Sintflut
die Senatoren, die Schlachta und das Volk, alle hörten das königliche Wort. Man vernahm Schluchzen in der Kirche, die Bauern weinten, und alle anderen nach ihnen. Alle hoben ihre Hände nach oben und wiederholten feierlich: »Amen! Amen! Amen!«
Ein Sinnesrausch, ein Entzücken ergriff einen jeden und vereinigte die ganze Menge in dem Gefühl der Liebe zur Republik und zu ihrer Beschützerin. Es gab keinen Menschen in der ganzen Kathedrale, der in diesem Augenblicke an einem Sieg über die Schweden gezweifelt hätte.
Umtost von den Beifallsrufen des Volkes und von ununterbrochenen Salutschüssen kehrte der König in sein Quartier zurück.
10. Kapitel.
Die Nachricht von der Einnahme Tykocins, die in Lemberg mit großer Begeisterung aufgenommen wurde, überbrachte Oberst Wolodyjowski dem König, zugleich mit einem ganzen gutformierten Regiment, das Sapieha Jan-Kasimir zuschickte.
Der König empfing Wolodyjowski sogleich und umarmte ihn.
»Willkommen, berühmter Ritter«, rief er freudig, – »viel Wasser ist den Berg herabgeflossen, seit wir uns aus den Augen verloren haben. Ich glaube, ich sah Sie zum letzten Male mit Blut bespritzt bei Beresteczek.«
»Und später, in Warschau, Majestät!« antwortete Pan Michail, indem er auf die Knie fiel, »ich war mit dem jetzigen Kastellan von Kiew zusammen im Schlosse.«
»Und sind Sie die ganzen Jahre hindurch im Dienste gewesen. Lockte Sie nicht das stille Glück des Familienlebens?«
»Die Republik bedurfte der Diener, und im Lärm des Krieges kommt man auf andere Gedanken.«
»Hätte die Republik mehr solcher Soldaten, so würde der Feind hier nicht herrschen! – So Gott will, werden Sie nicht ohne Belohnung bleiben. – Doch jetzt erzählen Sie mir, was haben Sie mit dem Wilnaer Wojewoden gemacht?«
»Der Wilnaer Wojewod steht vor Gottes Richterstuhl. Er starb in dem Augenblicke, als wir das Schloß stürmten. Hier ist der Bericht des Pan Sapieha.«
Der König nahm das Schreiben, las mehrere Zeilen und rief:
»Pan Sapieha irrt! Er schreibt, daß der Großhetmanstab von Litauen frei sei, dem ist nicht so; denn ich verleihe ihn ihm!«
Dann fuhr er fort zu lesen.
»Ja – Radziwill konnte die kostbarste Perle in dieser Krone sein, wenn nicht der Hochmut und der Stolz von seiner Seele gänzlich Besitz genommen hätten. – Gottes Wege sind unerforschlich! – Radziwill und Opalinski, – fast zu gleicher Zeit! – Möge sie Gott nicht nach ihren Taten, sondern nach seiner Barmherzigkeit richten! Waren viele Offiziere bei Radziwill?«
»In Tykocin fanden wir nur Pan Charlamp, er blieb dem Fürsten bis zur letzten Minute treu. Wohl zog ihn sein Herz in unser Lager; aber er wollte nicht sein einmal gegebenes Wort brechen. Wir fanden ihn fast sterbend vor Hunger. Im Schloß waren die Vorräte so gering, daß Charlamp auf fast alles verzichtete, um dem Fürsten möglichst viel zu lassen. – Jetzt ist er mit nach Lemberg gekommen, um Euer Majestät um Vergebung anzuflehen, und ich meinerseits bitte auch Euer Majestät um Schonung für ihn.«
»Er möge hierher kommen«, sagte Jan-Kasimir.
»Außerdem hat er Euer Majestät eine sehr wichtige Mitteilung zu machen, die er in Kiejdane aus dem Munde des Fürsten Boguslaw gehört hat. Es handelt sich um die Sicherheit Euer Majestät selbst.«
»Spielt hier nicht ein gewisser Kmicic eine Rolle?«
»So ist es, Majestät.«
»Haben Sie ihn denn gekannt?«
»Ja, Majestät, ich kenne ihn, ich hatte einen Zweikampf mit ihm, aber wo er jetzt ist, das weiß ich nicht.«
»Und was denken Sie über ihn?«
Pan Wolodyjowski erzählte ausführlich die Geschichte seiner Bekanntschaft mit Kmicic, erzählte von der Rolle, die er in Kiejdane gespielt, und wie er ihn und seine Freunde aus Radziwills Händen gerettet hatte.
»Es ist schwer, etwas Bestimmtes über diesen Mann zu sagen«, beendete der kleine Ritter seine Erzählung. – »Viele Sünden lasten auf seiner Seele, aber er hat uns soviele Dienste erwiesen, daß, – kurz, Majestät, ich weiß selbst nicht, was ich von ihm halten soll. – Dazu kommt noch die Erzählung Boguslaws, – wenn dieser nun gelogen hätte!«
»Darüber werden Sie selbst bald Gewißheit erhalten«, sagte der König und klatschte in die Hände.
»Rufe Pan Babinicz her!« rief er dem eintretenden Pagen zu.
Der Page verschwand und erschien in einigen Minuten in Begleitung Pan Andreas wieder. Pan Wolodyjowski erkannte den Kommenden nicht sogleich, der junge Ritter hatte sich noch nicht von
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