Sintflut
gewissermaßen als Anzahlung geschickt. Der Anführer, Akbah-Ulan, war ein alter, erfahrener Kriegsmann. Er ritt hinter den Musikanten in einem Pelz, dessen rosiger Samtbezug abgenutzt war, und der seine mächtige Figur einengte. Auf seinem hohen Sattel schaukelnd, ritt er dahin und beobachtete von der Seite seine Tataren, als fürchtete er, daß sie angesichts der unbewaffneten Männer und Frauen und der offen stehenden Läden sich nicht würden enthalten können zu plündern. Aber die Tataren ritten ruhig, wie eine angeleinte Meute; nur ihre gierigen Blicke verrieten, was in ihren Seelen vorging. Die versammelte Volksmenge sah die Einziehenden auch recht scheel an, die Tataren flößten den Polen kein besonderes Vertrauen ein.
»Diese Verbündeten werden uns teuer zu stehen kommen!« sagte Zagloba. »Sie und die Schweden werden kein ganzes Dach in unserer Republik zurücklassen.«
»Unterwegs hörte ich«, entgegnete Wolodyjowski, »daß laut Vertrag jede tatarische Abteilung von fünfhundert Mann einem polnischen Offiziere unterstellt werden solle, der Vollmacht über sie hat. Sonst, glaube auch ich, werden diese Verbündeten nichts als kahle Erde hinter sich lassen.«
»Und was will der König mit dieser Abteilung machen?«
»Er wird sie wohl dem Pan Czarniecki schicken.«
»Nun, Pan Czarniecki wird es schon verstehen, sie im Zaume zu halten. Er wird einen geeigneten Offizier für sie aussuchen.«
»Und dieser Offizier wird sie befehligen? Und der dicke Aga, was wird der tun?«
»Wenn er kein Dummkopf ist, wird er tun, was man ihm befiehlt.«
»Auf Wiedersehen, Freunde, auf Wiedersehen!« rief plötzlich Kmicic.
»Wohin eilen Sie denn?«
»Zu dem Könige. Ich will ihm zu Füßen fallen und ihn bitten, mir den Befehl über diese Leute zu geben.«
12. Kapitel.
An demselben Tage überreichte Akbah-Ulan dem Könige ein Schreiben des Chan.
Der Chan wiederholte seine Zusage, eine Horde von hunderttausend Mann gegen die Schweden zu schicken, wenn er vierzigtausend Taler im voraus erhielte, und wenn die Felder sich bald wieder mit Gras bedeckten, da sonst der Marsch durch die vom Kriege verheerten Gegenden unmöglich sei. Diese kleine Abteilung schickte der Chan als Zeichen seiner Liebe für den »liebsten Bruder«, damit die Kosaken, die noch immer an eine Rebellion dachten, verstehen, daß der Zorn des Chan sich mit seiner ganzen Gewalt über sie entladen werde.
Der König empfing Akbah-Ulan wohlwollend, schenkte ihm ein Rassepferd und erklärte ihm, daß er die ganze Abteilung sofort zum Pan Czarniecki schicken werde, um den Schweden zu zeigen, wessen Hilfe der Republik jetzt zur Seite stehe. Bei der Nennung von Czarnieckis Namen funkelten die Augen des Tataren; denn er kannte ihn aus den alten Kriegen in der Ukraine und hegte eine unwillkürliche Achtung vor dem Mann. Viel weniger gefiel ihm die Stelle im Schreiben des Chan, wo dieser den König bat, einen tüchtigen Offizier zum Befehlshaber der Abteilung zu stellen, einen, der imstande wäre, Akbah-Ulan von Gewalttaten und Plündereien zurückzuhalten. Der Tatar verbarg seine Unzufriedenheit darüber und entfernte sich mit einer tiefen Verbeugung.
Kaum hatte sich die Tür hinter dem Gesandten geschlossen, als sich Kmicic, der während der Audienz in einer Ecke des Saales gestanden hatte, Jan-Kasimir näherte und ihm zu Füßen fiel.
»Majestät«, begann er, »ich bin der Gnade nicht wert, um die ich Sie bitte: aber von ihrer Erfüllung hängt mein ganzes Leben ab. Übertragen Sie mir das Kommando über diese Tataren und lassen Sie mich gleich ins Feld ziehen!«
»Ich schlage Ihnen diese Bitte nicht ab«, antwortete der erstaunte König. »Ein besserer Kommandeur ist für diese Leute kaum zu finden; denn hier ist ein fester und entschlossener Mann vonnöten. Sonst werden die Tataren sofort beginnen zu sengen und zu morden. Ich kann nur eins nicht erlauben, daß Sie eher aufbrechen, als bis Sie ganz genesen sind. Und warum eilen Sie so?«
»Ich will gegen die Schweden ziehen, Majestät. Was soll ich hier noch warten? Alles, was ich zu erhalten hoffte und zu träumen wagte, habe ich erhalten: die Gnade Euer Majestät und die Vergebung der alten Sünden.«
»Das ist wohl richtig; aber Sie sagen nicht alles.«
»Ich will Euer Majestät alles gestehen und vor Ihnen meine Seele öffnen wie vor dem eigenen Vater. – Fürst Boguslaw hat sich nicht damit begnügt, mich aufs gemeinste zu verleumden: er hat meine Braut aus Kiejdane entführt und hält sie
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