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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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essen!« kommandierte Kmicic.
    Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als der halbverhungerte Soroka sich schnell auf das Essen stürzte.
    Kmicic maß mit großen Schritten das Zimmer und sprach mit sich selbst:
    »Ja, ja, es kann nicht anders sein. – Ich werde ihr sagen lassen. – Nein, sie wird es nicht glauben. – Einen Brief wird sie nicht lesen wollen; denn sie hält mich für einen Verräter. Er soll hingehen, alles beobachten und mir dann berichten. – Soroka!«
    Der Soldat sprang von seinem Platze auf und legte wieder die Hände an die Hosennähte.
    »Was befehlen Sie, Pan Oberst?«
    »Du bist ein treuer und geschickter Mensch. Du mußt bald eine weite Reise für mich machen.«
    »Zu Befehl!«
    »Du mußt nach Tauroggen, an die preußische Grenze. Dort ist Panna Billewicz – beim Fürsten Boguslaw. – Sieh zu, ob sie wirklich dort ist und beobachte alles. – Aber du darfst ihr nicht absichtlich vor die Augen kommen; sollte sie dich zufällig sehen, so erzähle ihr von mir, was du weißt. Sie wird dir vielleicht nicht glauben; denn der Fürst hat mich verleumdet.«
    »Zu Befehl!«
    »Aber hüte dich, daß der Fürst dich nicht bemerkt: er wird dich sonst pfählen lassen. – Ich würde den alten Kiemlicz hinschicken; aber der ist in der Karpatenschlucht gefallen, und seine Söhne sind zu dumm. Bleibe du in Tauroggen, bis du alles erfahren hast, dann komme zurück zu mir. Mich wirst du schon irgendwo finden, frage nur nach den Tataren und dem Pan Babinicz. Jetzt geh, lege dich schlafen! Und morgen, marsch, auf den Weg!«
    Am folgenden Tage besuchte Pan Andreas Subaghazi-Bey, das Haupt der Gesandtschaft des Chan in Lemberg.
    Während dieser Unterredung mußte Pan Andreas zweimal seine Hand in die Tasche versinken lassen. Als er aber fortging, tauschte Subaghazi mit ihm die Mützen aus, händigte ihm einen »Piernacz« (Befehlshaberstab) aus grünen Federn und mehrere Ellen grüner, seidener Schnur ein.
    So ausgerüstet verabschiedete sich Pan Andreas vom Könige und ritt, begleitet von den jungen Kiemlicz', zur Stadt hinaus, wo Akbah-Ulan mit seiner Abteilung biwakierte.
    Der alte Tatar begrüßte ihn, indem er seine Hand an die Stirn, Lippen und Brust legte; als er jedoch erfuhr, wer Kmicic war und wozu er gekommen, zogen sich seine Brauen zusammen, und er änderte sogleich seine Taktik.
    »Wenn der König dich als unseren Führer geschickt hat«, radebrechte er auf ruthenisch, »so kannst du mir den Weg zeigen, obwohl ich besser weiß, welchen Weg wir einschlagen müssen.«
    »Oho!« dachte Kmicic, »dahin zielst du! Solange es geht, werde ich jedoch höflich zu ihm sein.« – Und er sagte laut:
    »Akbah-Ulan, der König hat mich nicht als Wegweiser hierher geschickt, sondern als Befehlshaber. – Laß dir das eine noch sagen, du wirst gut tun, dich dem königlichen Willen nicht zu widersetzen.«
    »Über die Tataren regiert der Chan, nicht der König!« entgegnete der Alte.
    »Akbah-Ulan,« fuhr Pan Andreas nachdrücklich fort, »der Chan hat dich dem Könige geschenkt, wie er einen Falken oder ein Hemd verschenkt, deshalb sprich nicht unehrerbietig vom Könige, damit man dich nicht wie einen Hund an die Leine bindet!«
    »Allah!« schrie der erstaunte Tatar.
    »He! reiz' mich nicht!« nahm sich Pan Andreas zusammen.
    Aber die Augen des Tataren füllten sich mit Blut, und die Hand griff zum Dolche.
    Pan Andreas vergaß alle seine friedlichen Absichten. Er ergriff den Tatar an seinem spärlichen Bart und riß ihm den Kopf hoch.
    »Höre, du Vieh,« sagte er durch die Zähne. »Ich weiß, du möchtest keinen Befehlshaber über dir haben, damit du nach Lust unterwegs sengen und plündern kannst. – Du willst mich zu deinem Wegweiser machen; – da hast du einen Wegweiser!« Und er begann des Alten Kopf an die Holzwand zu schlagen.
    Der Tatar wurde still und ließ den Dolch sinken. Pan Andreas setzte sich die Mütze Subaghazis auf und nahm den unter seinem Rock versteckten grünen Piernaz hervor.
    »Sieh her, Sklave!«
    »Allah!« flüsterte der bestürzte Akbah-Ulan.
    »Und auch hierher!« Kmicic nahm aus seiner Tasche die grüne Schnur heraus.
    Aber Akbah-Ulan lag schon zu seinen Füßen.
    Eine Stunde darauf war die Abteilung bereits unterwegs. Lemberg verschwand allmählich in der Ferne. Plötzlich hörte man Hufschläge.
    Kmicic wandte sich um, und sah Pan Wolodyjowski und Rzendzian im größten Trabe nachsprengen.
    »Halt! halt!« schrie der kleine Ritter.
    Kmicic hielt sein Pferd an.
    »Guter

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