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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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ist's. Ich bekreuzige mich schnell und denke, das ist Hexerei oder sonst was? Als ich aber die Leichen der drei gemordeten Soldaten erblicke, da begreife ich alles. Dieser schreckliche Mann tötete die drei Soldaten, marterte Kuklinowski zu Tode und machte sich dann aus dem Staube.«
    »Bis zur schlesischen Grenze hat er es nicht weit!« sprach Sadowski.
    Wieder trat Stillschweigen ein.
    Aller Verdacht auf Zbrozek war verschwunden. Müller selbst dachte gar nicht mehr daran. Das tragische Ende Kuklinowski erfüllte seine Seele mit einer unklaren Unruhe. Er sah die Gefahren sich mehr und mehr häufen und wußte nicht, wie er gegen sie ankämpfen konnte. Es war ihm sehr ungemütlich zumute.
    Mehrere Tage nach diesem Ereignisse verbreitete sich im schwedischen Lager die Nachricht, daß die Minenleger einen unterirdischen Gang gefunden hätten, der direkt zum Kloster führe, und daß es allein von dem Willen des Generals abhänge, die Festung in die Luft zu sprengen oder zu verschonen.
    Die halb erfrorenen, von großer Überanstrengung stark mitgenommenen Soldaten kamen fast von Sinnen vor Freude.
    Wrzeszczowicz war überall im Lager zu sehen. Er ermunterte die Soldaten, bestätigte hundertmal die Richtigkeit der Nachricht und schüttete mit vollen Händen Geld aus. Der Jubel und die Freudenausbrüche trugen das Gerücht bis in die Festung. Jetzt erschraken sogar die Tapfersten. Die Frauen kamen mit ihren Kindern weinend zu dem Prior und bestürmten ihn, er möge doch die Unschuldigen vor einem solchen Untergange verschonen.
    Es waren schwere Tage, die dieser Held im Mönchsgewande jetzt durchlebte. Die Schweden hatten ihr Bombardement eingestellt, um den Belagerten zu zeigen, daß sie ihrer Sache sicher wären. Die Panik im Kloster wuchs mit jedem Tage. Des Nachts vernahm man undeutliche Geräusche unter der Erde, sicherlich erweiterten die Schweden den Gang unter dem Kloster. Auch der größere Teil der Klosterbrüder verlor den Mut und begab sich unter der Führung des Paters Stradomski zu Kordecki, um ihn zum Anknüpfen von Friedensunterhandlungen zu bewegen. Der Prior jedoch blieb unbeugsam. In einer langen, begeisterten Rede bemühte er sich, den Mönchen und der Schlachta zuzureden, die Geistesgegenwart zu bewahren.
    Unter dem Endrucke seiner leidenschaftlichen Worte begann die Furcht sich allmählich zu legen. Sie zerschmolz langsam wie der Schnee unter den Strahlen der alles neu belebenden Frühlingssonne. Die Brüder wollten schon beruhigt ihre Zellen wieder aufsuchen, als am Fuße des Berges die Trompete eines Unterhändlers ertönte. – Der Bote überbrachte einen Brief von Wrzeszczowicz. Der Graf schrieb, daß, falls die Festung sich nicht bis morgen ergäbe, sie in die Luft gesprengt würde.
    Aber die Drohung hatte jetzt keine Wirkung mehr.
    »Bestellt nur, man möchte uns nicht schonen!« schrie die Schlachta. »Mögen sie uns getrost in die Luft sprengen!«
    Der Bote nahm diesen abschlägigen Bescheid mit.
    So war die schwedische List zunichte geworden. Und wieder eröffneten die Schweden das Bombardement. Aus allen Batterien wurde zu gleicher Zeit geschossen. Es hagelte glühende Kugeln, Bomben und Granaten. Nie vorher war das Geknatter so betäubend, aber die Belagerten waren schon an das Feuer gewöhnt, und ein jeder blieb ruhig und kam seinen Pflichten nach. So ging die Verteidigung still, ohne Kommando vor sich. Man beantwortete das Feuer mit Feuer; jeden Schuß mit einer wohlgezielten Kugel.
    Am Abend berief Müller abermals den Kriegsrat zusammen. Der General, der finsterer denn je aussah, eröffnete die Sitzung.
    »Der heutige Sturm,« sagte er, »brachte keine Resultate. Unser Pulver ist auf der Neige, die Soldaten zur Hälfte umgekommen. Der Rest hat den Mut verloren und erwartet eher eine Niederlage als einen Sieg. Lebensmittel besitzen wir kaum noch, und Hilfe ist von keiner Seite her zu erwarten.«
    »Und das Kloster steht fast unversehrt wie am ersten Tage unserer Belagerung,« fügte Sadowski hinzu.
    »Was bleibt uns nun?«
    »Schimpf und Schande.«
    »Ich habe den Befehl erhalten, dem allen entweder schnell ein Ende zu machen oder nach Preußen abzumarschieren. – Und dieses Kloster steht noch, – dieses Jasno-Gora! dieser Hühnerstall! – Und ich konnte es nicht nehmen! Ist das Traum oder Wirklichkeit?«
    »Ja, dieser Hühnerstall steht noch,« wiederholte Wort für Wort der Fürst von Hessen. »Und wir treten den Rückzug an, wir sind geschlagen.«
    Alle schwiegen.
    »Mehr als einmal

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