmetternden Eindruck gemacht, um so mehr, als er auf sie seine ganze Hoffnung gegründet hatte. Leitern, Faschinen und die ganze Infanterie, alles war zum Sturme bereit gewesen, man wollte nur noch die Bresche ein wenig vergrößern, – und jetzt, – jetzt hieß es wieder auf das Stürmen zu verzichten. Ein Versuch, das ganze Kloster in die Luft zu sprengen, hatte mit einem völligen Mißerfolge geendet. Die herbeigerufenen, erfahrenen Bergarbeiter stießen auf harten Steinboden und fielen zu Dutzenden unter den wohlgezielten Schüssen der Garnison. Das Heer selbst wurde täglich mutloser, und der Glaube an die Uneinnehmbarkeit der Festung wuchs mehr und mehr.
Schließlich begann auch der General selbst die Hoffnung aufzugeben. Einen Tag nach dem Sprengen der großen Kanone hielt er einen Kriegsrat ab. Im Grunde seiner Seele hoffte der General, daß man ihm riet, die Belagerung dieser unerschütterlichen Mauern und dieser todesmutigen
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