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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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gesündigt! Ich habe gesündigt! Aber ich flehe um Ihre väterliche Verzeihung! – Vergeben Sie mir, Majestät! Ich habe längst meiner Vergangenheit geflucht, längst jenen Weg der Sünden verlassen!«
    Tränen quollen aus den Augen des Ritters. Mit zitternden Händen ergriff er die Hand des Königs und preßte sie an seine Lippen.
    Jan-Kasimir entzog ihm die Hand nicht; aber seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
    »Wer in diesem Lande die Krone trägt,« sprach er, »muß einen unerschöpflichen Vorrat von Barmherzigkeit besitzen. – Sie haben uns treu gedient in Jasno-Gora, Sie opferten für uns Ihr Leben in der Schlucht, und ich bin bereit, Ihnen deshalb zu vergeben.«
    »So vergeben Sie, Majestät! Kürzen Sie meine Qualen ab!«
    »Eins aber kann ich Ihnen nicht vergessen,« fuhr Jan-Kasimir fort. »Wie konnten Sie den Namen des ganzen Volkes mit Schimpf bedecken, dadurch, daß Sie Ihre Hand gegen mich erheben wollten. Wie konnten Sie sich dem Fürsten Boguslaw anbieten, mich lebend oder tot den Schweden auszuliefern?«
    Trotz seiner Schwäche sprang Kmicic vom Bette auf; er ergriff das an seinem Kopfende hängende Kruzifix, und mit brennenden Augen und flammender Röte auf den Wangen begann er fieberhaft:
    »Ich schwöre bei der Erlösung der Seele meines Vaters und der meiner Mutter, ich schwöre bei den Wunden des Gekreuzigten, das ist nicht wahr! – Wenn ich nur einen einzigen Augenblick an so etwas gedacht habe, so möge mich Gott mit ewigen Qualen strafen! Majestät, wenn Sie mir nicht glauben, so reiße ich meine Verbände ab. Möge das Blut, das die Schweden mir noch gelassen, bis auf den letzten Tropfen ausrinnen. – Ich habe niemals ein solches Angebot gemacht! – Die Erde trägt keine Schätze, für die ich so etwas tun könnte!«
    Pan Andreas zitterte am ganzen Leibe vor Entrüstung.
    »So hat der Fürst also gelogen?« fragte der erstaunte König. »Warum? Zu welchem Zwecke tat er das?«
    »Ja, gütiger Herr, er hat gelogen. – Und hat sich würdig an mir gerächt!«
    »Und wodurch haben Sie ihn beleidigt?«
    »Ich habe ihn aus der Mitte seines Hofes, seines ganzen Heeres entführt und wollte ihn gebunden zu Füßen Euer Majestät werfen.«
    Der König fuhr sich mit der Hand über seine Stirn.
    »Eigentümlich, eigentümlich!« sagte er. »Ich glaube Ihnen, aber ich begreife das alles nicht! Wie ist denn das? Sie standen in Janusz' Diensten und entführten Boguslaw, um ihn mir auszuliefern. – Schließlich ist er doch viel weniger schuldig als sein Vetter.«
    »Euer Majestät, Boguslaw ist hundertmal schlimmer als Janusz. In seinem Kopfe ist der Gedanke des Verrats geboren. Er hat als erster den Hetman in Versuchung gebracht, er hat ihm zuerst eine Krone für die Zukunft gezeigt. Boguslaw, der mich für einen Erzhalunken gehalten hat, öffnete mir sogleich seine ganze Seele. Es ist schrecklich, das zu erzählen, was er mir alles sagte. »Eure Republik,« sagte er, »wird sowieso der Teufel holen, und wir werden ihr nicht nur nicht helfen, sondern wir werden sehen, ihren Tod zu beschleunigen, damit wir etwas davon abbekommen. Litauen muß uns Radziwills zufallen, denn nach dem Tode des Fürsten Janusz wird die großfürstliche Krone durch seine Tochter auf mich übergehen.«
    Der König bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
    »O Gott!« sagte er, »Radziwills! Radzejowski! Opalinski! Wie konnte es anders kommen, als es gekommen ist!«
    Kmicic wollte fortfahren, aber der König bemerkte seine Blässe und Abspannung.
    »Erholen Sie sich erst ein wenig, und dann erzählen Sie mir alles von Anfang an. Ich glaube Ihnen und reiche Ihnen zum Zeichen meine Hand.«
    Kmicic führte sie abermals an die Lippen und schwieg eine geraume Zeit; die Augen des Königs waren mit einem Blick voll unermeßlicher Güte auf ihn gerichtet.
    Dann begann Pan Andreas wieder. Er erzählte von seinen Kämpfen gegen Chowanski, seiner Rückkehr aus diesem Kriege, vom Tode und Testamente des Oberst Billewicz, von Panna Alexandra, seinen Taten in Upita und Wolmontowicze. Er verbarg keine seiner Schandtaten, sprach von den Diensten, die er Radziwill geleistet, und von dem Tage, an dem Fürst Boguslaw ihm unvorsichtigerweise die Augen über die Radziwillschen Pläne geöffnet hatte. »Möge Gott diese Verräter strafen!« rief er zornig aus, ergriffen von der Erinnerung an die darauf verbrachten Tage.
    »Vielleicht ist das schon geschehen, und wenn nicht, so wird es sicherlich geschehen,« fiel der König ein. »Haben Sie

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