Sintflut
Gott!« rief Pan Michail. »Ich bringe Briefe vom Könige. Einer für Sie, und der zweite für den Witebsker Wojewoden.«
»Ich will zu Pan Czarniecki, nicht zu Pan Sapieha.«
»So lesen Sie doch erst den Brief.«
Kmicic brach das Siegel auf und begann zu lesen:
»Ein Bote meldet uns, daß der Witebsker Wojewod nach Podlachien umkehren muß, da Boguslaw mit seinen vereinten Kräften gegen Tykocin und Sapieha losschlagen will. Wir befehlen Ihnen daher, ihm mit Ihren Tataren zu Hilfe zu eilen. In dem zweiten Briefe empfehlen wir Sie, unseren treuen Diener Babinicz, dem Witebsker Wojewoden. – Jan-Kasimir, König.«
»Wie gut!« sagte Kmicic. »Ich weiß gar nicht, wie ich Seiner Majestät und Ihnen für diesen Dienst danken soll! – Wann ist der Bote angekommen?«
»Wir saßen gerade beim Könige zu Tisch: ich, beide Skrzetuskis, Pan Charlamp und Zagloba. Pan Zagloba erzählte von seinen genialen Eigenschaften und der Unfähigkeit Sapiehas. Der König und die beiden Hetmans lachten Tränen. In demselben Augenblicke übergab man den Brief Sapiehas. Der Wojewod schreibt, daß die Befürchtungen sich verwirklicht haben, daß der Elektor seinen Schwur gebrochen und sich endgültig den Schweden angeschlossen habe.«
»Noch ein Feind mehr, als ob es ihrer wenige wären!« antwortete Kmicic. »Nun, mit Boguslaw werden wir schon zusammentreffen! – Wahrhaftig, ein Hetmanstab hätte mich weniger erfreut als diese Botschaft!«
»Auch der König sagte: Das ist gerade eine Mission für Babinicz und seine Kräfte! – Doch nehmen Sie sich wohl in acht! Es ist nicht gut Kirschen essen mit Boguslaw!«
»Einer von uns muß sterben! – Ich hoffe, Gott wird mir helfen, ihn zu strafen!«
»Das gebe Gott! das gebe Gott!«
»Auf Wiedersehen!«
Kmicic schlug mit seinen Tataren den Weg nach Norden ein. – –
13. Kapitel.
Die Schlitzaugen Akbah-Ulans glänzten freudig auf, als er Zamoscies gewahr wurde. Und als er erfuhr, daß diese Festung eine Belagerung der gesamten Kräfte Chmielnickis ausgehalten hatte, wußte sein Staunen keine Grenzen.
Der Besitzer der Festung, Pan Jan Zamoyski, erlaubte ihnen die Stadt zu betreten. Selbst Kmicic war überrascht und betrachtete mit Neugier die breiten, geraden Straßen, die großartigen Bauten, die dicken Festungsmauern und die ungeheuren Kanonen. Es war wirklich eine erstklassige Festung.
Der Obermundschenk, Jan Zamoyski, gefiel ihm noch besser. Er war ein echter Magnat. Ein Mann in der Blüte seiner Kräfte, von sehr respektablem Äußern. Er war zu der Zeit noch nicht verheiratet; erst später vermählte er sich mit einer Französin, die nicht ahnte, daß einige Jahre darauf sein und ihr Haupt eine Krone tragen würde.
Der Besitzer von Zamoscie war kein Mann von hohem und schnellem Geiste; er strebte nicht nach Ehren, obwohl sie ihm alle ohne sein Dazutun angetragen wurden.
»Wozu soll ich fremde Türschwellen überlaufen?« entgegnete er, wenn man ihm seines geringen Ehrgeizes wegen Vorwürfe machte. »Hier in Zamoscie bin ich nicht nur Jan Zamoyski, sondern auch Sobiepan (mein eigener Herr) Zamoyski.« Und er liebte es, wenn man ihn Sobiepan nannte. Obwohl er eine durchaus gute Erziehung genossen und seine Jugend an ausländischen Höfen zugebracht hatte, spielte er gern den einfachen Mann von geringem Verstande. Trotz aller seiner Mängel war er im Grunde ein würdiger Mann und besser als viele seinesgleichen in der Republik.
Der Obermundschenk fand an Kmicic Gefallen und lud ihn zum Diner ein. Hier hatte Pan Andreas Gelegenheit, die Fürstin Gryselda Wisniowiecka, die Schwester Pan Zamoyskis und Witwe des berühmten Fürsten Jeremias, kennen zu lernen. Fürst Jeremias, einstmals der reichste Mann in der Republik, hatte all sein unermeßliches Besitztum während eines Kosakenaufstandes verloren, und seine Witwe lebte jetzt bei ihrem Bruder.
Die Fürstin hatte dennoch ihr ganzes majestätisches Auftreten bewahrt, und Jan Zamoyski fürchtete sie wie das Feuer. Niemals handelte er gegen ihren Willen, und stets holte er in wichtigen Angelegenheiten ihren Rat ein.
Bei Tische bemerkte Kmicic hinter den Schultern der Fürstin Gryselda eine ungewöhnlich hübsche Erscheinung. Es war ein Mädchen von blütenweißer Farbe mit rosigen Wangen. Auf ihrem Kopfe schlängelte sich das Haar in launigen Locken, die klugen Augen richteten sich schnell und fest der Reihe nach auf die Offiziere, die neben dem Pan Obermundschenk saßen und blieben schließlich auf Kmicic haften, den sie
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