Sintflut
plaudern!«
»Und was sollen wir mit dem Gefangenen tun?« fragte einer der Soldaten.
»Laßt ihn, wie er ist. Ich komme gleich zurück. – Einer von euch kann mich begleiten!«
Der Oberst ging in Begleitung eines Soldaten hinaus. Es blieben noch drei in der Scheune, bald darauf aber kamen drei neue hinzu.
»Ihr könnt schlafen gehen,« sagte derjenige, der Müllers Befehl gebracht hatte.
»Der Oberst hat uns befohlen, hier Wache zu halten! Wir bleiben lieber hier!« sagte der erste der drei Soldaten.
Plötzlich blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. Ein fürchterlicher Schrei entfuhr ihm, er machte mit den Armen einige konvulsive Bewegungen und fiel dann wie vom Blitz getroffen zu Boden. In demselben Augenblick warfen sich zwei von den neu Angekommenen auf die anderen Soldaten Kuklinowskis. Es entbrannte ein fürchterlicher Kampf. Nicht lange, so fielen auch die beiden anderen so unerwartet Angegriffenen, und eine Stimme, die Kmicic bekannt vorkam, sagte:
»Euer Gnaden, wir sind es, Kiemlicz mit seinen beiden Söhnen! Vom frühen Morgen an haben wir schon auf Sie aufgepaßt. – Was steht ihr denn so, Rindviecher, nehmt den Oberst herunter, aber schnell!«
Und bevor es noch Kmicic klar wurde, was hier vorging, beugten sich die zwei großen, zottigen Köpfe Kosmas und Damians über ihn. Schwankend stand Kmicic gleich darauf auf der Erde. Seine bleichen, zitternden Lippen konnten kaum sprechen:
»Ihr seid es? – Dank! Dank!«
»Wir sind es!« antwortete der Alte. »Heilige Jungfrau! O! Wollen Sie sich nicht ankleiden, Euer Gnaden? Schnell, helft, Schafsköpfe!«
Und er reichte Kmicic die Kleidungsstücke.
»An dem Tore stehen schon Pferde! Der Weg von hier aus ist frei! Die Wachen lassen zwar keinen herein, aber jeden heraus. Außerdem kennen wir die Parole. Wie fühlen sich Euer Gnaden?«
»Er hat mir die Seite versengt, aber nicht sehr. Doch die Beine wollen mir nicht gehorchen!«
»Nehmen Sie schnell einen Schluck Branntwein.«
Kmicic ergriff gierig die Feldflasche des Alten, trank die Hälfte aus und atmete tief auf.
»Mir war so kalt geworden, – jetzt ist mir besser.«
Er ließ sich auf den Rand eines Futterkastens nieder. Die Kräfte begannen ihm wirklich zurückzukehren, und er konnte schon bei vollem Bewußtsein die grimmigen Gesichter der Kiemlicz' betrachten.
»Euer Gnaden, es ist Zeit! Die Pferde sind bereit!« mahnte der Alte.
Aber in Pan Andreas erwachte der frühere Kmicic.
»O nein!« rief er, »jetzt komme ich an die Reihe.«
Die Kiemlicz' warfen einander Blicke zu, wagten aber keinen Ton zu erwidern. Das Blut siedete in Pan Andreas' Adern, und seine Augen leuchteten im Dunkeln wie zwei Lichter. Das, was er jetzt tun wollte, war Wahnsinn, denn er konnte es mit seinem Leben bezahlen. Aber war sein ganzes Leben überhaupt etwas anderes als eine Kette ebensolcher sinnloser Taten? Die Seite schmerzte ihn stark; aber er dachte nur an Kuklinowski und war bereit, die ganze Nacht auf ihn zu warten.
»Hört mal, hat Müller ihn wirklich zu sich bestellt?«
»Nein, das habe ich mir ausgedacht, um besser mit seinen Leuten fertig zu werden. Mit fünfen, das wäre gefährlicher gewesen, einer von ihnen hatte Lärm schlagen können.«
»Gut. Er wird allein zurückkehren. Hat er aber mehrere Leute bei sich, so schlagt sofort drauf los. Mich laßt hier. Dann schnell auf die Pferde. Habt ihr Pistolen bei euch?« –
»Ja, die haben wir,« antwortete Kosma.
»Geladen? Ja? – Gut. – Kommt er allein zurück, so haltet ihn fest, stopft ihm einen Knebel in den Mund, meinetwegen von seiner eigenen Mütze.«
»Zu Befehl!« sagte der Alte. »Erlauben Euer Gnaden, daß wir jene Soldaten dort durchsuchen? Wir sind doch arme Leute.«
»Nein, haltet euch bereit! Was ihr bei Kuklinowski vorfindet, das gehört euch!«
In diesem Augenblicke erschollen Hufschläge. Kmicic sprang zur Seite und verbarg sich in der Dunkelheit. Kosma und Damian postierten sich an den Eingang wie zwei Kater, die einer Maus auflauern.
»Er kommt allein!« rief der Alte, indem er sich die Hände rieb.
Bald hörte man draußen eine Stimme.
»Heda! Komm mal jemand her, mir das Pferd abzunehmen!«
Dann trat wieder Stille ein.
»Du bist es, Kiemlicz?« hörte Kmicic gleich darauf. »Sag' mal, bist du toll geworden oder dumm? – Es ist tiefe Nacht. Müller schläft. Die Wache will mich überhaupt nicht durchlassen und sagt, daß kein Offizier ins Quartier gekommen sei. Was soll das bedeuten?«
»Der Offizier
Weitere Kostenlose Bücher